Zurückgelehnt im Hängesessel

Bäume_Sonnenaufgang

Abhängen. Allein.

Komme vom Fußball. Viveka ist wieder in Essen, Zoe pennt, Jim ist mit Freunden in Holland, Ela ist heute vom Yoga-Wochenende aus Amsterdam zurückgekommen und Jens hat morgen seinen letzten Tag als Kameramann in dieser ewig langen Filmproduktion.

Ich sitze hier im Hängesessel. Herr Cooper hat mich verlassen und sein Kissen in der Küche gewählt. Eben habe ich das restliche Risotto vom Wochenende mit den letzten Pfifferlingen des Jahres weggeputzt. Bin müde vom Arbeiten, vom Fußball. Die Präsentation morgen Nachmittag ist verschoben. Du arbeitest auf einen Punkt hin und dann wusch. Ah ja. O.K. Dann ist das so.

Jetzt futtere ich die letzten Lakritz. Fußball macht hungrig, vor allem, wenn man den ganzen Tag nichts gegessen hat. Ich esse nicht gerne, wenn ich arbeite. Das macht den Kopf schwer und müde. Bei mir. Ich halte lieber die Spannung und den Kopf auf Touren. Das ist eine Sache von Geschwindigkeit. Ich weiß, es gibt tausend Gegenargumente, aber mir ist es so lieber.

Das Wochenende haben Zoe, Viveka, Herr Cooper und ich hier verbracht. Sehr gemütlich. Wir haben Filme mit Romy Schneider und Juliette Binoche gesehen. Und einen, den Zoe sehr mag. Sehr traurig, so richtig zum Heulen und trotzdem schön, romantisch, hoffnungsfroh. Wir saßen zu dritt auf meinem Bett. Eigentlich wollten wir das Bild per Beamer über meinen Buddha an die Wand schmeißen, aber das hat aus technischen Gründen nicht geklappt. Wir hatten drei Laptops, die nicht in der Lage waren, den Beamer zum Laufen zu bringen. Zoes hat eine Macke, meines mag den Stecker nicht und Jims hat Ubuntu drauf, was einfach nicht harmoniert hat. Weil Jims Akku kaputt ist, hat er mein Windows-Laptop mit nach Holland genommen. Das hätte geklappt. Tja.

So haben wir auf den Beamer verzichtet, zu dritt aufs Laptop gestarrt und geheult. Ich durfte in der Mitte sitzen und habe natürlich so getan, als würde mich das nicht im Geringsten berühren. Bis zu dieser Szene. Mist. Die beiden waren Gott sei Dank so mit sich beschäftigt, dass es nicht aufgefallen ist. Da konnte ich mal kurz das Augenjucken wegwischen. Echt gemein. Volle Emotions-Breitseite.

Zwei Abende haben wir Romme bespielt und Zoe hat uns wahrlich abgezogen. Ich weiß nicht, wie sie das macht. Unbesiegbar! Immer die richtigen Karten. Sie hat die Punkte mitgeschrieben auf einem Block und jedes Ergebnis kommentiert. Die Kommentare für sie waren überwiegend positiv und begeistert, die anderen beiden Mitspieler/innen, also Viveka und ich, durften uns einige Häme gefallen lassen. Also wirklich. Verlieren ist ja schon mental nicht ganz so einfach. Wenn man dann aber noch… Grrrrrrr. Aber als Papa muss man natürlich aus erziehungstechnischen Gründen über den Dingen stehen und lächeln. LÄCHELN!!!! Hust, würg, Arrrrghhhh! Nun ja. Was einen nicht umbringt… Fast nicht umbringt.

Am Sonntag waren wir dann bei Freunden von Viveka in Köln. Wenn sich Familiengrenzen auflösen, entstehen neue Konstellationen. Man lernt automatisch neue Menschen kennen, was bei allem anstrengenden Trennnungsgedöns dann auch was Positives hat. Überhaupt gibt es einiges Positives. Überraschend. Manches hätte ich so gar nicht erwartet.

So stehe ich zum Beispiel in Kontakt mit einem jungen Mann aus Hamburg, der mich aufgrund meines Blogs und meiner veröffentlichten Trennungsgeschichte kontaktiert und um Rat gefragt hat. Wir haben telefoniert, lange gesprochen und er hat es wirken lassen. Nun habe ich eine sehr nette Mail bekommen. Es geschehen Dinge, die eben nur dann geschehen. Bei aller Trauer und allem Gefühl von ‘das hat nicht geklappt’ entsteht auch viel Positives. Mein Horizont ist durchaus blauer und wilder. Ich weiß nicht mehr genau, was kommt, aber freue mich darauf. Ehrlich. Das ist spannend und aufregend und eine ganze Ecke freier, weil alles neu entwickelt werden muss.

Das ist wie 10-Meter-Brett. Ist man erst gesprungen, ist alle Sprungangst vergessen. Platsch! Bombe! Grins! Manchmal ist es ein viel zu Festhalten. Klar, manchmal auch nicht. Gibt ja kein Allgemeinrezept.

In Köln habe ich ein Modell-Segelboot mit weißen Segeln in einem Fenster stehen sehen. Das sah sehr schön aus. Es gab Käsekuchen, Pfifferlings-Risotto, Frascati, Kaffee und ein Kennenlernen. Aufregend. Schön. Ja, so ist es.

Gute Nacht.