Wer ist Rudolf?
Rudolf ist ein Name, den sich Zoe ausgedacht hat. Rudolf könnte einer von 450 oder 750 Menschen sein, die von den Nationalsozialisten im Rahmen der “Euthanasie” ermordet wurden. Menschen, die in einer Heil- und Pflegeanstalt im benachbarten Waldbröl gelebt hatten, die 1938 aufgelöst wurde.
Zoes Klasse hat sich entschlossen, an einem Projekt von Thích Nhất Hạnh mitzumachen. Thích Nhất Hạnh ist neben dem Dalai Lama einer der bekanntesten und engagiertesten buddhistischen Lehrer der Gegenwart. Vor einigen Jahren hat seine Linie das Europäische Institut für angewandten Buddhismus (EIAB) in Waldbröl gegründet. In einem großen alten Gebäude, das von den Nationalsozialisten errichtet wurde. Waldbröl liegt rund 13 Kilometer von unserem Dorf entfernt.
Nun reinigen die Nonnen und Mönche die Gebäude, die Atmosphäre und heilen alte Wunden. Manch einer mag denken, das ist doch alles längst vergessen. Das glaube ich nicht. Und ich denke es ist gut, die Gedanken des Bösen zu vertreiben.
Also werden Herzen gefertigt. Zeichen der Liebe. Per Hand. Zoe hat sich überlegt, ihr Herz für Rudolf zu nähen. Sie meint: “Ich weiß nicht, ob einer der Ermordeten Rudolf hieß. Aber bei so vielen Menschen, die getötet wurden, war sicherlich ein Rudolf dabei. Für den ist mein Herz.” Sie wird seinen Namen auf das Herz sticken und das Herz mit einem schönen Faden umranden.
Kürzlich meinte ein Freund von mir: “Ich weiß nicht, aber irgendwann muss doch mal mit diesem Nazimist Schluss sein. Das ist so lange her.” Höre ich öfter. Wir haben uns dann unterhalten und rausgefunden, das seine Eltern eher Naziopfer waren. Ein Vater mit polnischen Wurzeln, eine Mutter mit tschechischen Wurzeln. Für ihn ist das Thema durch. Sollte man einen Strich drunter machen und gut ist. Als ich mich kürzlich mit einer Israelin unterhalten habe meinte sie “Komm nach Tel Aviv und sieh, dass dich keiner darauf ansprechen wird.” Also mir als Deutschem Vorwürfe machen wird.
Tel Aviv. Muss ich wohl hin. Frieden finden. Mit der Nazi-Vergangenheit meiner Familie. Tatsächlich fühle ich mich da noch verantwortlich und bin froh, dass meine Familie jetzt Herzen näht. Schritt für Schritt einen Strich drunter macht. Aber es wird wohl noch dauern, ob wir wollen oder nicht, bis der Frieden gefunden ist und alle Wunden geheilt sind. Schön, das Thích Nhất Hạnh als Vietnamese mit seinen Leuten in Waldbröl daran mitarbeitet. Und Zoe mit ihrer Klasse. Die Kinder haben sich entschieden, das zu tun und haben eine Kunstlehererin gefragt, ob sie sie unterstützt.