Feuer. Lust. Expression.
Zur Aufführung kommt Marat/Sade von Peter Weiß in der Inszenierung von Marcus Lachmann. 27 Schauspielerinnen und Schauspieler kehren als wahrhaft beseelte Truppe ihr Innerstes nach außen. Als ich das Stück las, wusste ich nicht. Würden sie das hinbekommen? Die Revolution. Wie sie ihre Kinder frisst. Machtkampf, Seelennot, Wille – dargestellt durch Insassen der Nervenheilanstalt Charenton. Stück im Stück im Stück im Stück. So viele Fäden der Geschichte. Der Bezug zur Gegenwart. Der Verrat an den Idealen. Mehr denn je Zentrum und Wesen der menschlich gesellschaftlichen Phylogenese. Wie verhalte ich mich? Zu welche Seite der gesellschaftlichen Entwicklung möchte ich gehören?
Und dann das! Ein Theaterabend der barocken Fülle. Jeder Augenblick prall. Angebote über Angebote. Jede Figur fein gezeichnet, alle Akteure in jedem Moment konsequent im eigenen Geschehen, in der eigenen Figur. Wo hinsehen? Welches Schauspiel aufnehmen?
Die Figuren und Handlungen greifen ineinander, sauber inszeniert. Der Wahnsinn der Insassen ist in einer Art und Weise dargestellt, die professionell ist. Keine Überzeichnung, kein blinder Aktionismus, konsequent aus der jeweiligen Figur heraus gespielt.
Was macht Marat in der Wanne? Was macht de Sade? Was die Schwestern, Wärter? Roux, der Aktivist? Die Insassen? Jede Individualgeschichte ist stringent durcherzählt. Die Hauptakteure treten in den Vordergrund, treten zurück, wechseln sich ab, spielen miteinander und werden kraftvoll flankiert, getragen vom Ensemble.
Ein Gesamtauftritt geprägt durch Kraft, Energie, Sensibilität für das Geschehen und Bilder, die von ergreifend bis wunderschön reichen. Man glaubt nicht oder vielleicht vergisst man es, dass man hier in der Sporthalle einer Schule sitzt und sich vom Geschehen fesseln lässt. Die Truppe würde auch auf großer Bühne der Stadttheater alles an die Wand spielen. Als ginge es um ihr verdammtes Leben.
Keine Sekunde Langeweile. Das Timing stimmt, der Rhythmus der Szenen, das Tempo, das anzieht, nachlässt, aufbraust, ruhig ausläuft. Im Hintergrund immer wieder der Chor, der mit Klangteppichen Atmosphäre schafft.
Es ist ein fulminant aufspielendes Ensemble, das sich blind versteht und vertraut. Es gibt noch zwei Möglichkeiten, Marat/Sade in dieser Inszenierung zu sehen, gleich, also heute Abend um 20 Uhr und morgen Abend um 18 Uhr. Der Eintritt ist sehr günstig – nämlich kostenlos. Spenden sind willkommen, um die Kosten zu decken. Karten braucht man keine bestellen, wer kommt, wird eingelassen. Gestern Abend hat das gepasst, heute Abend und morgen könnte es dann eng werden. Einfach rechtzeitig da sein.
Infos, Adresse und so weiter hier.
Hallo Jens,
super, daß die Kids ihr Schauspiel so gut hinbekommen haben! Glückwunsch!
Viele Grüße
Annegret
Hi Annegret,
au Mann, ja, das haben sie. Aber Kids sind sie nicht mehr. Erwachsene. Sie fahren Auto, entscheiden, regeln, machen. Und performen. Starke Persönlichkeiten, bei deren Einschulung ich dabei war. Man kann sagen: Alles gut gelaufen. Die können raus in die Welt. Dieses Jahr künstlerischer Abschluss – nächstes Jahr Abi und dann wartet die Welt.
Liebe Grüße
Jens
Lieber Jens,
das hast Du super beschrieben. Ich war auch sehr beeindruckt, was unsere “Kinder” da auf die Bühne gestellt haben, da sie ja alles selbst entwickelt haben. Tolle Persönlichkeiten! Tolle Inszenierung!
Liebe Andrea,
ist schon verrückt, sie auf einmal so zu sehen. Große Kino, äh Theater. Und es noch nicht zu Ende. da kommt noch einiges in diesem Jahr. Für Eltern kann es eigentlich nicht besser laufen – immer was zum Gucken und Mitfiebern.
Herzliche Grüße
Jens