Damien Rice is back!!!

Akte X. Gesucht wird ein untergetauchter, verschollen geglaubter Sänger. Damien Rice. Ela und ich haben ihn auf seiner letzten Tour live erlebt – im Olympia in Paris. Youtube sei Dank, gibt es da Live-Mitschnitte, die sogar in unserem Land verfügbar sind. Es war ein fulminantes Konzert, das teils zur Stärke eine Hurricanes aufbrauste. Für bestimmte Songs hatte er sich ein zweites Schlagzeug auf die Bühne kommen lassen. Der sensible Singer-Songwriter mutierte zur Rockbestie. Gänsehaut. Alarm in allen Nervenspitzen. Ich habe euch zwei Videos des Auftritts rausgesucht. Das erste zeigt den charming man. Aus dem Publikum hatte jemand nach mehreren Songs auf die Bühne gerufen: Bon Soir. Damien hatte nicht reagiert. Er hatte bis dahin das Publikum nicht begrüßt. Nach dem nächsten Song kam er auf die Bühne und erzählte auf Französisch eine Geschichte. Grübchen im Gesicht, ein Lächeln. Monsieurs et Madames flossen dahin… Könnt ihr hier sehen und hören, wenn es euch interessiert.

Das zweite Video zeigt “If You Leave Me Now” – inspiriert von Jaques Brel. Das Video spricht für sich. Nun hatten wir Damien Rice in Paris intensivst erlebt und kamen nach Hause, gingen dem Alltäglichen nach und hörten seine Musik. Die CDs “0” und “9”. Rauf und runter. Irgendwann dachten wir – wie schön wäre eine neue CD. Neue Songs. Eine neue Tour, auf der wir wieder ein Konzert erleben könnten. Doch dann: Flaute. Nichts. Der Mann war weg. Seine Internetseite kündigte Charity-Auftritte an. Irgendwann einmal zwei Konzerte in Südamerika. Südamerika!!! Wie soll ich nach Südamerika kommen?

Nun gebe ich nicht so gerne auf. Kürzlich hörte ich beide CDs mal wieder hintereinander und dachte, wo steckt der Junge nur. Also bin ich auf seine Internetseite und habe den Sherlock Homes gespielt. Siehe da: Zwei neue Songs im Duett mit einer französischen Schauspielerin. C’est bon. Aber noch nicht das, was ich gehofft, ersehnt hatte. Doch dann – ein kleiner Hinweis auf eine Veranstaltung in Irland. Glen Hansard hat da ein Konzert organisiert im Rahmen der irischen National Tree Week, in der es wohl um den Schutz irischer Wälder ging. Baum hin, Baum her – dort ist Damien Rice mit einem neuen Song aufgetreten. Nun mag ich Glen Hansard mit seinen Frames genauso wie Damien Rice und da gibt es nun auf Youtube ein Video, auf dem beide zu sehen sind. Und Damien Rice singt, verschlossen in einem Kapuzenpulli und ohne sich dem Applaus des Publikums zu stellen diesen neuen Song: Wild and free.

Wünsche euch viel Spaß mit Damien und drückt die Daumen, dass er die Kurve kriegt und wieder eine CD raus bringt und auf Tour geht.

Nachtraubend: Jutta Wilkes Holundermond

Seit rund zwei Wochen haben wir Jutta Wilkes Romandebüt „Holundermond” im Haus. Ein Buch für Kinder ab 10 Jahre. Gestern Nacht war ich scheinbar 10 Jahre, denn es hat mich gepackt. Nachdem zunächst Jim an der Reihe war und das Buch verschlungen hatte, durfte ich nun ran. Erst saß ich mit Ela gemütlich im Ofenzimmer und las mich ein, dann war plötzlich Ela im Bett und ich saß immer noch da und dann war ich ins Bett gegangen, hatte das Buch mitgenommen und irgendwann gegen ein Uhr zu Ende gelesen. Ja, genau: Für Kinder ab 10.

Da Jutta zu den regelmäßigen fiftyfiftyblog-Leserinnen gehört – wir haben uns als Blogger-Kollegen/innen bei Brigitte Woman lesen gelernt – hat Jim ihr eine kurze Kritik zum Buch gemailt. Er hat es in etwa so formuliert: Das Buch kommt auf den Punkt. Fängt gleich auf der ersten Seite an, spannend zu sein und Spaß zu machen. Kein Firlefanz, kein langes Intro, keine ellenlange Figureneinführung. Genau so habe ich das auch erlebt. Es geht um das Abenteuer der beiden Kinder Nele und Flavio. Die müssen in einer Welt, in der Menschen verschwinden und auftauchen und oft nicht das zu sein scheinen, was sie tatsächlich sind, einige Abenteuer bestehen.

Dabei hat Nele gerade arg mit ihrer Familiensituation zu kämpfen, die alles andere als leicht ist. Die Irrungen und Wirrungen des Buches führen sie gemeinsam mit ihrem Vater nach Wien in die Nähe eines alten Klosters, in dem nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Gegen den Widerstand fast aller Erwachsenen kämpfen und winden sich die beiden durch die Story. Da ist man gleich mittendrin, auch wenn man wie ich eigentlich viel zu alt für das Buch ist. Aber wie gerne habe ich mit den Kindern Die Brüder Löwenherz gelesen oder Ronja Räubertochter oder Tintenherz. Ronja Räubertochter abends in Italien im Zelt und der halbe Campingplatz drängte sich um mich.

Wer Lust auf ein spannendes, packendes Buch hat, der darf sich auf Holundermond freuen. Das Buch ist in der Handlung hervorragend durch choreographiert und weiß mit einigen Überraschungen zu fesseln. Die Sprache läuft gut und macht Spaß. Alle historischen Erläuterungen der Rahmenhandlung sind unaufwändig in den Text gewebt. Meine Meinung: Ein wirklich gut geschriebenes Buch, dass Potenzial hat, Bestseller inklusive Verfilmung zu werden. Mich hat’s gepackt, weshalb ich jetzt ein wenig müde hier sitze. So ist das eben mit guten Büchern. Manchmal darf und muss das sein. Macht ja auch Spaß. Wenn ihr mehr über Jutta Wilke und Holundermond erfahren möchtet, besucht Ihren Blog. Oder ihr lest das Buch einfach. Ihr tut so, als würdet ihr es für eure Kinder kaufen. Oder ihr kauft es für eure Kinder, wartet, bis es ausgelesen ist und krallt es euch dann…

Wie immer empfehle ich, das Buch in eurer kleinen Lieblings-Buchhandlung um die Ecke zu kaufen. Hingehen und mitnehmen.

Dann tue ich mir mal die Ruhe rein!

Heute ist ein schöner, ruhiger, kühler, sonniger Morgen. Die Kinder sind aus dem Haus, Ela hat auch einen Termin und ich hatte Zeit für mich. Keine Autos ummelden, keine Termine. Ich habe mich zurückkgezogen zum ruhigen, entspannten Meditieren. Wenn ihr das selbst nicht macht, könnt ihr euch vielleicht nicht vorstellen, wie schön das sein kann. Ich saß da auf meinem Kissen, die Kerzen leuchteten, mein Buddha sah so schön aus. Von draußen drangen Vogelstimmen in den Raum. Alles wunderbar. Warm, weich, ruhig, harmonisch. Hat sich sehr gut angefühlt.

Da klingelte das Telefon. Gehe ich immer ran, wegen der Kinder. Die sollen das Gefühl haben, mich immer und überall erreichen zu können, wenn etwas ist. Basisstation, Helpdesk, ruhig mit Netz und doppeltem Boden. Vertrauen in die Welt. Kommt ganz selten vor, dass die beiden anrufen, weil die meistens alles selber erldigen, aber mein Vater hat mir immer gsagt: “Junge, wenn etwas ist, ruf an. Ich hol dich ab. Egal wann und wo.” Für mich war das immer eine gute Sache. Ich wusste einfach, mein Vater ist für mich da und lässt mich nicht hängen.

Ich nahm den Hörer ab und es meldete sich eine Mutter aus der Schule. Ela ist Elternvertreterin und damit offenes Ohr bei Problemen. Also hab ich den Vertreter der Vertreterin gegeben. Es war ein sehr nettes, sehr ruhiges Telefonat. Es ging um eine Ungerechtigkeit, eine offensichtliche Benachteiligung. Ihre Tochter hatte zurückgesteckt und war nun kreuzunglücklich. Die Mutter schimpfte nicht, sagte auch, sie wolle keine Welle machen oder wen anschwärzen oder was auch immer. Es ging einfach darum, das Thema anzusprechen und was aus der Luft zu holen. Ich habe mir alles angehört, ein paar Fragen gestellt und wir haben gemeinsam einen Weg gefunden, die Sache anzugehen. Problem- und vorwurfsfrei. Irgendwie hatte ich das Lächeln der Frauen gestern aus dem Straßenverkehrsamt im Kopf. Freundlichkeit. Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg. Weglassen von so vielem, von Untertönen, von Mitschwingendem, von Subtext. Sage A, meine B.

Anschließend habe ich weiter meditiert und es sehr genossen. Ich denke, es ist an der Zeit, die Woche ruhig ausklingen zu lassen. Die Woche über war so viel Unruhe, was sich auch in den Blogbeiträgen niedergeschlagen hat. Die waren teils witzig aber auch aufgekratzt. Heute also ein Text, in dem nicht viel passiert und der mich und vielleicht auch euch ein wenig auf den Boden bringt. Sanfte Landung. Erdung. Wohlgefühl. Vielleicht tut ihr euch heute auch mal bewusst die Ruhe rein, wobei sich mein Gefühl und Bedürfnis wahrscheinlich nicht exportieren lässt. Innere Ruhe wäre mit Sicherheit ein Exportschlager.

Ich wünsche euch ein entspanntes Wochenende. Ciao.

Servicehölle Deutschland???

Deutschland mitten im Westen. Die Uhr im Auto spricht von etwa 8 Uhr früh am Donnerstagmorgen. Ich fahre einen schweren, aus Erfahrung leidgeprüften Weg. Meine Mission lautet: Ummeldung eines Personenkraftwagens. Das menschliche Speicherbewusstsein in mir ruft Schreckensbilder der Vergangenheit ab. Aachen. Über 20 Jahre zuvor. Beantragung und Abholung eines Anwohner-Parkausweises. “Sie haben alle Unterlagen dabei, das ist richtig.” Ich schaue in das Gesicht einer Frau, die wahrscheinlich zuvor Dienst an der Zollabfertigung der innerdeutschen Grenze geschoben hat. Mit Sicherheit hat die eine Luger in der Schublade. Ihr Atem strahlt Vernichtung aus, ihre Aura ist aus Beton gegossen.

“ABER. Die Meldebescheinigung ist älter als sechs Monate.” Freundchen Abmarsch, zack, zack. Moment. Ich bin Bürger eines freiheitlich organisierten mehrheitlich demokratischen Staates, Schätzchen! Nicht mit dem Commander, wie mein Trainer immer sagt. Attacke! “Meine sehr verehrte Amtshelferin, in der weisen Voraussicht eines in diesem Staate gut lebenden Bürgers habe ich ihr Amt vor meinem Besuch telefonisch befragt. Die Antwort des Orakels: Nehme die Meldebescheinigung mit. Keine Sau hat was von sechs Monaten gesagt!!! Also fahren wir jetzt volles Programm: Zum Mitschreiben – 1. Klären Sie mich über meine Rechte auf! 2. Sofortiges Gespräch mit dem Dienststellenleiter oder einem autorisierten Vorgesetzten! 3. Formular zur Einreichung einer Adhoc-Dienstaufsichtbeschwerde. In doppelter Ausführung! Danke, ich warte!” Da war die sechs Monatsdiskussion vom Tisch und ich durfte mich parkender Anwohner einer westdeutschen Unistadt schimpfen.

Zurück in die Gegenwart. Ich habe Morgendienst und habe also die Fahrt nach Gummersbach zum Straßenverkehrsamt mit dem Wegbringen meiner Kinder zur in der Nähe liegenden Schule verbunden. Alles genau getimt. Uhrenvergleich. Time of Arrive. Time of Departure. Am Vorabend habe ich online (!!!) einen Termin um 8 Uhr 15 MEZ mit dem STrVAmt vereinbart und mir die amtliche Bestätigung ausgedruckt. Darüber hinaus habe ich die Checkliste für meinen individuell anliegenden Verwaltungsakt studiert und die Unterlagen minutiös und haargenau nach DIN zusammengetragen und in eine Spießer-Feinripp-Schutzhülle gepackt. Ordnung. Zudem habe ich mich mental gerüstet und bin den Satz mit den Rechten und der Dienstaufsichtsbeschwerde durchgegangen. Mann weiß ja nie!

Als ich um 8 Uhr 7 eintraf, bat mich eine freundliche Dame lächelnd, doch bitte noch kurz zu warten und dann einfach um 8 Uhr 15 zum Schalter 11 zu gehen. Kurz einen Kaffee gezogen und in der Regenbogenpresse (da liegen aktuelle (!!!) Zeitschriften des Lesezirkels aus!!!) einen Artikel über Willy und Kate gelesen. Der Kuss in Großaufnahme – sieht schon verliebt aus.

8 Uhr 12 zum Schalter 11 (ein wenig gefuscht). Lächelnd sagt die Dame “Nehmen Sie bitte einen kurzen Augenblick dort Platz.” Mache ich, als mich schon eine Kollegin fragt: “Kann ich Ihnen helfen?” Sind die auf Droge oder was? Fehlt denen der Grenzdienst? Ich antworte: “Ich habe einen Termin um 8 Uhr 15 am Schalter 11.” “Wissen Sie was, Sie können schon zu mir kommen.” Hier werden sie geholfen. Mein Misstrauen beginnt Risse zu bekommen. Ich reiche ihr die komplette Spießer-Feinripp-Dokumenten-Kollektion und warte auf den Knall der Bombe. Sechs-Monats-Diskussion. Ihre Finger fliegen atemberaubend schnell über die Tastatur. Sie druckt einen Zettel aus. Reicht ihn mir. Lächelnd. “Gehen Sie bitte zur Kasse und dann wird Ihr Name an der Ausgabe der Papiere aufgerufen.” 8 Uhr 17 – Eintreffen an der Kasse. Ich bezahle. 19 Euro 20. Ich hatte mit einer anderen Summe gerechnet. Ummelden ist ein Schnäppchen. Billig, billig drangekommen. Die Dame wünscht mir einen schönen Tag. Lächelnd. Was die wohl so rauchen vor Dienstantritt? Oder ist irgendetwas in dem Desinfektionszeug für Hände in den Sprühern, die da rumhängen? Ich setze mich, widme mich dem restlichen Artikel W + K, als auch schon der Name Richter freundlich in der Luft neben meinen Ohren erscheint. C’est moi. Also nicht ich, ich heiße ja Schönlau, aber ich melde die Karre auf Ela an.

Bitte hier und hier unterschreiben. Einen schönen Tag. Lächelnd. 8 Uhr 22. Peng! Fertig! Unter zehn Minuten. Deutschland im Mai auf einem Straßenverkehrsamt bei der Ummeldung eines Mittelklasse-Personenkraftwagens. Kein Wunder, dass die Kirchen leer sind. Die Leute sind erleuchtet. Die sind schon im nächsten Stadium, einfach eine Runde weiter. Würde da noch Kaffee kostenlos ausgeschenkt, würde ich da mit Freunden meinen nächsten Geburtstag feiern. So sieht’s also aus mit der Servicewüste Deutschland. Es hat geholfen, das Mantra über Jahrzehnte von Millionen Menschen täglich sprechen zu lassen. Dieses Land hat sich verändert. Vielleicht wirkt noch das Sommermärchen 2006 oder wir lächeln tatsächlich einfach mehr. Grund genug haben wir, wenn man/ frau es sich genau überlegt. Ich wünsche meinen Leserinnen und Lesern einen schönen, schönen Tag:) Geht doch.

Chaos eines temporär Alleinerziehenden (CETA)

O.K. Ich gebe es zu. Ohne Ela ist es nicht ganz so einfach. Wenn fiftyfifty als fifty funktionieren soll, läuft das nicht so rund. Alles ist ein wenig eckiger und schwieriger. Tendenziell. Also nicht wirklich wirklich. Versteht ihr, was ich meine? So anders eben. Ganz exakt anders. Da muss man sich dann mal raus stehlen. Die Dinge anders machen. Den Plan B aus dem Schuppen holen und ganz groß aufpumpen und wegfliegen. Tatsächlich habe ich heute den Speicher leergefegt. Alle Wäsche von der Leine. Runtergetragen. Nach dem Kochen und dem Rechnen der Textaufgaben (Dreisatz heißt jetzt Pfeilrechnen!) mit Zoe und der lockeren aus der Hüfte heraus Überwachung von Jims schulischen Nachmittagsaktivitäten. Jungs sind manchmal so schwer zu motivieren. Ich sage nur: WÄSCHE.

Die war dann dran. Wem gehört dieser besch… kleine Socken, der seinen besten Freund verloren hat? Oder vielleicht hat er ihn einfach zurückgelassen. Reitet ohne mich weiter… In der großen dunklen Trommel oder gar irgendwo im Nirwana zwischen Edelstahl und Gummidichtung, also genau an dem Ort, wo Socken, wenn die Zeit gekommen ist, hingehen, um zu sterben. In dunkler Einsamkeit. Sagt bloß, ihr habt euch darüber noch nie Gedanken gemacht? Herrje, was stellt ihr denn den ganzen lieben Tag so an? Das ist Gegenwartsphilosophie. Reales Gespür für die Überwesentlichkeiten der Zeit.

Die WÄSCHE hat mich geschafft. Volle Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Zoe hat sich derweil verpieselt. Russisch mache ich heute Abend. Die Lehrerin hat gesagt, vor einem Test lernt man besser abends. Schon wech. Aus der Tür raus. Och, nö. Hallo. Ich stehe hier mit diesen Unterhosen und verzwirbelten T-Shirts, quäle mich durch ineinander verwachsene Kinderhosen, schaue, wo ich diese duseligen Stapel neben dem Spül in der Küche noch unterbringen kann und die junge Lady dampft einfach ab. Fersengeld. Boah, was für ein Gespür für Hilflosigkeit. Hatte sie Test gesagt? TEST? Und weg ist sie. Meine Güte.

Jim rettet mich. Kannst du mich mit dem Auto zum Judo fahren? Die Antwort lautet: Nein. Theoretisch. Wegen der Umwelt und der Junge muss ja mal lernen, sein Fahrrad zu benutzen und überhaupt selbständig zurecht zu kommen. Da muss man dann auch mal hart sein. Papa! Ich hab keine Lust, mit dem Fahrrad zu fahren. Und nachher den Berg wieder rauf. Gut, Junge. Ich fahr’ dich. Man muss ja auch mal Fünfe gerade sein lassen und überhaupt dieser ganze autoritäre Erziehungsscheiß, da muss man auch mal Zeichen des Friedens setzen, erzieherische Sonnenblumen zum Blühen bringen und über seinen Schatten springen und nicht den Dicken machen und die Wäsche hinter sich lassen. Rettung. Der Junge weiß, wie’s läuft. Muss man sich schon mal keine Gedanken drum machen, wie der durch’s Leben kommt.

Und wenn ich schon mal da bin, unten im Dorf, kann ich gleich den Hunni von der Bank holen, den ich mir gestern aus der Summe des Autoverkaufs geliehen hatte, weil ich die beim Fußball dem Trainer geben musste, der die dem Bomber gibt, seinem Chef, der für unser Team das Hotel auf Norderney- fett in die vier Jahreszeiten – gebucht hat. Gestern war ich irgendwie zwischen all den Sachen nicht zur Bank gekommen. Kommt ihr noch mit? Da seht ihr mal, was ich hier so ganz allein alles zu bewältigen habe. Dann noch schnell in den Discounter. Ein wenig in den Angeboten stöbern – zur Erholung. Miste. Diese duselige Laptoptasche entdeckt, die Jim eigentlich haben will. Billig, billig dran zu kommen. Nö, dann muss ich nach dem Training mit ihm dahin und die ansehen. Wie soll denn das bitte schön jemals mit der Wäsche klappen? 10 Milliarden Socken. Und nachher lachen sich wieder alle schief, weil ich alles durcheinander gebracht habe und nur meine Socken im richtigen Fach liegen. Zu 83 %. Immerhin. Egal. Vom Discounter mit den ganzen Einkäufen zurück – Kinder, es gibt wieder Milch und damit auch Kakao, ist euer Vater nicht einfach unschlagbar? Ein Held? – und weiter Wäsche falten.

Wer trägt denn hier so viel Zeugs? Ich muss da mal einen männlichen Kleiderordnungs- und Wäschewechselplan machen. Am besten in Excel und dann in Powerpoint, dann kann ich der Familie das präsentieren. Wer wann was anzieht und wie schmutzig etwas sein muss, damit sich das Kleidungsstück ein Recht auf Wäsche erstunken hat. Vielleicht ein Rabattsystem und Belohnungen für überlanges Tragen von Jeans zum Beispiel? Einmal doppelten Nachtisch für eine ganze Woche tragen. Geht doch.

Jim vom Judo abgeholt, Wäsche Wäsche sein lassen, wieder zur Bank mit Jims Kontokarte, damit der Junge lernt, wie man sich Geld einteilt und wie das beim Abheben automatisch auf dem Konto weniger wird (das ist übrigens der zentrale Haken!!!). Zum Discounter und nach Hause. Jetzt muss aber mal Zeit für familiär Zwischenmenschliches sein. Es gewittert zwar gleich, aber wir fahren trotzdem rauf auf den Modellflugplatz und schauen uns den Sonnenuntergang an. Papa, und was ist mit Russisch? Heidanei! Auch das noch. Wenn man mal eine gute Idee hat.

Mitnehmen, einfach mitnehmen. Kriegen wir auch noch hin, wäre doch gelacht. Und irgendwann klappt das auch mit der Wäsche. Meine Güte, der Hund muss ja eben auch mal raus und ein wenig Spaß haben. Mit den Kindern und dem Papa toben. Wie schön. Viel besser als Wäschefalten. Das gefällt den Kindern. Da sieht man mal, wie antifamiliär die Nummer mit der Wäsche ist. Da liegen wir also auf der rosafarbenen Hundedecke – wieso hat keiner unsere schöne Piknickdecke eingepackt? (ach ja, Ela ist nicht da!) – ich trinke ein Bier, fotografiere die Kinder, die Welt und meinen Hund und Jim bringt Zoe Russisch bei. Lernt er auch noch was. Genial. Das ist Erziehung mit System. Da wird alles, was da ist, genutzt und positiv umgesetzt. Ich sollte ein Buch schreiben, einen Erziehungsratgeber: ZEIT FÜR KINDER, NICHT FÜR WÄSCHE!

Dann kam das Gewitter. Fotos im Kasten, Bier im Tank, Russisch in der Rübe. Picknick beendet. Kinder im Bett. Fast. Die rutschen einem so durch die Finger, sage ich euch. Nun gut. Wäsche gefaltet und verschrankt. Fotos bearbeitet, gebloggt und getumblrt. So. Ciao.