O.K. Ich gebe es zu. Ohne Ela ist es nicht ganz so einfach. Wenn fiftyfifty als fifty funktionieren soll, läuft das nicht so rund. Alles ist ein wenig eckiger und schwieriger. Tendenziell. Also nicht wirklich wirklich. Versteht ihr, was ich meine? So anders eben. Ganz exakt anders. Da muss man sich dann mal raus stehlen. Die Dinge anders machen. Den Plan B aus dem Schuppen holen und ganz groß aufpumpen und wegfliegen. Tatsächlich habe ich heute den Speicher leergefegt. Alle Wäsche von der Leine. Runtergetragen. Nach dem Kochen und dem Rechnen der Textaufgaben (Dreisatz heißt jetzt Pfeilrechnen!) mit Zoe und der lockeren aus der Hüfte heraus Überwachung von Jims schulischen Nachmittagsaktivitäten. Jungs sind manchmal so schwer zu motivieren. Ich sage nur: WÄSCHE.
Die war dann dran. Wem gehört dieser besch… kleine Socken, der seinen besten Freund verloren hat? Oder vielleicht hat er ihn einfach zurückgelassen. Reitet ohne mich weiter… In der großen dunklen Trommel oder gar irgendwo im Nirwana zwischen Edelstahl und Gummidichtung, also genau an dem Ort, wo Socken, wenn die Zeit gekommen ist, hingehen, um zu sterben. In dunkler Einsamkeit. Sagt bloß, ihr habt euch darüber noch nie Gedanken gemacht? Herrje, was stellt ihr denn den ganzen lieben Tag so an? Das ist Gegenwartsphilosophie. Reales Gespür für die Überwesentlichkeiten der Zeit.
Die WÄSCHE hat mich geschafft. Volle Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Zoe hat sich derweil verpieselt. Russisch mache ich heute Abend. Die Lehrerin hat gesagt, vor einem Test lernt man besser abends. Schon wech. Aus der Tür raus. Och, nö. Hallo. Ich stehe hier mit diesen Unterhosen und verzwirbelten T-Shirts, quäle mich durch ineinander verwachsene Kinderhosen, schaue, wo ich diese duseligen Stapel neben dem Spül in der Küche noch unterbringen kann und die junge Lady dampft einfach ab. Fersengeld. Boah, was für ein Gespür für Hilflosigkeit. Hatte sie Test gesagt? TEST? Und weg ist sie. Meine Güte.
Jim rettet mich. Kannst du mich mit dem Auto zum Judo fahren? Die Antwort lautet: Nein. Theoretisch. Wegen der Umwelt und der Junge muss ja mal lernen, sein Fahrrad zu benutzen und überhaupt selbständig zurecht zu kommen. Da muss man dann auch mal hart sein. Papa! Ich hab keine Lust, mit dem Fahrrad zu fahren. Und nachher den Berg wieder rauf. Gut, Junge. Ich fahr’ dich. Man muss ja auch mal Fünfe gerade sein lassen und überhaupt dieser ganze autoritäre Erziehungsscheiß, da muss man auch mal Zeichen des Friedens setzen, erzieherische Sonnenblumen zum Blühen bringen und über seinen Schatten springen und nicht den Dicken machen und die Wäsche hinter sich lassen. Rettung. Der Junge weiß, wie’s läuft. Muss man sich schon mal keine Gedanken drum machen, wie der durch’s Leben kommt.
Und wenn ich schon mal da bin, unten im Dorf, kann ich gleich den Hunni von der Bank holen, den ich mir gestern aus der Summe des Autoverkaufs geliehen hatte, weil ich die beim Fußball dem Trainer geben musste, der die dem Bomber gibt, seinem Chef, der für unser Team das Hotel auf Norderney- fett in die vier Jahreszeiten – gebucht hat. Gestern war ich irgendwie zwischen all den Sachen nicht zur Bank gekommen. Kommt ihr noch mit? Da seht ihr mal, was ich hier so ganz allein alles zu bewältigen habe. Dann noch schnell in den Discounter. Ein wenig in den Angeboten stöbern – zur Erholung. Miste. Diese duselige Laptoptasche entdeckt, die Jim eigentlich haben will. Billig, billig dran zu kommen. Nö, dann muss ich nach dem Training mit ihm dahin und die ansehen. Wie soll denn das bitte schön jemals mit der Wäsche klappen? 10 Milliarden Socken. Und nachher lachen sich wieder alle schief, weil ich alles durcheinander gebracht habe und nur meine Socken im richtigen Fach liegen. Zu 83 %. Immerhin. Egal. Vom Discounter mit den ganzen Einkäufen zurück – Kinder, es gibt wieder Milch und damit auch Kakao, ist euer Vater nicht einfach unschlagbar? Ein Held? – und weiter Wäsche falten.
Wer trägt denn hier so viel Zeugs? Ich muss da mal einen männlichen Kleiderordnungs- und Wäschewechselplan machen. Am besten in Excel und dann in Powerpoint, dann kann ich der Familie das präsentieren. Wer wann was anzieht und wie schmutzig etwas sein muss, damit sich das Kleidungsstück ein Recht auf Wäsche erstunken hat. Vielleicht ein Rabattsystem und Belohnungen für überlanges Tragen von Jeans zum Beispiel? Einmal doppelten Nachtisch für eine ganze Woche tragen. Geht doch.
Jim vom Judo abgeholt, Wäsche Wäsche sein lassen, wieder zur Bank mit Jims Kontokarte, damit der Junge lernt, wie man sich Geld einteilt und wie das beim Abheben automatisch auf dem Konto weniger wird (das ist übrigens der zentrale Haken!!!). Zum Discounter und nach Hause. Jetzt muss aber mal Zeit für familiär Zwischenmenschliches sein. Es gewittert zwar gleich, aber wir fahren trotzdem rauf auf den Modellflugplatz und schauen uns den Sonnenuntergang an. Papa, und was ist mit Russisch? Heidanei! Auch das noch. Wenn man mal eine gute Idee hat.
Mitnehmen, einfach mitnehmen. Kriegen wir auch noch hin, wäre doch gelacht. Und irgendwann klappt das auch mit der Wäsche. Meine Güte, der Hund muss ja eben auch mal raus und ein wenig Spaß haben. Mit den Kindern und dem Papa toben. Wie schön. Viel besser als Wäschefalten. Das gefällt den Kindern. Da sieht man mal, wie antifamiliär die Nummer mit der Wäsche ist. Da liegen wir also auf der rosafarbenen Hundedecke – wieso hat keiner unsere schöne Piknickdecke eingepackt? (ach ja, Ela ist nicht da!) – ich trinke ein Bier, fotografiere die Kinder, die Welt und meinen Hund und Jim bringt Zoe Russisch bei. Lernt er auch noch was. Genial. Das ist Erziehung mit System. Da wird alles, was da ist, genutzt und positiv umgesetzt. Ich sollte ein Buch schreiben, einen Erziehungsratgeber: ZEIT FÜR KINDER, NICHT FÜR WÄSCHE!
Dann kam das Gewitter. Fotos im Kasten, Bier im Tank, Russisch in der Rübe. Picknick beendet. Kinder im Bett. Fast. Die rutschen einem so durch die Finger, sage ich euch. Nun gut. Wäsche gefaltet und verschrankt. Fotos bearbeitet, gebloggt und getumblrt. So. Ciao.