Imperfect memories – zu Besuch bei Trash/Treasure in Köln

© Trash/Treasure 2014
© Trash/Treasure 2014

Trash/Treasure. Köln. Tel Aviv.

Am Sonntag habe ich ihr Atelier in Köln Ehrenfeld besucht. Es war wieder der Tag, an dem sich die Ateliers in Köln öffnen. Man kann hereinspazieren in die kleinen Museen. Ist ganz nah dran.

Seit zwei Jahren freue ich mich über die Arbeiten, die Trash/Treasure auf Facebook präsentiert. Zweimal habe ich über sie und ihre Kunst geschrieben: Abriss ART mit Trash Treasure (2012) und Ateliergespräch mit Ina T. von Trash/Treasure (2012).

Nun hat sich wieder eine Gelegenheit ergeben, zu schreiben. Weil mir das, was sie in ihrem Atelier am Wochenende gezeigt hat, gefallen hat. In ihrer Arbeit ist der Name Programm. Abfall/Schatz. Sie streift durch das Jetzt mit ihrer Kamera und findet im Alltäglichen das Spezielle. Den Augenblick, die Emotion, die Geschichte dahinter.

In meinem Kopf bewegen sich einige ihrer Fotografien. Ein Sessel in einem Hinterhof, ein Rollstuhlfahrer in Köln Ehrenfeld. Auf ihrer Facebook-Seite kommen täglich Aufnahmen hinzu. Material, wie Heiner Müller es genannt hat. Ein Pool der Schöpfung. Möglichkeiten. Trash/Treasure ordnet. Sie hat Themen im Kopf, geht sehr strukturiert vor. Es ist nicht der Zufall, der sie durch die Stadt und Städte leitet. Es sind Ordnungsstränge, die einem Mechanismus gleich zu den Bildern führen.

Ich war einmal mit ihr im Kölner Hafen unterwegs. Container, Förderbänder, vergessene Räume wie ein Industriemuseum. Sie lässt sich Zeit, schaut, was passt. Es muss ein großer Plan in ihrem Kopf sein, der mit zahllosen Fotos bestückt ist. Am Sonntag bestand nun die Möglichkeit, sich Ergebnisse anzuschauen. Das gegliederte, geordnete, aufbereitete Surrogat.

Das Foto oben zeigt imperfect memories. Basis sind Fotos, die in einem Ehrenfelder Haus entstanden sind. Ein altes Haus, in dem ein junger Mann wohnt, der sich eine Wohnung hergerichtet hat und den Rest für Aktionen, Projekte, Veranstaltungen zur Verfügung stellt. Sie hat ihn gefragt, ob sie darf und hat ihre Eindrücke mitgenommen. Verschwommene Bilder in kräftigen Farben. Als ich in das Atelier kam, habe ich mir zunächst alles drumherum angeschaut. Habe mir imperfect memories aufgehoben.

Trash/Treasure hat die Fotos bearbeitet. Hat ihnen aus der Dunkelheit des alten Hauses heraus, in dem sie entstanden sind, kräftige Farben entlockt. Es sind Überlagerungen zu sehen. Verschwundene Erinnerungen. Vergessen im Kurzzeitgedächtnis, im Langzeitgedächtnis. Wie war das? Es sind Möbel zu erkennen. Alte Stehlampen, die, die wir als Kinder wahrhaftig in Wohnzimmern haben stehen sehen. Museal, heute. Treppenaufgänge, Kronleuchter, Barhocker.

Für sie sind die Fotografien in ihrer Veränderung Malerei. Sie sind auf Leinwände abgelichtet, die auf Holz aufgezogen sind. Die Rahmen sind grau, ihre Farbe verschmiert. Kein Schickimicki, kein Hochglanz. Grob. Passend. Es sind zehn Bilder, die eine Arbeit ergeben. Neun harmonisch, quadratisch angeordnet, eines, außenstehend, ein Selbstportrait durch ein Fenster. Sie wirken wie Fenster, diese Bilder, wie sie sich in ihren kräftigen Farben von der Wand abheben. Sie sind Einblicke in eine verschwommene Welt. Wieder sind es kleine Bühnen. Kammerspiele, in die man einsteigen kann. Inszenierte Welt. Platz nehmen in den beiden Sesseln, ein Gespräch starten, sagen, was lange verschwiegen ist. Wichtige Gespräche führen auf Staatsebene. L’état, c’est moi. Die Treppen herauf steigen, die Welt oben erkunden, die Räume, Zimmer, Möglichkeiten. Es geht immer weiter, tiefer. Einen Abend auf dem roten Barhocker verbringen, der Musik lauschen, trinken, sehen, was passiert. Die eigene Geschichte sehen, entstehen lassen vor dem geistigen Auge. Kunst. Real, verträumt.

Mir gefällt Kunst, wenn sie saugt, wenn sie anfängt, lebendig zu werden. Das passiert ab und an. Selten, manchmal. Bei imperfect moments ist es mir passiert. Es hat sich also mal wieder gelohnt, den Weg in die Stadt zu fahren.

© Trash/Treasure 2014
© Trash/Treasure 2014

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