Vollmond über Vernazza.

50.000.000 €. Das ist die Summe der Schäden, die in Vernazza entstanden sind. Sehr viel für eine Stadt, die 1.000 Einwohner hat. Kann eine Stadt das stemmen? Sicherlich nicht ohne Hilfe. Es besteht die Gefahr, dass einer der schönsten Orte Italiens (Behaupte ich jetzt einfach mal. Einige habe ich auf meiner “Italienischen Reise” auf den Spuren Goethes gesehen.) den Bach runtergeht. Das wäre schade. Insbesondere auch für mich, weil ich Vernazza liebe. Liebe.

Meinen 40. Geburtstag habe ich dort gefeiert. Ela und ich hatten uns bei Gianni Frantzen eingemietet. Ein kleines Zimmer mit Balkon oben am Berg Richtung Turm. Blick auf das Meer. Wir waren oft da, haben bei Gianni unter den bunten Sonnenschirmen unten am Platz am Hafen lecker gegessen. Von Levanto bin ich in jedem Urlaub mit dem Fahrrad nach Vernazza gefahren. 500 Höhenmeter in Serpentinen bis zum Kloster hoch, dann die kleine Küstenstraße entlang und die Serpentinen nach Levanto runter. An einer Stelle dann: Von oben der Blick auf Vernazza, auf den Hafen. Wer das mal gesehen hat, ist verloren. Die bunten Häuser, das Grün der Natur, das blaue Meer.

Dann mit Highspeed runter, Fahrrad unten in der Bahnhofsunterführung (die ist jetzt voller Schlamm) abgestellt. Die Hauptstraße herab und bei Gianni rein, einen Cappu an der Theke bestellt und dann hinten an einen kleinen Holztisch gesetzt, um in die Küche schauen zu können. Alle arbeiten, alle probieren, schmecken ab. Überall brodelt es, zieht es. Die Kellner kommen rein, schauen in die Töpfe, nehmen sich ein kleines Tellerchen, kosten, gehen. Trinken einen Espresso. Gianni wirkt wie eine große Familie, als würden alle dort wohnen. Es ist Mittagszeit, es wird gerade nicht gegessen. Weder draußen auf dem Platz noch drinnen im Gewölbe. Es laufen die Vorbereitungen für den Abend. Ich könnte hier stundenlang sitzen, wenn ich nicht fliehen müsste, weil mein Drang, die Küche zu stürmen und mitzukochen zu groß wird.

Meine Badehose habe ich in der Tasche. Sonst habe ich außer Geld nichts dabei. Gehe vorne im Hafen an den Bootsanleger, ziehe blank und schlüpfe in meine Boardshorts. Mit Anlauf in die Tiefen, wo sonst die Ausflugsboote liegen. Tauche tief im klaren Wasser, schwimme rüber zum hohen Felsen, von dem gerne die jungen knackigen Amis runter springen. Wir hatten am Tag des Feuerwerks über dem Hafen (Hach, so ein Feuerwerk. Standen oben neben der Kirche und waren nur 100 m weg von der Abschussrampe. Fast mittendrin im Sternenfunkeln, Freudentaumeln) zwei Californian Dreamboys getroffen. Dieses smarte Lächeln, dieses freundliche Englisch, diese braunen Körper und weißen Zähne. Bestimmt zwei Wellenreiter, weil die dieses Schwimmerkreuz hatten.Schmale Hüften, breites Kreuz. Einer war mir anderhalbfachem Salto rückwärts vom Fels gejumpt. Die Kinder waren tief beeindruckt. Einer war Fotograf auf Europatour und kam gerade aus Madrid.

Ich schwamm also auch zu diesem Mörderfelsen, zog mich aus den Wellen heraus auf den Stein, kletterte ihn hoch, sprang. Vernazza. So viele Erinnerungen. Das Foto oben habe ich im letzten Urlaub von Monterosso aus geschossen. Wir waren von Levanto herüber gewandert. Abends fast ganz allein den Küstenweg entlang. Die Sonne ging unter, der Mond ging auf. Direkt über Vernazza. Sehnsucht. Wie dieser Mond seine schützenden Strahlen über die Bucht legte, wie in Vernazza die Licher angingen, bei Gianni gegessen wurde. So, so schön. Und nun sind die Lichter aus. Kein Strom. Zerstört. Voller Steine und Erde die Stadt. Die Menschen evakuiert. Was soll werden? Ich will zurück nach Vernazza, ich will bei Gianni sitzen, ich will von der Hafenmauer springen, auf den Fels klettern, mit dem Farrad dort hin fahren.

Sobald ich ein vertrauensvolles Spendenkonto entdeckt habe, werde ich die Infos hier posten. Ich bitte euch zu entschuldigen, dass ich hier so viel über Vernazza schreibe. Aber in Liebesangelegenheiten gibt es einfach kein Halten. Eine Sache des Herzens. Was ich für Vernazza tun kann, möchte ich tun. Schreiben, berichten, informieren ist ein Weg.

Infos zur Katasprophe findet ihr im Beitrag: Vernazza, Monterosso zerstört oder was?

Gianni Franzi: http://www.facebook.com/photo.php?fbid=2269242568953&set=a.2269195647780.2113937.1185265382&type=3&theater

P.S. Es gibt nun einen Verein “Zukunft für Vernazza”, der Spenden für den Wiederaufbau sammelt. Ihr könnt auf der Seite einfach auf “Donazione” (spenden) klicken und dann im Formular oben als Land Deutschland auswählen, denn werdet ihr in Deutsch durch den Spendenprozess geführt. Bitte gebt! 2, 3, 4, 5, 100 Euro – egal. Zeigt einfach eure Anteilnahme, auch mit kleinen Beträgen. Würde mich freuen!

Hier der Link zur Spendenseite: http://vernazzafutura.blogspot.com/

Vernazza wird evakuiert!

Es geht also nicht anders, es ist zu viel Schlamm im Ort, die Schäden sind zu groß und am Wochenende werden neue schwere Regenfälle erwartet. Es gibt keinen Strom, kein Gas, kein Wasser. Die Bevölkerung muss gehen, nur das Militär bleibt. Diese Infos habe ich von einer amerikanischen Facebook- und Internetseite. Rick Steves, amerikanischer Reisejournalist, ist großer Vernazza-Fan. Er hat Freunde vor Ort und setzt sich für die Stadt ein. Rick Steves auf Facebook, seine Internetseite.

Das freut mich sehr, weil Vernazza nun dringend Hilfe braucht. Momentan weiß niemand, was wird. Es liegen 35.000 Kubikmeter Schlamm und Steine in der Hauptstraße und in den Erdgeschossen der angrenzenden Häuser. Ein großes Problem ist das Nadelöhr nach unten zum Meer hin. Kurz bevor man zu Giannis Restaurant kommt, vor dem Platz am Hafen, ist die Gasse sehr schmal. Da können keine schweren Bulldozer fahren, sondern nur kleines Räumgerät. Also wird es dauern, bis der ganze Schlamassel aufgeräumt ist. Zudem sollen einige Häuser beschädigt sein. Von der Feuchtigkeit, die jetzt überall in den Mauern steckt ganz zu schweigen.

Noch habe ich keine Spendenadresse gefunden. Auf der Facebook-Seite der Cinqueterre ist das Spendenkonto des italienischen Roten Kreuzes angegeben. Das ist aber ein allgemeines Spendenkonto. Rick Steves überlegt da wohl gerade, etwas einzurichten und wird dann auf seiner Seite berichten.

Möchtet ihr mir einen Gefallen tun? Denkt an Vernazza, betet für die Menschen in der Region. Möge alles ein gutes Ende nehmen und mögen Monterosso und Vernazza wie Phönix aus der Asche wiederauferstehen. Die Cinqueterre sind zu schön, um sie zu verlieren. Sie gehören zum Weltkulturerbe und das kommt nicht von ungefähr. Vielleicht reist ihr einmal hin. Das ist der beste Weg der Unterstützung des Wiederaufbaus.

Links, Fotos, Videos zur Katastrophe hier im fiftyfiftyblog.

Umfassende Infos liefert der Cinqueterre-Blog.

Vernazza, Monterosso zerstört oder was?

Eine Hiobsbotschaft kam über den Blog. Ein Unwetter über Ligurien hat heftig gewütet. Neun Menschen starben in der Region, die Zerstörung ist groß. Was wo genau los ist, keine Ahnung. Google spuckt kaum Ergebnisse aus. Hier der n-tv Bericht. http://www.n-tv.de/panorama/Gegend-um-Cinque-Terre-zerstoert-article4623376.html Es hat wohl in der Nacht 500 Liter pro Quadratmeter geregnet. Eine unvorstellbare menge. Das ist normalerweise die menge eines ganzen Jahres – in einer Nacht.

Mittlerweile sind einige Videos von Augenzeugen online. Durch Vernazza lief Wasser als reißender Strom. Von den Parkplätzen am Ortseingang wurden Autos wie kleine Holzboote durch den Ort in den Hafen getrieben. Wahnsinn. So viel Wasser. Das ist alles so unvorstellbar. Für mich. vernazza gehört zu den Orten auf der welt, wo ich mich am wohlsten fühle. Vorne an der Hafenmole sitzen und aufs Meer schauen. Unglaublich, was da geschehen ist.

Aufräumarbeiten in Vernazza: http://www.youreporter.it/video_Alluvione_Liguria_Vernazza_2

Das ganze Ausmaß der Katastrophe: http://www.youreporter.it/video_Alluvione_Vernazza_piazza_Marconi_sommersa_dal_fango

Hier Fotos und Videos: http://www.cinqueterre.com/blog/de/alluvione-alle-5-terre-foto-e-video

Der Hafen vor und nach der Katastrophe: http://twitter.com/#!/cinque_terre/status/129660893431734272/photo/1

Ein weiteres, italienisches Video: http://www.ilsecoloxix.it/p/genova/2011/10/28/AOOYB5HB-video_alluvione_immagini.shtml?hl

Die Situation in Levanto: http://video.wetteronline.de/?t=20111026vl&h=500-Liter-Regen-in-Ligurien

P.S. Es gibt nun einen Verein “Zukunft für Vernazza”, der Spenden für den Wiederaufbau sammelt. Ihr könnt auf der Seite einfach auf “Donazione” (spenden) klicken und dann im Formular oben als Land Deutschland auswählen, denn werdet ihr in Deutsch durch den Spendenprozess geführt. Bitte gebt! 2, 3, 4, 5, 100 Euro – egal. Zeigt einfach eure Anteilnahme, auch mit kleinen Beträgen. Würde mich freuen!

Hier der Link zur Spendenseite: http://vernazzafutura.blogspot.com/

In den letzten Jahren haben wir viel Zeit in der Region verbracht und die Cinque Terre und die Menschen dort sind uns wirklich ans Herz gewachsen.

Cinque terre im fiftyfiftyblog:

Prall, sinnlich, verführerisch!

Lampedusa, Levanto, Liebe, Le Havre

Abendspaziergang nach Monterosso

Blick von der Piper Bar auf Lampedusa.

Nicht irgendein Cappuccino!

La Dolce Vita – FINITO!!!

Abendspaziergang nach Monterosso

Freitag. Letzter Tag der Italienwoche im fiftyfiftyblog. Ich schreibe über eine Wanderung nach Monterosso, dem ersten der fünf Cinque Terre Orte in Ligurien. Die Wanderung von Levanto aus dorthin dauert rund zwei Stunden und führt an der Küste entlang. Immer wieder gibt der Wald den Blick frei auf das Meer. Es ist so gut wie nichts los auf diesem Weg, weil die Italiener – glaube ich – nicht so gern wandern. Nehme ich an.

Ela hatte den Vorschlag gemacht, den Weg am Abend zu gehen. Spontan. Jim und ich hatten Lust, mitzukommen, Zoe hat sich auf dem Zeltplatz für die Zeit eine andere Familie gesucht. Sie ist gerne mit anderen Menschen zusammen und unterhält sich und lacht und… Eine kleine Kommunikations-Power-Maschine. Über sie haben wir schon so viele Menschen kennengelernt. Aktuell ist sie gerade in Essen und besucht Urlaubsbekannte, die uns am Wochenende besuchen.

Am Abend ist dieser Weg besonders schön. Die Sonne neigt sich gen Levanto und macht sich allmählich vom Acker. Das heißt, sie steht tief und erzeugt ein besonderes Licht. Und es ist nicht mehr so heiß, obwohl es uns auch oft gelingt, in der prallen Mittagshitze zu wandern. Touriidioten. Aber im Urlaub ist es so schwierig, morgens früh aus dem Quark zu kommen. Ist ja Urlaub. Da muss noch ein Cappuccino getrunken werden und man muss nochmal in die Stadt, was besorgen, und überhaupt lange schlafen. Was auf dem Zeltplatz maximal 9 Uhr bedeutet, weil spätestens dann das Leben erwacht und keine Ruhe mehr zu finden ist.

Wir sind dann aus Levanto heraus an all diesen schönen kleinen Häusern vorbeigewandert, die ihre Terrassen dem Sonnenuntergang entgegen strecken. Da sitzen dann Menschen, freuen sich des Lebens, sind sich mit dem, was sie sehen selbst genug. Eine wunderbare Tageszeit! Auf halber Strecke haben wir eine Frau mit ihrem Hund getroffen, die gerade ihr Zelt aufbaute. Schön mitten in der Pampa. Fearless.

Zwischendurch immer wieder die Aussichtspunkte, an denen der Blick steil die Felsen herabfällt bis aufs Meer. Türkis schimmernde Buchten. Ach, jetzt da unten reinspringen. Denke ich nun und denkt man, wenn man da oben steht. Dieses Meer mit seinem frischen, warmen Wasser. Kurz vor Monterosso führt ein kleiner Weg vorne zu einem Leuchtturmhaus. Die Fenster eingeschlagen, unbewohnt. Was für ein Fleck Erde! Kurz davor eine alte, verfallene Kapelle. So schön, so aufregend. Jim und ich sind durch das alte Haus gestromert. Von Zimmer zu Zimmer. Ohne, dass man weiß, was einen erwartet. Das steht einfach leer. Ts.

Am Ende ging es steil herab nach Monterosso. Felsen herabspringen. Die Knie schmerzen, glücklich in die Stadt einlaufen. Gerade dort angekommen, ging der Vollmond auf. Was für ein Spektakel. Wir standen am Meer und schauten auf den Nachbarort Vernazza, als sich plötzlich diese riesige Leuchtkugel über den Berg schob. Ich weiß nicht, wie die Italiener das hinbekommen, ein Highlight nach dem anderen in mein Blickfeld zu rücken. Die sind einfach unglaublich…

Prall, sinnlich, verführerisch!

Hier das Video zum Unglück von n-tv: http://www.n-tv.de/panorama/Gegend-um-Cinque-Terre-zerstoert-article4623376.html

Ja. Lasziv, verführerisch, erotisch. So ist dieses Italien. In allem. Die Menschen, das Meer, das Essen. Die Sonne macht alles prall. Wachstumskräfte, unbändig. Als Goethe italienischen Boden betrat auf seiner verschwenderisch teuren Reise (er gab sein Geld aus, dass er mit dem Werther in Massen verdient hatte) sagte er schlicht: Auch ich in Italien. Äh: Auch ich in Arkadien. Oder: Im gelobten Land, im Paradies, in der Renaissance. Er hatte sich fortgeschlichen in jenem September. Im Morgengrauen aus Weimar. Und so werden wir es in diesem Sommer auch machen. Fortschleichen, aufbrechen, die Alpen passieren, die Wetterscheide. Oft erlebt: Hier bis in die Schweiz regnet es in Strömen, hinter dem Gotthard geht die Sonne auf. In allem.

Gestern hat Ela gebucht. Tschakka. Yep. Unseren geliebten Campingplatz in Levanto. Aqua Dolce. Süßwasser. Er könnte aber auch Dolce Vita heißen. Denn das ist es, was wir dort suchen und finden. An der ligurischen Küste, direkt neben den Cinque Terre. Das Foto oben zeigt Vernazza. Fünf Orte. Monterosso, Vernazza, Corniglia, Manarola, Riomaggiore (wir merken uns die Reihenfolge mit dem Satz: Mein Vogel Cherie muss reiern – ein running Gag). Vernazza ist in den Jahren unser Lieblingsort geworden. Dort gibt es auf dem Marktplatz das Restaurant Gianni, das auch Zimmer vermietet. Zu meinem 40. Geburtstag waren Ela und ich dort – ohne Kinder. Den ganzen Tag ist bei Gianni Betriebsamkeit. Die Kellner leben dort. Mal sind sie in der Küche, mal hinter der Theke. Drinnen kann man in die Küche sehen. Es wird ab morgens gekocht. Dort sitzen, einen Cappuccino trinken und einfach nur hin riechen, das reicht schon. Das ist schon ein guter Tag in diesem Land, in dem es so viel Gutes gibt. So viel Freude, so viel Leben. Hach.

Zur Feier des Tages gibt es bei uns heute Früh auch Dolce Vita. Ela und ich lassen Meditieren und Yoga ausfallen. Stattdessen: Fette Schokocroissant und Cappuccino. Ela hat eine aufregende, arbeitsreiche Woche hinter sich und macht heute blau, weil sie am Wochenende auch noch einen Fortbildungskurs in InDesign in Köln besucht. Ich werde dann hier den Fahrer geben, weil Jim und Zoe gefühlte zwei Millionen Mal verabredet sind. Nun aber Frühstück mit Ela. In Gedanken bei Gianni oder noch besser: In Levanto in der Piper-Bar. Vorne am Meer, wo abends beim Apero die Sonne langsam hinter dem Fels am rechten Ende der Bucht verschwindet. Eine Bar auf Holzpfählen, die über dem Meer thront. Über dem Meer, dass so warm ist, dass man stundenlang drin bleiben kann. Dass so klar ist, dass die Taucherbrille den Blick in die Weite schweifen lässt. Dieser Nachmittag, als Jim und ich mit dem Kajak in dieser einsamen Bucht waren. Tauchen. Das Meer türkis, unter Wasser hell leuchtende Steine. Einen habe ich mitgenommen, als ewige Erinnerung. Der strahlt jetzt noch.

Heute wünsche ich euch einen süßen Tag. Sündigt. Gebt euch hin. Lasst euch gehen:)