…kann es schon einmal peinlich bis turbulent zugehen. Ich spreche aus Erfahrung. Aktueller Erfahrung. Yes, I did it. Ich habe meiner Freundin Unterwäsche gekauft und geschenkt. Zum Geburtstag. Als sie mit den Kindern in den Herbstferien auf Schiermonnigkoog war, bin ich Shoppen gewesen. In Siegen. Ich hatte mich vorab für drei Geschenke entschieden, was die Sache nicht einfacher gestaltete. Unterwäsche, Parfum und einen Ring. Ups! Größenwahn. Die dreifache Herausforderung, der ultimative „Kenne-ich-meine-Freundin-wirklich-Test“.
Beim Parfum habe ich mich relativ schnell entschieden. Ich hatte eine genaue Vorstellung, bin in den Laden, habe getestet, gekauft und war zufrieden. Das mit dem Ring war wesentlich schwieriger. In den Läden lag irgendwie nur so konventionelles Zeugs rum. Siegen? Nichts Flippiges, Modernes, Gewagtes, Außerordentliches. Ich war in so vielen Schmuckläden und nichts aber auch gar nichts hat mir gefallen. Letztlich fündig geworden bin ich einem Katalog. Der lag bei uns Zuhause rum und darin sind viele schöne Sachen für Frauen. So weit ich das beurteilen kann. Unter anderem war da ein Ring, der aus einem dicken Silberdraht ungleichmäßig aufgewickelt ist. Keine gerade, einfache Form. Ein Durcheinander. Hat mir gut gefallen, habe ich dann dort gekauft. Sorry, Fachhandel.
Das war also nicht ganz so einfach. Schwieriger wurde es mit der Unterwäsche. Eine Gratwanderung. Was mir da so alles entgegenleuchtete, schien teilweise eher für die pornografische Industrie gemacht. Üppig, ausladend, unterstützend, weglassend. Ich weiß nicht genau, ob Frauen so etwas fühlen oder da ein Markt für Männerfantasien befriedigt wird. Vieles wirkte einfach billig bis extraordinär billig. Musste ich durch. Von Laden zu Laden, von Fachgeschäft zu Fachgeschäft. Vieles war mir einfach zu grob. Dicke Rüschen und fette Spitze. Nix für Ela, denke ich.
Fündig geworden bin ich, ihr glaubt es kaum, bei Karstadt. Jenem fast insolventen deutschen Traditionskaufhaus mit dem Einkaufscharme einer anderen Zeit. Manche mögens, manche findens vielleicht kultig, manche sehens pragmatisch. Nun gut. Ich war hilflos und suchend. Hatte mir schon einige Male von Frauen, die neben mir nach Unterwäsche forschten, Blicke zuwerfen lassen müssen. Was immer die bedeuteten. Zumindest kam mir das so vor. Wahrscheinlich war das einfach meine verklemmte Vorstellung, dass frau mich für einen Wäschefetischisten oder Wolllüstling hielt. Die Wäscheabteilung ist einfach kein Männerrevier. Ich sah junge Paare, die gemeinsam Wäsche kauften. Aber ein Mann, der sich da allein durchwühlt? Verdächtig. Oder Männer-Paranoia…
So stand ich da im Karstadt zwischen Push-ups und Strings, zwischen alten Frauen mit Übergrößebedarf und jungen Frauen mit reichlich kleinen Teilen in der Hand. Und umgekehrt. Ich habe nicht gestarrt, neugierig beobachtet oder bewertet. Es ließ sich einfach nicht vermeiden, das zu sehen. Im war mittendrin! Letztendlich bin ich bei Unterwäsche der Marke Triumph gelandet. Ein etwas unglücklicher Name, der eher an Nachkriegsunterwäsche erinnert. Ganz alte Zeiten. Aber, Überraschung. Sehr wunderbar. Fein verarbeitet, schöne Formen, angenehmes Material. Dezent. Auf jeden Fall habe ich mich gefreut, Wäsche gefunden zu haben, die zu mir passt. Äh, ich meine, die zu Ela passt. Freudsche Fehlleistung. Is ja auch egal.
Problematisch war die Größe – diese Zahlen-Buchstaben-Kombination. Ela schneidet die störenden Zettel immer raus. Ich hatte was im Kopf, wollte das aber lieber mit einer Verkäuferin abklären. Es kam, wie es kommen musste. „Ist sie so gebaut wie ich?“ Herrje. Wo sollte ich denn da hingucken? Aktives Vergleichen von Ist-Zustand und Erinnerung. Ela war schließlich auf Schiermonnigkoog. Wir haben uns dann allmählich angenähert, an die Größe, und letztendlich hat alles gepasst. Puh! Heute habe ich Ela das Ergebnis meines Wäscheabenteuers in Siegen geschenkt und – es hat ihr gefallen. Und passen tut sie auch, die Unterwäsche. Bei dem Parfum ist sie noch unsicher. Sie ist Waage. Abwarten, wie sich das entwickelt. Der Ring gefällt ihr sehr gut.
Ihr seht, es ist gar nicht so einfach, Mann zu sein. Manche Herausforderungen sind wirklich um ein Vielfaches größer als das Fällen eines riesigen Baumes. Euch allen einen schönen Tag. Jens.
P.S. Ela war einverstanden, dass ich an ihrem Geburtstag über das Thema blogge. Sie musste schmunzeln. O.K. Jetzt verbringen wir einen gemeinsamen Tag und heute Abend wird gefeiert.
