Unperfekt ist perfekt


Foto: Jim Richter

Nobody is perfect!

Sagen wir so lapidar, wenn irgendetwas schief gelaufen ist. Als Entschuldigung und Trost, um letztlich zu zeigen, dass wir alle in einem Boot sitzen und das Schiefgelaufene jedem passieren kann.

Mir persönlich fällt seit geraumer Zeit auf, dass mir das Unperfekte zunehmend gefällt. Die Unperfektion scheint mir ein Segen zu sein, weil sie Raum gibt. Wenn beim Paartanz nicht jeder Schritt stimmen muss, wenn die Perfektion nicht zum Zwang wird, die als Gewicht auf den Schultern lastet. Wenn es leicht ist, easy, unperfekt. Jenseits der Vorstellung von 100%.

Denn woher kommen diese Skalen, die verlangen? Die erfüllt werden wollen? In allem, was wir tun? Wenn ich in die Zeitung schaue, um nach Stellenangeboten für freiberufliche Texter zu gucken, lese ich oft auch andere Stellenanzeigen. Was da so verlangt wird, ist der Hammer. Beste Qualifikationen, Auslandserfahrung, Mehrsprachigkeit, alle Softskills plus Stressresistenz. Kurzum: Perfektion auf ganzer Linie. Was für eine Vorstellung. Allein die Annahme, es würde stressresistente Menschen geben. Ich denke, es gibt Menschen, die ihren Stress vielleicht länger verbergen können als andere, aber resistent ist niemand. Das ist ja das Wesen von Stress.

Ist doch viel besser, unperfekt zu sein. Ganz ehrlich. Zuzugeben, das Stress nervt. Menschlich. Und dann eben zu schauen, wie man mit dem Stress umgeht. Ich denke, wir hängen in vielen Bereichen die Messlatte zu hoch und scheitern dann im Vergleich. Weil wir Erwartungen nicht erfüllen, die überzogen sind. Eigene Erwartungen, die im schlimmsten Fall ans Zwanghafte grenzen.

Wie schön ist es, wenn alles unperfekt sein darf. Menschlich. In den Erwartungen runtergekocht. Wenn das Tier einer perfekten eigenen Welt nicht täglich gefüttert werden muss. Das berühmte, so leicht gesagte Loslassen. Die Konzentration auf das Wesentliche, das Menschliche, das Miteinander. Weil Perfektion im Alltag eben auch trennt, weil sich Perfektion permanent abhebt und Distanz zwischen Menschen schafft, weil Perfektion der ständige Versuch ist, besser zu sein als andere. Das haut Schneisen ins Miteinander. Versucht, sich auf die Schultern der anderen zu stellen, um herabzublicken.

Gestern habe ich mit einer Freundin gesprochen, die sich gerade von ihrem Freund getrennt hat und nun in einer neuen Wohnung wohnt. Keine Küche, kein Sofa. Sie meinte lapidar: Ich guck mal in ebay. War ihr nicht wichtig, was da jetzt hinkommt. Back to the Roots. Mehr Second-Hand. Genauer hinsehen, was Wert und Wichtigkeit hat. Die Geister des eigenen Perfektionswahns aufspüren und ziehen lassen. Adieu. Ballast abwerfen, leichter werden. Entspannter. Menschlicher. Freundlicher. Ansprechbarer. Distanzen auflösend, statt schaffend. Eine lohnenswerte Aufgabe mit echter Rendite, die sich auszahlt.

Wie gemütlich ist das denn…

Heidanei. Wieder Zuhause. Liege auf meinem Bett und höre Musik und schaue Fotos. Von Schiermonnikoog. Mehrere hundert sind es geworden. Hier ist es ausgesprochen gemütlich. Der Ofen bollert, Zoe und Jim haben sich in ihre Zimmer zurückgezogen, Herr Cooper chillt. Es läuft neue Musik. Denn: Ich bin verwöhnt worden. Wieder. Geschenke. Als ich zurückkam, lagen zwei Umschläge im Briefkasten. In jedem war eine gebrannte CD. Wie ich das liebe. Wenn sich jemand die Mühe macht, Musik zu brennen und zu verschicken. Nunja, nicht jemand. Jemand besonderes. Das ist besonders. Wenn die Musik dann noch so passt. 150%. Mehr geht nicht. Basta.

Gerade höre ich Mouse on Mars. Auf der CD ist auch Kammerflimmer. Und dann ist da noch Burnt Friedmann. “nonplace urban field“. Die Musik hätte ich auf meinen Strandwalks gerne auf den Ohren gehabt. Das Licht, die ziehenden Wolken, die Weite, die Musik. Wäre gut gekommen. Aber: Ich habe keinen MP3-Player. Und mag die Natur pur auch sehr. So. So it is.

Jetzt trinke ich hier also Cappuccino, freue mich über die Musik, über die Zeit für mich, meine Gedanken, die in die Ferne schweifen, die Wärme, den Wind draußen vorm Fenster, die Sonnenstrahlen, die auf dem Boden tanzen und die vielen Fotos. In erster Linie vom Strand. Dieser Strand ist einfach unermesslich groß. Dieses Licht. Unbeschreiblich. Diese Weite. Diese Motive. Schauspiele. An einem Morgen gehörte der gesamte Strand Cooper und mir allein. Das war… Wir waren die Straße zum Strand rauf gejoggt. Vorbei am Leuchtturm, den Weg durch die Dünen entlang. Hinter dem Leuchtturm eine dunkle Wolke, aus Richtung Strandcafe die aufgehende Sonne über den Dünen. Das Licht so klar, alles scharf umrissen, perfekte Ausleuchtung. Die Dünen leuchteten, das Dünengras war so grün, die Vögel zeichneten sich scharf ab, die Wellen, die Brandung. Ah. Natürlich hatte ich keine Kamera dabei und habe mich auch entschieden, den Moment zu nehmen.

Ich hatte nur kurz laufen wollen, habe dann aber alles genommen, was sich mir bot. Den ganzen Strand entlang bis zum Strandcafe. Nicht umdrehen, nicht umkehren. Mitnehmen, was geht. Keine Kompromisse. Keine Halbheiten. Das volle Leben. In diesem Jahr hätte ich gerne einen besseren Gehirnspeicher, der all das, was so schnell geschieht, in HD und Breitband abspeichert. Gut, dass ich den Blog und facebook habe. Manchmal gehe ich da rein und scrolle durch mein Leben. Sehe die Fotos,lese die Geschichten, erinnere. Hier nun weitere Fotos zum Schiermonnikoog-Aufenthalt, damit nichts in den Tiefen der digitalen und analog-humanoiden Erinnerung verloren geht.

Euch wünsche ich ein schönes Wochenende und Spaß an den Fotos und eventuell auch an der Musik. Ciao.

Und noch ein Song aus aktuellem Anlass:) Grins. Für alle Bräute und Bräutigame dieser Welt. Be happy…

Boots-Blogging…

Ihr Lieben. Es ist aus.

Urlaub vorbei, wir sitzen auf dem Boot, haben W-Lan, alle surfen, telefonieren, bearbeiten Fotos, ich blogge. First time on a boat. Jetzt geht es noch nach Groningen. Dort werden wir eine Freundin von Zoe besuchen. Ihre beste Freundin. Jim fotografiert mit meiner Kamera die nasse See. Es regnet.

Oh, es war schön. Gestern haben die drei Jens gekocht. Then they were three. Wie an meinem Geburtstag. Für 14 Leute kochen ist schon lustig. Wir waren vorher einkaufen und selbstverständlich ein Bier trinken im Hotel van de Werff. Zugegeben, es waren zwei.

So, jetzt muss ich hier zu Potte kommen. Der Akku verabschiedet sich und gleich ist die Überfahrt dann auch zu Ende. Herr Cooper liegt zu meinen Füßen, die Nase auf meinem Schuh, und freut sich auf Zuhause. Ihm war es wenig viel mit so vielen Menschen.

Lone at the beach

Still with you.

Everything is beautiful, when I’am with you.

Jens hatte mir einen Kaffee ans Bett gebracht. 7.30 Uhr. War verabredet. Verwöhnaroma. Menschen können so nett zueinander sein- Love it. Verwöhnt zu werden und zu verwöhnen. Mit dem Lächeln spielen, es zaubern, in Gesichter, auf Lippen. Und es von dort…

In die Joggingschuhe. Cooper lächelte. Auf die Piste. Maikäfertal am Meer. Im Süden, hinter dem roten Leuchttutm die dunklen Wolken, im Osten die aufgehende Sonne. Alleine. Ein Hund, ein Mann. Niemand unterwegs. Keine Menschenseele. Alles für uns. In der Mitte der Straße leichten Fußes, tänzelnd. Freude. Luft so satt, Licht so kitschig. Und du dabei. When I’am with you. Könnte tanzen, drehen, springen. Fallen lassen in den Sand. Singe tatsächlich. Wie gestern auf dem Rad, Schlangenlinien, Füße in die Höhe, grinsen, Coopers verdutzter Blick. Der spinnt, der Typ.

Den Weg zum Meer. Leuchtende Schaumkronen. Die Sonne so flach über allem, der Strand so weit. Leer. Nur ein Hund, ein Mann. Und du. Losgelaufen. Nach vorne, zu den Wellen, zum Klang. Den Strand entlang, Richtung Strandpavillon. Mit dem Wind, getragen wie die spielenden Vögel. Wie leicht ist leicht, wie hell ist hell. Arme ausgebreitet, das Mantra in den Wind gerufen, soll es mitgenommen werden, berühren. Om bensa sato samaya… 100 Silben.

Ich wollte nur kurz laufen. Warm up. Tag beginnen im Schwung. Den Herrn an meiner Seite bewegen. Den guten. Die Seele. Sitze jetzt hier auf dem fetten Ledersofa. Musik läuft, Sonnenstrahlen fallen in den Raum, durch die windbewegten Bäume, tanzen, auf meinem Körper, umgarnen mich. Diese Insel ist ein Spiel, eine Verführung, ein Aufgesogensein. Herr Cooper liegt vor dem Sofa. Kitschidyll. Kann bitte jemand den Kamin entzünden.

Immer weiter den Strand entlang ohne Gedanken. Bis es zu weit ist, um umzukehren. Das Haus auf Stelzen taucht auf. Im Sonnenaufgangslicht. Die Welt so weit, der Horizont bis zum Sanktnimmerleinstag. Der Sand so weiß, vom Wind getragene Sandschlieren. Alles in Bewegung. Der Sand trägt meine Füße, Muscheln. Mit dir und doch lone at the beach.

Kein Fotoapparat, das alles festzuhalten. Egal. Laufe quer über die Insel zurück. Pünktlich zum Frühstück. Die große Runde. Alle da. Alle Dienste getan. Lachen. Kaffee. Erdnussbutter. Bömsbrot. Dein Blick. In die Augen sehen. Memorieren, Erinnerung tragen, lebendig halten. Leben wie ein Streicheln, sanftes Anheben, Abheben. Fliegen, Segeln, den Boden nur leicht berühren.

Die Kinder, Jugendlichen sind am Strand. Lassen den Drachen steigen, die große Lenkmatte, die zieht und zerrt. Kerlsdrachen. Feuer, Kraft, Kräftemessen. Energie. Hier läuft ruhige Musik. Gespräche auf den anderen Sofas. Ich für mich. Glaskugel des Denkens, Fühlens. Öffnen, schließen, Rückzug, Kontakt.

Heute Mittag gibt Ela eine Yogastunde. Bin dabei. Vorher ins Jacuzzi. Und Bad putzen, mein heutiger Dienst. Gerne. Machts gut. Bin wieder weg. In mir. Bei dir.

Die Liebesgedichte, die ich irgendwann schreiben werde. Die Worte ordnen sich. Suchen ihren Weg. Gehen Hand in Hand. Schritt für Schritt. Worte wie Küsse.

First Live-Blogging from the Netherlands

Heute hier, morgen da. Die Zeiten fliegen. Gestern noch war ich mit einem Freund im Oberbergischen unterwegs. Ein Kölner Künstler, mit dem ich demnächst ein Atelieggespräch führen möchte. Er entwickelt gerade neue Sachen, hat da was entdeckt, einen Sprung gemacht. Ende November sind erste Arbeiten realisiert, dann werden wir uns bei ihm unterhalten. Tiefer.

So sind wird durch einen wunderschönen Oktobertag gewandert bis zum Schloss Crottorf. Zwei Männer, ein Hund. Wir haben uns den Schlossgarten angesehen, die Kunstwerke, Skulpturen. Dann in Wildenburger Hof ein Glas Wein, Antipasti, Steinpilzsuppe. Fotografien der Gräfin Marion Dönhoff an der Wand. Aus den zwanziger Jahren. Sie ist auf Schloss Crottorf gestorben. Im Wintergarten des Wildenburger Hofes Arbeiten des Aachener Künstlers Helge Hommes. Starker Pinselstrich in Öl, schwarz, weiß, Kontrast. Passend. Natur, draußen, drinnen.

Heute nun hier. In den Niederlanden. Zu Dreizehnt. In einem großen Haus auf Schiermonnikoog. Die letzte Insel rechts. Von den Niederländern zum schönsten Ort der Niederlande gewählt. Wie immer so etwas funktioniert. Um 3.45 Uhr aufgestanden. Die Fähre. 9.30 Uhr.

Gefahren, verfahren, gewendet, irgendwie hat’s doch passend geklappt. Kaffee auf der Fähre, Croissant, Haus beziehen, Fahrräder mieten, Großeinkauf (haben wir Jungs gemacht und danach ein Bier im Hotel van de Werff), Bringservice. Ein sehr schönes Haus. Neu gemacht mit alten Möbeln. WG auf Zeit. Die Kids liegen draußen im Jacuzzi, die anderen sitzen auf den Sofas im großen Raum, meine Tür steht offen, ich rede aus dem Huntergrund mit, Multitasking, mir wurde ein Wein gebracht, ich habe Fotos hoch geladen, blogge. Sehr gemütlich.

Am Nachmittag haben Cooper und ich am Strand fotografiert. Sonne, blauer Himmel, schönes Licht, schöne Farben. Abendessen an der großen Tafel. Es gibt diese besonderen Spaghetti mit Sardellen und Kapern. Sehr lecker. Es wird viel gelacht. Es gibt Ansagen, Diensteeinteilung, die Kids kochen auch, alle müssen ran. Es gibt eine Liste. Brötchen holen, Bäder säubern, kochen, Küche aufräumen… Ich liebe das. WG auf Probe. Ich kann immer nur wieder sagen: Ich bin dabei. Es braucht Leute, die klar sind und mitmachen. Auch uneigennützig. Tun, was getan werden muss. Aus Freude.

So. Das war mein erster Live-Blogbeitrag, der nicht aus meiner Schaltzentrale vom Lande kommt. Mal sehen, wann ich mich wieder melde…