Oh Gott, wo ist mein Gottesteilchen?

Cern. LHC. Sie haben es wieder getan. Arme kleine Teilchen mit Highspeed aufeinander gejagt. Physiker sind und bleiben kleine Jungs. Matchbox-Autos mit Vollspeed aufeinander knallen lassen und gucken, was passiert. Boah, ey! Krass, Alter!

Und dann geht’s los. Talk about Chaos. Hasse gesehn, voll der Scheinwerfer gesplittert und die Frontscheibe. Tür rausgeflogen, Rad ab, Dach eingedrückt, Frontsitze zur Heckscheibe raus. Jetzt ist es also geschehen. Die CERN-Nerds haben es gefunden in all dem Teilchenchaos, dass sie in ihren Mikroexplosionen-Kollisionen erzeugen. Higgs-Boson ist erkannt. Da bist du ja endlich. Wo warst du denn die ganze Zeit?

Worum geht es eigentlich?

Habe mal recherchiert.

Es geht um nicht weniger als die Zusammensetzung des Universum und letztlich die Frage, was nach dem Urknall eigentlich so passiert ist. Wie kam die Masse in die Teilchen, die Butter aufs Brot, die Mutter zum Kind? Bislang haben wir einen netten Baukasten aus 12 Elementarteilchen, die alle uns bekannten Atome zusammensetzen. So weit, so gut. Dieses Modell passt bislang, wir leben gut damit und wir könnten Ruhe geben, würde das Modell halt immer stimmen. Tut es nicht, Physiker müssen ja auch Jobs haben. Es gibt Erklärungslücken. „So spricht es Teilchen beispielsweise keine Masse zu, obwohl ohne Masse alle Partikel schnell wie das Licht wären. Es gäbe keine Zusammenballungen – keine Atome, keine Sterne, Planeten oder Menschen.“ Spiegel Online.

Das erstaunt ein wenig. Wir haben ein funktionierendes Modell, das aber weder Atome, noch Sterne noch Planeten noch Menschen beinhaltet? Huhu. Hallo? Standardmodell. Eben nur Standard. Da würde ich ja mal nicht von kleinen Lücken sprechen, weil ich mich persönlich über die physikalischen Maße hinaus in Frage gestellt sehe. Ich existiere nicht, weil meine Teilchen keine Masse haben? Klingt nach Theorie-Diät.

1964 hat sich Mister Higgs von der königlichen Insel gedacht: Nicht mit dem Commander. Er hat sich ein DIN-A4-Blatt geschnappt und darauf gepinnt: GOTTESTEILCHEN. Erklärt wird es so. Das Teilchen ist unheimlich sexy. Angelina Jolie betritt den Raum und löst was aus? Anziehung. Sie ist das Boson-Teilchen. Wenn ich richtig mitgezählt und verstanden habe: Die 13. Oh, oh.

Der Tumult um sie herum ist das Higgs-Feld, das sich an ihre Fersen heftet und ihren Gang durch den Raum erschwert, weil sie plötzlich Masse hat. Schwer wird. All die Leute um sie herum.

Nun haben die Cernis in zwei Versuchen von zwei Gruppen ein und das selbe Ergebnis erzielt: Es gibt diese Angelina Jolie, das Gottesteilchen, das Boson. Yippie-Yeah! Also die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der Annahme liegt bei 1 zu 1,6 Millionen. Kann man schon mal drauf wetten. Und worüber freuen sich die Physiker am meisten? Es könnte sein, dass dieses Teilchen eine Physik jeseits des bisherigen Standard-Elementarsystems begründet, was vieles mehr erklären dürfte. Da sind noch eine ganze Reihe Fragen um Galaxien und Dunkle Materie und Dunkle Energie offen. Draußen. Richtung Sonne und Mars und weiter. Science Fiction. Lässt sich bisher alles nicht erklären mit dem Standardmodell. Ist halt Standard und nicht Business-Class.

Wir leben in aufregenden Zeiten. So ganz nebenbei, während die Welt sich dreht und Deutschland sich nach einem schönen Sommer sehnt, finden die Jungs und Mädels mit ihrem Future-LHC das, was alles zusammenhält. Oder nicht? Jetzt brauchen sie erst einmal ein neues Spielzeug, weil das LHC Teilchen im Kreis beschleunigt und eher dazu dient, Teilchen zu entdecken. Um sie nun näher kennenzulernen, braucht es einen Linearbeschleuniger. Kostet 10 Milliarden, weil er 30 Kilometer lang sein muss und wahrscheinlich ziemlich gerade. Das wird dauern. Es bleibt also spannend und die Physiker haben noch lange zu tun.

P.S. Wer mehr erfahren möchte, kann mal versuchen, den Wikipedia-Artikel zu verstehen. Elmentar-Physik. Ein Vergnügen…

12 Antworten auf „Oh Gott, wo ist mein Gottesteilchen?“

  1. Hallo Jens,

    für 10 Milliarden kann ich mir weitaus was besseres vorstellen als so einen Teilchen-Beschleuniger. Ja, gut, Physiker wollen es wissen. Aber von wem kommt das Geld für die 10 Milliarden? Wenn sie von der Industrie, von der Forschung kommt, dann ist mir das egal. Aber wenn sie aus Steuergeldern kommt, nein, dann bin ich absolut nicht einverstanden. Was interessiert mich da so ein Mini-Mini-Minimal-Teilchen, wenn es z.B. hier in der Stadt Probleme gibt, die mit ein wenig mehr Geld besser gelöst werden könnten? Überhaupt nicht. Da könnte man sagen: „Du bist kein Physiker.“ Klar, bin ich nicht. Aber ich bin ein Mensch, der sieht, der hört, der liest.
    Gibt es nicht Probleme, die einer dringenderer Lösung bedürfen?

    Fragende Grüße
    Annegret

    1. Guten Morgen Annegret,

      so ist das mit der Forschung. Eine teure Angelegenheit. Fluch und Hoffnung zugleich. 10 Milliarden kann man immer gut gebrauchen. Wie wichtig so ein Linearbeschleuniger für die Menschheit ist, kann ich dir nicht sagen. Aber das wir nicht aufhören können und sollten, die Dinge zu verstehen, finde ich schon. Letztlich muss die Forschergemeinde überlegen, wie sie ihr Geld ausgibt. Die Forschung braucht da ihre Unabhängigkeit, um gut sein zu können. Letztlich profitieren wir in der einen oder anderen Form alle davon.

      Liebe Grüße

      Jens

        1. Hi Annegret,

          kann ich nicht beantworten. es gibt akute Probleme und langfristige Probleme. Die Wissenschaft hilft mit ihren Erkenntnissen, langfristig Dinge zu vesrtehen, zu entdecken, zu ändern. Investitionen in die Wissenschaft sind wichtig und nützlich, wie wichtig ein Linearbeschleuniger für die Weiterentwicklung der Forschung ist, kann ich einfach nicht beurteilen.

          Liebe Grüße

          Jens

          1. Es geht mir um die Frage, woher das Geld kommt. Von der Wirtschaft, aus der Forschung oder aus Steuergeldern.

          2. Keine Ahung, weil ich nicht weiß, wer den Linearbeschleuniger baut. Letztlich dürften es Steuergelder sein. Aber aus welchem Land? Wer baut den? Welches Land will den Ruhm und die Meriten einfahren? Die Ergebnisse nutzen? Den Wissenschaftsstandort stärken? Amerika? Russland? China? Schweiz? Deutschland? EU? Keine Ahnung. Die Wirtschaft beteiligt sich nur mit Drittmitteln, wenn sie direkt profitiert. Ansonsten ist das Grundlagenforschung, die erst einmal ergebnisoffen ist. Ohne die wüssten wir heute vieles nicht. Forschung ist wie Kunst ein Teil von Gesellschaft. Beides kostet viel Geld. Als Gesellschaft muss man überlegen, was man will, wie man lebt. Ist ein Linearbeschleuniger für eine Gesellschaft 10 Mrd. wert? Kommt das Geld in irgendeiner Form zurück? In Form eines Nutzens, der allen nützt? Weil dadurch irgendwelche Probleme gelöst werden? Steht in den Sternen, die wir gerne erobern möchten…

  2. Lieber Jens,
    Du erklärst einfach toll, jetzt habe ich es auch verstanden. Allein das Bild von Angelina J. ein Masseschwänzchen hinter sich herschleifend – kostbar! :-)
    LG, Danièle

    Hallo Annegret,
    vielleicht würde es helfen die Atommüllentsorgung zu lösen? ;-)
    Was nicht heißen soll, dass die Meiler ruhig weiter laufen, bzw. neue gebaut werden können. Das Zeugs ist gefährlich genug, jedoch den Müll ungefährlich zu machen wäre schon eine tolle Sache. Dann könnten doch die Gewinne der Atomlobby für die Cern-Entwicklung genutzt werden und für die Weiterentwicklung alternativer Energien. Ach, es könnte alles so schön sein… wenn da der Konjunktiv und der menschliche Drang nach Geltung nicht wäre.
    HG, Danièle

    1. Liebe Danièle,

      die Journalisten setzen an Stelle von Angelina eine Scheibe Brot oder Politiker – das schien mir nicht das ganz das wesen der Anziehung zu treffen. Außerdem kann Angelina ein wenig Masse gebrauchen, weil die ein wenig zu dünn ist. Danke!

      Liebe Grüße

      Jens

  3. Ja, schöner Mann ( das muß ja auch mal gesagt werden!) hinter der Kamera: “ Wo ist mein Gottesteilchen?“, fragst du und ich lese, womit du dich beschäftigst und komme nicht mehr mit.
    Wahnsinn, was du so machst und wo du überall bist- unglaublich und sehr vielschichtig!
    Neulich habe ich mich dann aber öfter mal kurz gefragt, wie es dir wohl sonst so geht? Denn da waren so viele Andeutungen, womöglich lebensverändernde . Das klang sehr spannend und nach mehr… . Dann wurde ich unsicher, wir kennen uns ja gar nicht und wenn wir das tun würden, wäre dir diese Frage vielleicht viel zu persönlich . Durch dein tägliches bloggen entsteht aber eine große, jedoch nicht greifbare Nähe zum Leser ( wobei es meist Leserinnen sind, bzw. Kommentatorinnen ;-)) und umgekehrt, und ich stehe jetzt hier und interessiere mich für die Antwort dieser Frage…, krass ne.Wie es sich für dich jetzt wohl lebt, im Haus mit Frau, Kindern, einem zweiten Jens, einem Hund und überhaupt…,sich kreuzende Lebenslinien überall. Da bricht wohl mein Gefühlsmensch durch…, der deine Sinnlichkeit von Naturschönheiten und in zwischenmenschlichen Reflektionen ein wenig vermisst. ( Obwohl das ja schon anmaßend klingt, es ist so leicht, das unbekannterweise in den Laptop zu tippen…)
    Jedenfalls ganz viele liebe Grüße an dich, viel Sonne, viel Klarheit- du machst das wirklich, nunja, toll,jawohl!

    1. Mille Grazie! Für die Komplimente. HACH:) Das fühlt sich gut an, tippeltappel, das hab ich gern. Wie kraulen hinterm Ohr. Yippie.

      Wie es mir geht? Das halte ich gerade unter Verschluss. Es passiert so viel – dieser Weg wird kein leichter sein. Es gibt Momente, die fühlen sich an wie volles Programm einen Balken vor die Rübe. Ich habe meine Emotionsregler heruntergeschraubt und fahre im Ratioprogramm. Definieren, erledigen, abhaken, neu suchen. Gehen. Schritt für Schritt. Nicht umsehen, nicht umfallen, nicht liegen bleiben. Nicht im Kreis drehen. Ich habe die Ärmel hoch gekrempelt und arbeite an dem Neuen. Was genau kommen wird, kann ich noch nicht sagen. Aber Kopf in den Sand ist nicht mein Ding und mein Leben aus den Händen geben auch nicht. Die neue Konstellation zu leben macht viel Arbeit. Den Kindern den Rücken frei halten ist manchmal wie ein Haus auf Schultern tragen. Ich mache viele Liegestütze, um fit zu sein. Trotzdem: Ich bin froh. Über alles, was da ist. Hadere nicht, mag die Herausforderung und sehe die Chancen. Es ist spannend, aufregend. Irgendwann werde ich mich neu verlieben. Jetzt noch nicht. Die Prioritäten sind andere.

      Die Reflektionen habe ich zurückgefahren, weil das für einige Menschen befremdlich und zu offen war. Ich nehme Rücksicht und halte den Ball flach.

      Ich danke dir ganz herzlich und hoffe, dir einen kleinen Einblick gegeben zu haben:)

      Ciao

      Jens

      1. Hallo Jens,

        lieben Dank für deine ausführliche Antwort!
        Ja, genau dies: „Sezieren“, beobachten, Worte finden und sich anderen mitteilen können, sich die Zeit dafür zu nehmen und ausführlich auf alles einzugehen…das machst du so voller Hingabe! Du hast meine volle Hochachtung auf deiner Seite!!!
        :-)))

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