Wochenende als alleinerziehender Single-Vater

Am Wochenende war Ela in Köln bei Jens. Sie hatte Yogaausbildungs-Zwischenprüfung und eben Jens-Wochenende. Damit war ich ab Freitagnachmittag Chef im Ring. Alleinerziehend. Single. Nun ist es nicht so, dass ich nicht auch früher schon alleine mit Haus und Hof und Kind und Kegel plus Hund gewesen wäre, nun aber halt in einem anderen Duktus.

Ich hatte mir ein ruhiges, entspanntes Wochenende vorgenommen mit einigen Restaurationsarbeiten am Haus. Kürzlich hatte ich Fenster neu verkittet, die mussten nun gestrichen werden. Und eine Fensterbank, deren Holz gerissen und in Folge dessen unbemerkt unter dem Lack verrottet war, hatte ich mit neuem Holz versehen, das auch gestrichen werden musste.

Freitagabend aber gehörte den Kindern. Sie bekamen Besuch von einer Freundin, die wir am Bahnhof abgeholt haben. Vorher in den Discounter, einen Film zum Lachen besorgt (Kindsköpfe) und Sweets. Kinoabend mit Beamer bei Jim im Zimmer. Samstagmorgen haben mich dann die Kids früh geweckt, weil Cooper unten vor der Haustür in den Flur gemacht hatte. Wunderbar. Ziemlich eklige Angelegenheit, für die der Hausmeister verantwortlich ist. Moi. Cooper war am Tag zuvor bei den Nachbarn in den Keller eingebrochen und hatte wahrscheinlich das Katzenfutter ziemlich dezimiert. Das musste dann irgendwo hin… Hm.

Wir begannen den Tag anschließend entspannt mit Schoko-Croissants vom Bäcker, ein wenig Zeitunglesen, Pfifferlingesammeln auf der Cooperrunde und den ersten handwerklichen Tätigkeiten, als sich telefonisch überraschend Besuch ankündigte. Eine Freundin. Schön. Plan B. Kreatives Zeitmanagement. Wann kochen? Wann haben die Kinder Hunger? Wann ist die Farbe getrocknet, um den zweiten Anstrich drüber zu ziehen? Was ziehe ich an? Und dann stellte sich raus, dass sich im Bad die gläserne Duschabtrennung aus der Wandhalterung gelöst hatte und nun auf halb Acht hing. Super. Später. Erst einmal sichern, dass sie nicht komplett rausfliegt…

Ich ging in den Garten, um nachzusehen, ob für das Essen noch Salat da war. Ja, da war noch Salat. Dabei traf ich meinen Nachbar, der gerade 13 Tonnen Schotter per Schubkarre in seinen Garten karrte und von der Sonne schon ein wenig gezeichnet aussah. Gut. Eine Stunde. Man kann einen Nachbarn nicht alleine lassen. Essen. Salat. Farbe. Duschabtrennung. Besuch. Schotter. Egal, irgendwie haut das hin. „Kinder, es gibt etwas später Essen.“ Ran an die Schaufel und die Schubkarre, Schotter fahren. Workout am Wochenende, Schaufel fliegen lassen. Normalerweise hätten wir das fiftyfifty aufgeteilt. Aber Ela war in Köln. So ist das nun.

Die Stunde war um, der Schotter lag nun dort, wo er hin sollte, der Besuch kam, die Farbe trocknete, die Duschtür hing, die Kinder hatten Hunger. Kochen. Frische Pfifferlinge mit Gnocchi und Salat aus dem Garten. Jim ist seit seinem Landwirtschaftspraktikum auf einer kanadischen Salatfarm unser Maitre für Salat plus Dressing. Go, go Jimmy go. Wunderbar. Ich habe die Pfifferlinge mit Kräutern und Olivenöl in der Pfanne zubereitet und mich unterhalten. Küchengespräche. Schön. Leckeres Essen. Die Hauptsache. Hält Körper und Seele zusammen. Fenster, Duschtür, egal. Morgen.

Es war ein sehr schöner Abend mit Sonnenutergang am Modellflugplatz. Weite Sicht, rote Wolkenschichten. Was interessierten mich Schotter, Fenster und Duschtür? Am Sonntag große Einladung zum Kuchenessen im Nachbardorf. In der Sonne sitzen, reden, den Tag genießen. Die große Kaffeetafel mit vielen Menschen und leckeren selbstgebackenen Torten. Landleben. Jim ist dort geblieben und ich bin irgendwann mit Zoe nach Hause gefahren. Später Nachmittag. Wir haben gemeinsam die Duschtür repariert, so, dass sie nun eine Ewigkeit und zwei Tage hält, ich habe die Fenster zuende gestrichen und danach Zoe zum Pizzaessen ins Nachbardorf eingeladen. Als wir zurückkamen waren Ela und Jens da und wir sind noch eine Runde durch den Wald gelaufen. Da wurde es schon dunkel und ich bin ins Bett gefallen… Ein wenig erschlagen. Und glücklich…

Flying Circus

Am Morgen Gedanken wie Schwalben am Himmel
die Tür öffnet sich
ein Cappuccino schwebt auf den Hocker neben dem Bett

Die Musik beginnt
Lenny
wie schön, mein tanzender Freund
einen Augenblick später
werde ich an seiner Seite sein
den Blick aus dem Fenster
durchs Tal
auf den Hügel
der Hund neben mir
tanzt mit

Es kreist
seit langem mal wieder mein Vater
scheine zur Ruhe zu kommen
vermisse ihn
den alten Filou
die schlechten Witze
das schelmische Grinsen
die Wärme
Junge

Wenn Tage wie diese beginnen
mit Tanz durch die Wohnung
gedankenumherfliegende Augenblicke
schweben
landen
aufschlagen
erheben
wünschen
sehnen
tanzen

Wochenende
irgendein Freitag Ende August
im Jahr 2012

Der Spaziergang wartet
die Jobs haben ihre Wurzeln in meinen Kopf geschickt
suchen nach Nahrung
all die Buchstaben da oben

Manchmal denke ich
vielleicht sind irgendwann alle weg
das letzte Wort ist geschrieben

Ist dann auch gut?

Manchmal geschieht es
dass mir Menschen nicht glauben

Das klingt zu schön

Was ist Wort
was ist Tat

Sprache, Sprache, Sprache

Heute ist kein Tag
einen Text zu schreiben

Die Luft
die ich atme
trägt Fragen

Diese sentimentalen Tage

killing me softly

How to say NO!

Wie ihr wisst, komme ich als Blogger aus der Richtung Frauenzeitung. Brigitte Woman, die Zeitschrift für die Frau ab 40. So eine Frau wohnt hier bei uns und so liegt hier ab und an das Magazin hier und dort. Da schaue ich dann rein und lese und finde manches gut, wenn es nicht ganz so frauenspezifisch ist. Ein Thema, das auch mich als Mann über 40 zugegebenerweise interessiert ist: FIGUR. Also meine, nicht die der Frauen über 40. Also ich meine, die natürlich irgendwie auch, aber anders. Anderes Thema. Ach. Mann. Jetzt habe ich den Einstieg vermaselt. Am Ende sollte irgendwie Brigitte-Diät stehen. Egal. Lest einfach weiter…

Letzten Winter habe ich zugenommen. In einem für mich neuen und bis dahin unbekannten Maße. Ich habe das nicht so richtig mitbekommen, weil ich bis zum Frühjahr keine Waage hatte. War nie ein Thema. Kleines Röllchen am Bauch, ein wenig joggen, etwas weniger essen und das Röllchen war weg. Nun aber war das Röllchen deutlich größer und nicht nur vorne am Bauch. Es hatte sich wie ein Stillkissen um meine Hüften gelegt und war gewachsen. Ganz von alleine.

Irgendwann dachte ich, ihr kennt das vielleicht, UPS! Dieser schreckliche Moment der Wahrheit, wenn man/frau erkennt, dass die Form geweitet ist. Selbstbild und Spiegelbild sind plötzlich nicht mehr deckungsgleich. Da steht was über. Die inneren Argumente, die versuchen den Skandal zu vertuschen, die PR-Kampagne der wachsenden Fettschicht, die einen auf „freies Essen für alle und kippt die tägliche Kaloriengrenze“ macht, das alles versagt plötzlich. Das investigative Kleinhirn schickt den Wallraff, der es schonungslos aufdeckt: Baby, du wirst dick!

Shit happens könnte man sagen. Is halt so. 47, da kann man mal auseinandergehen und die Kontrolle einstellen. Jetzt bringe ich es mal, dieses ganz bestimmte hallo. HALLOOO??? Dick? Nicht mit dem Commander. Sagt die Schaltzentrale im zentralen Nervensystem. Könnt ihr knicken. Wie sieht das denn aus? Vor allem musste ich erstmal ein halbes Vermögenn investieren, um mich mit neuer Kleidung in angemessener Passform einzudecken! Nicht mit mir! Tja, und dann ging die Luzie ab. Krisensitzung im Verdauungstrakt. Es muss etwas geschehen. So geht das nicht weiter.

Ein hier jetzt nicht näher zu beschreibendes Lebensereignis hat dann dazu geführt, dass ich die Nahrungsaufnahme drastisch heruntergefahren habe. Die Killerkilos purzelten wie die Purzelbäume und zack war ich tatsächlich 10 Kilogramm leichter. Eine enorme Summe. 10 Kilo Hantel, jaaa… Fühlte sich auch super an, obwohl mein Umfeld mich plötzlich vermehrt zum Essen einlud und was von schmal geworden und so weiter sagte. Meine Oma meinte immer Spinnewibb, was meines Dafürhaltens so viel wie Spinnengewebe heißt und wohl irgendwie für transparente Dürre steht. Da gabs dann immer einen Extraschlag Suppe, die ich nicht mochte. Mit Schweinefleisch und Fett. Kotz. Oma hats gut gemeint und war auch eine tolle Frau, aber eine wochentags miserable Köchin, weil sie drei Jobs parallel gemacht hat. Meine Oma Erna. Hab sie wirklich lieb. Hier Junge. Beim Abschied 10 Mack. In die Tasche. Kullertränchen. Ihr Spinnewibb. Wie kam ich darauf? Ah ja.

Nun waren die Kilos weg. Und ich war froh. Und ich wollte das halten, weil sich das beim Sport gut und leicht anfühlte und vor dem Spiegel einfach besser aussah. Ja, da gibt es eine gewisse Eitelkeit. Ich gestehe. Haben wir die nicht alle? Haben wir?

Ich aß also wieder und stellte fest, dass mit dem Essen die Kilos kamen. Zurück. Wo waren die? Verreist? Ich kaufte mir eine Waage, um dem mal auf den Grund zu gehen. Wog mich täglich und konnte tatsächlich den wissenschaftlichen Zusammenhang zwischen viel essen und an Gewicht zunehmen herstellen. Ein durchfressenes Wochenende bedeutete tatsächlich 2 Kilo. Peng drauf. Nee, ne? Dachte ich. Das is ja Kacke. Überleg, Krisensitzung, was tun? Da kam mir eine Idee. Weniger essen. Und? Funktioniert. Auf nix achten, außer abends nicht die fetten Scheiben Brot, sondern einfach weniger essen. In der Summe. Der essensreduzierte Ansatz. Dann habe ich gemerkt, dass das nur funktioniert, wenn man ein Wort benutzt: NO! Nein.

Denn: Hey, dieser Körper ist echt manchmal unverschämt. Lockt an den Kühlschrank, lässt die Hand ausfahren und mal eben schnell nebenbei was im Mund verschwinden. Da kann man nur tatenlos zusehen.Der wirft dauernd so ein „nur einen Happen“ oder „ich habe Hunger“ oder „ein wenig Appetit“ in den Raum. Schwupps! Kau. Schluck. Da kann man nur sagen: NO! Je öfter man das macht, desto weniger wiegt man. Genial! Genau genommen habe ich die NO-Diät entwickelt. Letztlich ist es nämlich wirklich so, dass dauerhaftes Gewicht halten von einem verlangt, das man/frau das bei uns vorherrschende Überangebot an Nahrungsmitteln mit einem Nein von sich hält. Negiert. Willentlich.

Mit dem Nein und dem inneren Willen zum Neinsagen arbeite ich nun seit einem halben Jahr und ich kann berichten, es funktioniert. Das Gewicht hat sich, ganz ohne Kalorienzählen, auf einen schönen Wert eingependelt, den man ruhigen Gewissens in der Badehose präsentieren kann. Macht Spaß, wenn nichts übers Bündchen hängt. Gibt ein nettes Körpergefühl. Ein klein wenig Lenny:)

P.S. – Selbstverständlich meine ich das wohl dosierte Nein mit Genussfaktor jenseits des Schlankheits- und Essstörungswahns.