Im Hof spielen Kinder. In den Co-Working-Spaces in den Hallen entstehen Videos, Kampagnen. Architekten*innen arbeiten an ihren Entwürfen. Im Fahrradladen schraubt Klara am E-Mountainbike von Jörn, der damit am Wochenende ins Bergische will. In der Softwareschmiede an der Ecke feilen sie an Codes. Was machen die da auf dem Dach? Schon wieder ein neues Solarpanel? Wie sieht das denn aus? Irgendwie wie Raumschiff.
Lisa schlendert über den Hof, sie will zu Paul, wegen der Hausaufgaben. Oder doch Spielplatz mit der Bande?
Im Goldschmiedeatelier schmiedet der ältere Herr Bruns an den Trauringen von Katja und Lisbet. Die beiden haben sich im Cafe an der Ecke kennengelernt, das Bernd betreibt. Der ist aus Berlin hergezogen, nachdem er das Otto-Langen-Quartier für sich kennen und lieben gelernt hat.
Auf der Karte steht Quiche. Zum Mittagstisch kommen einige. Jüngere, ältere. Der Heinrich, der seinen Rollator bei Klara tunen lässt und dem Lisa einen Minion-Sticker auf den Sitz gepappt hat.
Es ist Aufregung im Viertel. Eine Künstlertruppe, verrückte Franzosen, arbeiten seit Tagen in der Möhring-Halle. Keiner weiß nichts Genaues. Schauspiel, Gesang, Performance, Skulptur sagen die Gerüchte. Wenn eines läuft, dann der Hof-Funk. Veedel eben. Irgendwer weiß immer was.
Wenn man fragt: „Und, wie is es?“ „Was?“ „Na, leben hier?“ „Weißte, wo soll ich anfangen. Läuft. Schön. Abends den Weg runter durch den Park auf die Stufen am Rhein Sonnenuntergang gucken. Blick auf den Dom. Gucken, was in den Gärten wächst, den Sound aus den Proberäumen hören, das Motzen vom ollen Meyer, der es dann doch nicht so meint. Die Kinder, die Rasselbande. Kennste ja alle von klein auf, da weißte, wer wer is. Eine ganze Welt, verstehst du. Hier gibt es alles. Im Otto-Langen gibt es nix, was es nicht gibt. Schöner Ort, beseelt. Mit Liebe gewachsen. Kann man nicht erzählen, muss man spüren.“
Alles schon da
Zukunfts Werk Stadt heißt das Zauberwort. In den letzten Jahren hat die Stadt viel investiert, um den Traum eines etwas anderen Viertels entstehen zu lassen. Und zu wahren. Es sind Subventionen geflossen, um eine Vision zu entwickeln und zu formulieren.
Eine Vision, die kein Wolkenkuckucksheim ist, sondern längst durchdachte, geplante, gezeichnete, geordnete und sogar kalkulierte Realität. raum13 hat den Weg frei gemacht, hat Denker*innen, Mitstreiter*innen und insbesondere viele namhafte, ausgewiesene, erfahrene Profis an Bord geholt. Nicht für teuer Geld engagiert, weil das gar nicht finanzierbar gewesen wäre.
Ganz im Gegenteil. raum13 hat es geschafft, zu begeistern, zu involvieren. Es wurde ein Netzwerk, eine Homebase für Menschen geschaffen, die an die Vision einer alternativen Stadtentwicklung glauben. Einer Stadtentwicklung, die auf das Glück von Menschen abzielt. raum13 hat das Kunststück vollbracht, kompetente Ermöglicher zusammenzubringen, die mit Plänen und Entwürfen schon jetzt ein Bild gezeichnet haben, wie das Otto- & Langen-Quartier aussehen könnte.
Das sind keine Luftschlösser, die da gebaut werden. Kluge, ästhetische Lösungen im Bestand.
Flächenaufteilungen. Konzepte für Hallennutzungen. Einklang von Leben, Wohnen, Arbeit. Büro, Gewerbeflächen, Räume für Kunst und Kultur und Wissenschaft. Räume und Flächen für Gemeinschaft. Indoor, Outdoor.
Ein sehr besonderes Viertel. Eine ganze Welt verdichtet auf 6 Hektar Land. Ein Zusammenbringen von Menschen aus allen Schichten, Altersgruppen… Ein Abbild der Stadt, ein Proporz. Weder Reichen- noch Armen-Ghetto. Gemeinschaft, Miteinander. Das, was so oft und von vielen als fehlend beklagt wird.
Unter Nutzung der vorhandenen Bauten und Hallen und in Erinnerung des Geistes dieses Industrieortes mit Weltbedeutung. Ein durchdachtes, ein bewahrendes, ein ermöglichendes Konzept. Nicht komplett fertig, aber schon ganz schön weit ausgearbeitet.
Die Ergebnisse der Zukunfts Werk Städte der letzten Jahre.
Endlich an einen Tisch
Bitte Köln, bitte Gottfried Eggerbauer, setzen Sie sich an einen Tisch. Überwinden Sie alles Störende und machen Sie den Weg frei für Zukunft und Entwicklung. Hier geht es nicht um irgendeine Spinnerei. Hier geht es darum, ein richtig gutes Viertel zu schaffen. Zu zeigen, dass Köln in der Lage ist, den Innovationsgedanken der Vergangenheit weiter zu tragen. Bahnbrechendes zu schaffen.
Ich würde mir wünschen, dass das gelingt. Und ich würde mir wünschen, dass Sie, Gottfried Eggerbauer, ein Teil dieses Projektes werden. Dass Sie sich die von ihren Kollegen*innen entwickelten Gedanken gemeinsam mit raum13 anschauen und Ihren Teil zum Gelingen beitragen. Sie haben in Köln gezeigt, dass Sie Bestand vorausschauend denken und entwickeln können.
Nun ist dieses Viertel aufgrund der historisch entstandenen Besitzverhältnisse tatsächlich für alle Beteiligten eine Herausforderung. Was will man machen, wenn einem nur ein Teil gehört. Grenzen durch Gebäude verlaufen.
Nix.
Da bleibt nur, die Kuh mit gutem Willen vom Eis zu kriegen. Sich hinzusetzen und zu reden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es letztendlich wirklich um Geld geht. Hier steht mehr auf dem Spiel, es geht um einen größeren Zusammenhang.
Hier kann etwas entstehen, was größere Bedeutung hat. Über Köln und die nahe Zukunft hinaus. Es wäre schön, wenn die Stadt Köln, Gottfried Eggerbauer, raum13 und auch das Land NRW es gemeinsam schaffen würden, mit diesem Projekt auf dem Areal zwischen Mülheim und Deutz erneut Geschichte zu schreiben.
Bitte.
Am 4. Dezember 2020 wird nicht nur die Räumungsklage verhandelt, sondern ein besonderes Kapitel Kölner Stadtentwicklungsgeschichte. Muss raum13 tatsächlich raus, geht vieles den Rhein runter…