Manchmal sagt man, Gedichte müssten in ihren Bildern intelligent sein. So Bilder, Metaphern wie von Rilke oder Celan. Solche, die wie vom Himmel gefallen sind, nicht einfach erarbeitet in der stillen Kammer. Die Menschsein in einer Besonderheit zeigen, diese feinen Klänge, zu denen der Zugang nicht zu finden ist. Wie Bilder von einer alten Frau mit Aluminiumfolie auf dem Kopf unter der die Farbe trocknet, mit der ihr die Söhne die Haare färben, um sie schön zu machen, weil sie es liebt, weil sie sie lieben, weil es mehr sagt als alles andere und dieser Auftakt, diese erste Szene, dieses Begrüßungsbild das Herz nimmt und leicht wiegt, als sei das Herz das gewünschte Baby, die erfüllte Hoffnung, die gestillte Sehnsucht.
Es gibt sie, die den Weg gehen können. Die keine Schlüssel brauchen, die schlafwandelnd ankommen. Die taumeln, fallen, aufstehen und es in der Hand halten. Selbst nicht wissend, wo, wie, wann gefunden.
Für Gedichte muss man drauf sein, würde man heute sagen. In einer Stimmung sein. Mir geht das so. Wenn ich schreiben will, mit Betonung auf will, werden die Worte hart. Langweilig. „Common“ hat mal ein Barkeeper gesagt, von dem ich mir einen allzu bekannten Song einer Band gewünscht hatte. Das war auf Karpathos, als ich mit den Surfern in der Stadt unterwegs war. Raki für die Surfjungs aus dem Kanister hinter dem Tresen. Steuerfrei oder so. „Gewöhnlich. Zu gewöhnlich.“
Wenn ich nicht in diesen Zustand komme, der Tore öffnet, Verbindungen schafft, Leichtigkeit zulässt, entsteht nichts. Ich hätte gerade gerne ein Gedicht geschrieben. Für sie. Als Trost, weil es heute sehr schwer ist. Gerne hätte ich etwas gegeben. Aus einem Gefühl von Ohnmacht heraus. Aus einem Gefühl heraus, das Fesseln fest um alles Gliedmaßen zieht und das Denken gleich mit einschnürt.
Es ging nicht. Klar. Zu viel. Anspruch, Wollen, Absicht, Ziel. So geht das nicht, klappt nicht. Man kann Gedichte nicht mit der Pistole am Kopf schreiben. Also sitze ich nun hier unverrichteter Dinge und lasse geschehen, was geschieht. Schaue zu, warte ab, denke nach.
Ich wünschte, die Dinge wären anders. Leichter. Unkomplizierter. Ich habe lange gehofft, mich über kleine Fortschritte gefreut, einen Horizont gesehen. Nun sind Wolken aufgezogen und Wellen toben. Ich könnte mich in die Wellen schmeißen und wie wild los schwimmen. Um was zu tun? Irgendwo da draußen? Vertrackt, vertrackt. Dieses verrückte Jahr lässt mich nicht aus seinen Krallen. Es spielt mit mir, wirft mich hin und her, lässt mich in Flammen aufgehen, streicht mir übers Haar. Küsst mich, liebt mich, tritt mir in den Arsch.
Kein Problem. Nehm ich mit, tanz ich aus. Dinge geschehen. So ist das nun einmal. Manchmal laufen Dinge anders, als man sich das wünscht. Jetzt bin ich müde. Ein langer Tag. Wieder viel geschehen. Eine Präsentation. Gut gelaufen, zufriedene Kunden. Jobs, Arbeit, Meetings, Mails, Fußball am Abend. Kurzes Abendbrot mit Ela und den Kindern. Nun hier im Bett. Antwort auf die Mail. Bloggen. Kein Gedicht für dich. Sorry. Nur ein Song. Von einem anderen.
Das Bild oben? Ein Geschenk. Ein Graffiti. Hat Zoe von ihrem Banknachbarn gelernt, Graffitis zu zeichnen. Wir hatten am Wochenende einen leichten Disput, weil ich ohne sie weg war. Bei einem guten Freund, den sie auch mag. Sie wäre gerne mitgekommen. Ich habe Nein gesagt. Gestern Abend haben wir geredet. „Wir müssen reden.“ Uns umarmt. Ich konnte ihr einiges sagen und es war O.K. Heute hat sie mir das Bild geschenkt. „Papa.“ Es lag da. „Für dich.“ Beiläufig. Im richtigen Augenblick.









