Ich weiß nicht. Plötzlich ist dieses Jahr vorbei und ich habe das Gefühl, es verpasst zu haben. Mann. So viel gearbeitet. Ein Rekordjahr. Jobmäßig. Kohlemäßig. Drei Markenprozesse. Ein Buch geschrieben für Kunden. Unendlich viele Jobs gerockt. Jetzt suche ich zwischen all dem nach mir. Was hab ich eigentlich gemacht?
Tatsächlich muss ich überlegen. Hamburg, London waren letztes Jahr. Paris auch. Dieses Jahr Italien. Zwischendurch ist mein Rechner abgerauscht. Waren da die Bilder des Jahres drauf? Wo war ich? Was habe ich gemacht? In Italien in der Hängematte gelegen. Diese Wanderung, als vor mir die grüne Schlange tatsächlich aus dem Gebüsch vor mir über den Weg flog. Rechts war eine Mauer und plötzlich wie ein Pfeil. Lang, grün. Auf dem Rückweg von der Himmelstreppe. Viveka und ich waren trotz hoher Wellen zu dem Felsen rübergeschwommen. Nackt. Den Fels hochgeklettert.
Die Lesung im Frühjahr in Duisburg. Auf der Bühne mit Adriana, Barbara und Norbert. Die vielen Spaziergänge mit Viveka. Nachts durch Städte. Essen, Köln. Wie kann einem so ein Jahr so verloren gehen? Wo war ich?
Schaue die Speicherkarten durch. Große Lücken. Sprünge von hier nach dort. Dazwischen Autobahn. Zuletzt waren wir in Aachen bei Andreas. Özkans Geburtstag feiern im Exil. Und danach ins Dumont. Eine Zeitreise. Studium. Damals. Und der DJ von damals legt immer noch auf. Aachen. Andreas hat Platten aufgelegt. Wir haben in einer WG gewohnt, wir haben die Welt 352.251 mal gerettet. Mindestens. Die Weltformel haben wir gefunden, haben bis morgens diskutiert, geredet, gelacht. Dann mit dem Fahrrad in die Uni. Heimkehr. Vielleicht werde ich auf die alten Tage auch einfach nur sentimental. Ach. Ich war immer sentimental. Ich liebe es, sentimental zu sein. Ich liebe es, sentimental sein zu können. Den Raum zu haben. Mir fehlt der Raum. Business. Leistung. Menschen bewegen. Antreiben. Ihnen ein WHY einpflanzen. Macht. Bewegt euch, verändert euch. Habt ein Ziel. Macht es nicht für nichts. Das war dieses Jahr sehr anstrengend.
Mit Viveka durch die Nacht.
Wenn man einen Menschen sehr liebt, ihn nicht jeden Tag sieht und dann plötzlich mit ihm Zeit verbringt und es sich so gut anfühlt und man nicht will, dass man wieder auseinandergeht und man wieder die Sachen packt, und den Koffer für ‘in zwei Wochen’ Zuhause stehen lässt, den Kulturbeutel unausgepackt ins Bad wirft und all die Autos zählt, die da vor, neben, hinter, über einem rumfahren. Mit ihr durch die Nächte. Die Kamera dabei. Ihre Hand halten. Sie sehen. Die Stadt sehen, egal welche. Linien aufnehmen, sie spüren, küssen, weiterziehen, in eine Bar, die Bahn, das Türschloss, die Wohnung. Die Sehnsucht reist, fährt mit.
Nun. Das kommende Jahr. Wenn alles klappt, so Gott will, ziehen wir zusammen. Das wird mir ein Stück Einsamkeit aus einer Ecke meines Körpers nehmen. Ich sitze gerade bei ihr am Schreibtisch. Sie ist auf der Weihnachtsfeier ihrer Firma. Sie war aufgeregt, wollte nicht hingehen. Sie ist gegangen. Gut. Gleich irgendwann kommt sie. Ein neues Wochenende liegt vor uns. Dann noch eine Woche und wir haben zwei Wochen Urlaub. Zusammen.
Als ich heute hier ankam, war ich allein. Auf dem Schreibtisch lag ein kleines Fotoalbum. Indonesien Ende der Neunziger. Viveka in Shorts am Strand. Ein wunderbares Foto. Die Welt immer wieder neu entdecken. Heute dachte ich, ja, Weihnachten ist das Fest der Liebe. Sollte man das nicht einmal wirklich ernst nehmen? Das Fest der Liebe? Was macht das mit einem? Die Liebsten lieben. Vielleicht einmal anders als an all den Weihnachtstagen der Vergangenheit? Wie feiert man ein Fest der Liebe? Fernab von Braten und Spekulatius.
Nun. Jetzt ist sie hier. Das Wochenende beginnt. Mein Herz hüpft, ich genieße den Luxus, zu lieben. Weihnachten kann kommen. Ciao:)