Gartenattacke – Angriff des Kommandos GRÜN

Wir können auch anders!

Wissen wir spätestens seit Detlev Buck. Oder um es hoch philosophisch auszudrücken: Für jedes gottverdammte Problem auf diesem Planeten gibt es einen Plan B. Ne, Schopenhauer, alter Rummäkler. „Nun ist diese Welt so eingerichtet, wie sie sein mußte, um mit genauer Not bestehen zu können. Wäre sie aber noch ein wenig schlechter, so könnte sie schon nicht mehr bestehen.“ Was hat der genommen? Damit wird man berühmt? Na dann, Schopi. Sehen wir das doch mal ein wenig entspannter. Und konstruktiver. Und überhaupt.

Wollen wir doch lieber eine Theorie und Philosophie des angenehmen Lebens und optimistischen Strebens in die Welt tragen. Yes, we can, wie mein Bäcker immer sagt. Oder war’s der Trainer? Egal, irgendwoher stammt dieses Zitat. Und hat dazu geführt, dass wir es in Angriff genommen haben. Attacke. Generalangriff.

Die zugrundeliegende Idee ist in irgendeiner Form inspiriert von Attac Oberberg. Etwas ändern. Im Kleinen. Think global, act local. Zwei Freundinnen von uns haben also nachgedacht, den Spielball aufgenommen und das Projekt Gartenhilfe, Gartenattacke ins Leben gerufen. Angriff der Killertomaten. Weil wir hier auf dem Land alle Gärten haben und darin mehr oder weniger untergehen, weil alles quer durcheinander wächst und das Erntefähige immer langsamer und empfindlicher ist als das wilde Kraut. Ich meine, sieht schön aus. Alles so schön grün hier. Urwald. Wucher, wucher. Gras, Löwenzahn, Giersch, Brennesseln…

Nun hat der Mensch den Hang, die Natur zu kultivieren. Frisör, Gärtner. Das muss ab. Weg und dann in Form. Das ist im Falle eines Gartens ziemlich anstrengend. Deshalb helfen wir uns jetzt gegenseitig. Drei Familien, drei Gärten. Unzählige Hände und Finger. Und zwei Hunde mittendrin, um das Chaos perfekt zu machen. Am Samstag haben wir uns im ersten Garten getroffen. Sehr schön angelegt mit sehr viel Naturstein und verschiedenen Ebenen und Bereichen. Allerdings. Der Kompletthippie. Grün. Nur Grün. Gras überall. Zugewuchert, ohne Struktur, Wildnis. Die Pflege eines solchen Gartens ist immens. Für einen allein.

Wir waren mit fünf Erwachsenen und sieben Kindern/ Jugendlichen angerückt. Kaffee, Kuchen, Lagebesprechung und los. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie viel Spaß gemeinsame Gartenarbeit macht. Alle haben irgendwo gerupft, gezupft, geschnitten, gemacht, getan. Mein Job war die Rekonstruktion der Kräuterspirale. Zusammen mit Jim und Jens. JJJ. Alles rausgerupft, alle Steine rausgeholt und alles neu aufgebaut.

Was nicht mehr gebraucht wurde, und das war viel, landete in der Mitte des Gartens und wurde Sack für Sack quer durch das Wohnzimmer in den Wald entsorgt. Als so einigermaßen klar war, dass da wieder Freiflächen sind für Blumen, Kräuter & Co., ist die halbe Mannschaft ins Gartencenter gefahren. Wir konnten also auch noch pflanzen. Wir säen, säen, säen, was wir ernten.

Großfamilie. Später. Nach getaner Arbeit alle an einem Tisch. Suppe, Chilli con carne. Lachen. Glückliche Gesichter. Und ein Traumgarten. Nicht zu glauben. Vorher. Nachher. Wir können auch anders. Zusammen. Projekte. Nicht jeder für sich allein in seiner kleinen Parzelle des Lebens. Alle zusammen mit den Menschen, die passen. Die mitmachen, mitlachen. Und es wurde viel gelacht und sogar gesungen. Ist viel angenehmer mit so vielen. Hektisch wurde es nur kurz, als der Mops mittendrin plötzlich dort saß, zitterte und Schaum vor dem Mund hatte. Ich hatte mal wieder die Sorge, ich müsste ihn per Mund-zu-Mund-Beatmung retten. Ging dann aber wieder. Glück gehabt, der Mops und ich. Im Juni ist unser Garten dran, im Juli der nächste. Gartenattacke-Events. Easy. Alles so easy:)

Freiheit von Joachim Gauck

Ein Buch. Ein Büchlein. Ein Fliegengewicht in der Hand. Eigentlich eine Rede. Neujahrsempfang 2011. Er redet gerne. Er redet schön. Und die Freiheit ist ein großes Thema.

Gauck spricht von Gesellschaft und Verantwortung und Toleranz und 1989. Vom Verhältnis der Deutschen zur Freiheit. Er kommt gleich zur Sache: “Bei vielen Menschen aber, die mir im Land begegnen, vermute ich eine geheime Verfassung, deren virtueller Artikel 1 lautet: »Die Besitzstandswahrung ist unantastbar«. Und er zitiert Heine: “Der Engländer liebt die Freiheit wie sein rechtmäßiges Weib. Er besitzt sie, und wenn er sie auch nicht mit absonderlicher Zärtlichkeit behandelt, so weiß er sie doch im Notfall wie ein Mann zu verteidigen. Der Franzose liebt die Freiheit wie seine erwählte Braut. Er wirft sich zu ihren Füßen mit den überspanntesten Beteuerungen. Er schlägt sich für sie auf Tod und Leben. Der Deutsche liebt die Freiheit wie seine Großmutter.” Heine. Gauck. Jahr 2012. Naja.

Bundespräsident in spe. Es kommen noch Schiller und ein deutsches Volkslied und die Bibel und die in der freiwillen Feuerwehr engagierte Dorfjugend und Probleme der Marktwirtschaft und Verantwortung des Einzelnen. Pathos. Klingende Stimme. Vor seiner Wahl habe ich gehört, er sei eitel. Selbstverliebt. Scheint ein wenig so. Die großen Worte fließen ihm leicht aus der Feder. All zu leicht. Und zu schnell. Es war nur eine Rede. Gut.

Was machen wir jetzt damit? Über die Freiheit nachdenken. Persönlicher. Nicht in diesem großen Gesellschaftsgemetzelkontext. »Die Besitzstandswahrung ist unantastbar«. Kürzlich sagte jemand zu mir, “ich sei eingefahren”. Das klingt ähnlich. Ich bin eingefahren, wir sind eingefahren, sind wir eingefahren? Wie leben wir unsere Freiheit. Was machen wir aus dem, was uns möglich ist? Wir könnten. Sehr viele Wege stehen offen. Unsere Entscheidung. Wir bleiben. Wo wir sind. Weil es dort gut oder bequem ist?

Ich kann Freiheit nicht auf Nationen- und Gesellschaftsebene denken. Das kann niemand. Das ist nur Historienverarbeitung und Annahme. Plädoyer. Freiheit ist, in sich hineinzugehen und zu schauen, ob alles passt und dann zu handeln. Freiheit braucht die Aktion. Die Bewegung. In sich. So: Let’s move. Go on. Schwierig genug.

…………………..29…………………..

March, 28

“Irgendwann werde ich ihr in den Arsch treten…”

Baggerschusslinie

kannst du…ciao…mag dich

Hi, biste noch wach?

…have tio kick some ass…

…könnte ne teure Hochzeit werden, just for you info…

Schlaghosen und Joints:)

Ja. Sweet Dreams:)

Morgen Erdbewohner

Süß geträumt?

schick dir noch nen song

I just don’t give a fuck.

…mein gott ich mag dich…Shit

Imagine there is no heaven.

300 in der Warteschleife?

Ich spüre dich. Merkwürdig. Durch die Luft. Du bist ganz nah. Wie machst du das?

Prodigy, Rage against the Machine, Sister of Mercy…

Wenn ich in deiner Tiefe versunken bin?

Wenn wir uns jetzt auflösen?

Sex and Drugs and Rock ’n’ Roll PUNKT

Stay a minute can’t you see that I

I wanna fall from the stars

Straight into your arms

I , I feel you

I hope you comprehend

Du schmeckst nach Whiskey, Eis und Joints. So gut, so süß.

It is so quite new a thing.

Yes. Yes. Yes.

will think about u and take you with me whereever I go today…

Es ist, wie ein Haar zu halten, an dem ein Mensch hängt.

Es ist, wie sich nicht bewegen dürfen.

Wir gehen da jetzt kurz rein.

Mit dir. Keine Frage. Im Baum.

Zweisamkeits-Romantik-Gefährlichkeits-Abrutsch-Falsches Thema-Gefahr.

fliegen, schweben, abheben, runterfallen, abtauchen, untertauchen

Kann dem Stream NICHT mehr folgen, dank DIR

i kill you !!!!!

Alarmstufe rot! -)

Ich höre nicht auf.

Den Blick lenken. Unterscheiden, differenzieren:)

Ach dass die Liebe, die so lieblich scheint, es doch so grausam und tyrannisch meint.

I just don’t give a fuck

WORTAUFSCHÜTTUNG, vulkanisch,
meerüberrauscht.

Du bist verrückt. Byebyebyebye!!!!

OFF

„…………………..29…………………..“ weiterlesen

Der Pfannenheber mit Namen Bernhard

Es war ein verdammt langer und steiniger Weg, bis er endlich bei mir ankam.

Im April hatte ich Geburtstag. Zoe war verzweifelt. Sie hatte ein Geschenk für mich, aber das war in den Händen ihrer Werklehrerin, die es nicht rausgeben wollte. Ein Pfannenheber. Von Zoe liebevoll geraspelt, gefeilt, geschliffen, in Form gebracht, geölt.

Der letzte Punkt, die letzte Ölung, hatte im April gefehlt. Deshalb das “NO” der Lehrerin. “Papa, die hat den nicht rausgerückt. Keinen Tag. Ich konnte sagen, was ich wollte. Nichts zu machen. Oh…” Ich kann mir vorstellen, dass es für die arme Werklehrerin nicht einfach war, diesen Kampf auszufechten und hart zu bleiben. Wenn Zoe etwas will.

Die Geschichte ging weiter. Wöchentliche Verhandlungen, bis es fast soweit war. Duseligerweise an einem Mittwoch. Der Deal sah vor, den Pfannenheber, den Zoe auf den Namen Bernhard getauft hat, für 24 Stunden auf freien Fuß zu setzen. Freigang für Bernhard. Ein Deal unter Frauen. Bingo, könnte man meinen. Geschafft. Doch dann die Erkenntnis. Mist. Zoe kam nicht nach Hause, weil sie bei einer Freundin geschlafen hat. Sie hätte ihn mir nicht geben können und es war keine Zeit mehr, ihn Jim mitzugeben. Der lange Weg eines schönen Geschenks.

Die Lehrerin will die Pfannenheber als Projekt auf dem nächsten Elternabend vorstellen. Deshalb bleiben die unter Verschluss. Und ist erst einer rausgegeben, dann ist das mit Pfannenhebern wie mit dem kleinen Finger und der ganzen Hand. Revolution, Chaos, Unruhen, Demonstrationen, Sprechchöre auf dem Flur, Störung des Schulfriedens. “FREIHEIT FÜR BERNHARD!” “LASST BERNHARD FREI!” “NIEDER MIT DEN OKKUPATOREN!” “BERNHARD HAT NICHTS GETAN!”

Zoe ist drangeblieben. Und gestern nun. Tatsächlich. Wieder ein Mittwoch und wieder hat sie bei ihrer Freundin geschlafen. Aber. Jim hatte ihn. “Papa, ich soll dir von Zoe den Bernhard geben. Sie hat ihn für eine Woche befreit, dann muss er zurück.”

Ich halte ihn in den Händen. Tatsächlich. Wer keine Kinder hat, weiß nicht, was solche Geschenke bedeuten. Is auch egal. Nicht wichtig. Im Allgemeinen. Weltgeschehensmäßig. Aber für so ein kleines Papaherz. Bernhard ist so weich. Und die Maserung. Wirklich. Das Auge, die konzentrischen Kreise des Holzes, wie gemalt auf dem Rücken. Ein Tattoo. Bernhard ist so schön. Und den soll ich wieder abgeben. Härte. Er kommt in mein Zimmer. Gut sichtbar, bevor er zu den anderen Schätzen wandert. In dieses kleine Fort Knox, in dem die Erinnerungen ruhen. Jims Geburtsarmband. 1997. Dieses kleine Neugeborenen-Handgelenk. Das Blatt mit den aufgeklebten Herzen. Zum Vatertag irgendwann. Und jetzt der zarte Bernhard, der niemals eine Pfanne sehen wird. Zu Höherem bestimmt. Ein Objekt, eine Skulptur. Leben mit Bernie, der Pfannenheber meines Lebens:)

Die Frau im Mond von Milena Agus

Manchmal kommen die guten Nachrichten per Post. Ganz konventionell. Da ist eine Freundin, die schreibt. Wenn sie etwas zu sagen hat, kommt ein Brief. Kein Facebook, keine Mail.

Das ist ist nicht modern, aber sehr schön. Die Freude, den Briefkasten zu öffnen und dort etwas vorzufinden, die ist enorm. Herz hüpft. Aufregung. Das haptische Vergnügen, ein Couvert aus Papier zu öffnen. Letzte Woche kam ein dickerer Umschlag. Eine Büchersendung. Darin “Die Frau im Mond” von Milena Agus. Ein Bestseller, wie der Aufkleber vorne drauf verspricht. Von einer Autorin aus Italien. Sardinien, Cagliari. Preisgekrönt, mehrfach ausgezeichnet.

Die beiden letzten Abende habe ich den analogen Ball aufgenommen und habe mich zurückgezogen aus der digitalen Welt. Die habe ich gerade ein wenig über. Wo Licht ist, ist auch Schatten. Im Bett zu liegen, neben sich eine Kanne Tee, angelehnt mit einem Kissen im Rücken, ein Buch, einen Liebesroman in den Händen, das ist schon schön. Fühlt sich gut an. Das Konventionelle also trägt weiter, wird immer tragen. Und ja, es ist entscheidend, dass das Buch aus Papier ist und nicht elektronisch. Ihr seht, ich lebe im Widerspruch. Hin- und hergerissen zwischen dem Alten und dem Neuen.

Die Sätze fließen aus dem Leben der Autorin. Sardinien ist überall. Prall. Früchte, Sonne, Meer, Schmerz. Sie schreibt über die Großmutter. Die Verrückte, die von einem Ort auf dem Mond zu kommen scheint, die an der Welt leidet, die sich ritzt, die wunderschöne Sachen baut, malt, entwirft, um sie zu zerstören. Eine herzzerreißende Geschichte. Liebevoll erzählt. Im Zentrum: Die Suche nach der Liebe. Es einmal spüren, das intensive Gefühl. Nach vielen Enttäuschungen. All die Verlobten, die die Großmutter haben sitzen lassen. Die Verrückte, die gar nicht verrückt ist. Nur anders. Von einem anderen Stern.

Sie trifft ihn. Den Einzigen. Vom selben Stern. Den Reduce. Den Heimgekehrten aus dem Krieg, dem ein Bein fehlt. Der verheiratet ist, der sie nimmt, wie sie ist. Der sie nur einmal trifft, ihr einmal schreibt, ihr einmal die Liebe zeigt. Was für Augenblicke im Buch, die in Rückblenden beschrieben werden.

Sätze wie vom Himmel. Aus der anderen Welt. Von diesem Stern, auf dem nur wenige wohnen. Diese unglücklichen Romantiker, die da draußen weggeschubst werden von den Bulldozern der vermeintlichen Realität.

“Mit seinen lachenden Lippen liebkoste er ihre Brüste. “Wollen wir unser Lächeln küssen?”, fragte Großmutter, dann gaben sie sich einen innigen, endlosen Kuss. Der Reduce sagte, dass Dante im fünften Gesang der “Hölle” in seiner Göttlichen Komödie genau die gleiche Idee gehabt habe – der Liebenden, die sich das Lachen vom Mund küssen. In diesem Gesang verewigte der Dichter die Liebenden Paolo und Francesca, die für immer in der Hölle gefangen sind, dazu verdammt, sich aneinander zu verzehren, ohne sich jemals zu erreichen.”

Der Reduce. Der Verwundete. Der, der ihr Gedichte vorliest. Sie kehrt zurück. Zu ihrem Mann, dem Großvater, der sie liebt, schützt, aber nicht zu verstehen vermag. Dreieck.

Ein sehr berührendes Buch. Und: Italien. Das Enge, das Weite. Die Konvention und das Gefühl. Die ewige Suche nach der Liebe und die äußeren und inneren Hindernisse. Wenn ihr euch mal mit einem guten Buch zurückziehen möchtet, für zwei, drei Stunden, dann ist “Die Frau im Mond” gut dazu geeignet. Poetisch, intensiv, schön und klar geschrieben. Kurz und prägnant. Und mutig. Da sind Stellen drin…