Ich dachte.
Manchmal wohl zu viel.
Der Ehrgeiz würde mir Frieden schenken.
Das Wissen.
Das Studieren.
Der Fleiß.
Das Wollen.
Das Müssen.
Das Streben.
Das Wohlwollen der Menschen.
Die Kunst.
Das Meer.
Die Schönheit.
Die Liebe.
Nun.
jULI 2024

Landleben, Lyrik & Lebensgeschichten von Jens Schönlau
Ich dachte.
Manchmal wohl zu viel.
Der Ehrgeiz würde mir Frieden schenken.
Das Wissen.
Das Studieren.
Der Fleiß.
Das Wollen.
Das Müssen.
Das Streben.
Das Wohlwollen der Menschen.
Die Kunst.
Das Meer.
Die Schönheit.
Die Liebe.
Nun.
jULI 2024
Zirkel
zu groß
Beim Rausreiten
an die Kante gestoßen
nach verzweifelten
Tagen, Wochen, Monaten, Jahren
einem Leben
Fast
aber nur fast
verdurstet
in der Prärie
Ein Schakal
nachts
meine Wange geleckt
Vom Nordstern aus
den sicheren Weg
in die andere Richtung
verlaufen
Einem Mann begegnet
einer Frau
auf eine Botschaft gewartet
ein Signal
Den Mauerseglern gefolgt
dem Milan
Ein Nebelhorn weit entfernt
Gehen, laufen, stolpern, lieben
Kein Kompass kennt
die Richtung
geschweige denn
den Weg
Folge der Sonne
dem Mond
den Sternen
dem Gefühl
Zurück, zurück
aPRIL 2024
Einhorn
Das Einhorn bemalen
Pegasus
Peacezeichen
unter die Flügel
Aristoteles
No War
Sticker am Gewand
durch die Agora
Narrenkappe
grundlos lachen
Rednerpult im Bundestag
voller Palletten
pink
Die Straßen
Gelborange
Busse, Bahnen schweben
in Ruhe
voller Zeit
Gedanken hoffnungsfroh
Bambussprossen Richtung Himmel
Der Mond
rotglühendes Herz
Ein jedes gutes Wort
schön warm und weich
herzlich verpackt
Tisch der Gaben
sich hemmungslos bedienen
Der Schönheit fröhnen
Momente
Augenblicke
Zartheit gebend streicheln
Ach
du schöne Welt
hach
Einander küssen
schwelgen
halten
tragen
fEBRUAR 2024
Du
Schönheit
Sprache
Klang
Läufst wie Sand durch meine Finger
Jedes Korn
Feuerwerk
gesagter Satz
Stern
Mond
Du bist noch da
Küsst meine Stirn
Sitzt neben mir
liegst dort
Die Hände
Madonna
Die Haare
zur Kommunion gekämmt
Spüre dich
liebste Lou
Morgen dann
übermorgen
werden wir lachen
hemmungslos
Bis dahin
halten wir einander
fEBRUAR 24

Wie lange habe ich nicht mehr geschrieben, ohne Auftrag und Geld. Frei und selbstverliebt und schön. 2.300 Kilometer musste ich fahren, mussten wir fahren. Viveka und ich. Um in einem Freiraum zu landen.
Raus aus den Zwängen. Kein Schreibtisch am Morgen, der Ultimatives fordert. Große Gedanken, von viel Energie getrieben.
Im Kern bin ich ein Hippie, der ein wenig zu spät geboren wurde. California 69, stelle ich mir vor, wäre meine Erlösung gewesen.
Wenn es das Konventionelle verlässt, ist es mein Terrain. Obwohl mich das Konventionelle nährt und meine Spießerecke mich dort sprießen lässt. Zuhause bin ich dort nicht. Krawatten sind mir ein Graus. Sie sterben gerade aus, viel zu spät. Von den Fahnen der Ritter, von den Schildern im Kampf zu diesem Stück Stoff von Hals bis Brust verschwindend hinter dem obersten Knopf des Sakkos.
Weshalb ich das schreibe?
Weil es um Freiheit geht. Die, die ich gerade erlebe. Lhasa De Sela singt, draußen bewegt sich das Meer, wie es lustig ist. In Blautönen, unendlich vielen Blautönen und in alle Richtungen.
Die Musik, das Meer, die liebkosende Wärme auf meiner Haut küssen mich. So sollte es immer sein.
Irgendwann, in einigen Jahren, werde ich meinem Leben in Deutschland fliehen und nur noch aufs Meer schauen. Die Wellen, die Farben, das Wetter, die süßen Tomaten, all das, was man trefflich zubereiten kann, werden mich herzen.
Ich liebe Italien, ich liebe Frankreich. Dort sind die schönsten Orte, die ich kenne. Gegen all das ist Deutschland, bei aller Qualität, quadratisch, praktisch, gut. Wir haben leider keine Kultur der Schönheit. Wir sind ein unschönes Motzland. Man kann sich nur auf Inseln retten. Man muss sie finden, die Oasen in Deutschland. Nun.
Ich habe eine lange Geschichte in Italien.
Die fängt an, da war ich noch nicht geboren. Mein Vater und Hausmanns Willi fuhren mit einem Ford über die Alpen. Das war Mitte der Fünfziger. Der Vater meines Vaters, ein überzeugter Nationalsozialist, war nach Gefangenschaft in Russland und Entnazifizierung durch Holzfällen entkräftet an Auszehrung und Darmkrebs gestorben. Mein Vater hatte ihn gepflegt und war dann, die Duplizität der Ereignisse, wie ich nach Italien geflohen.
Wie Goethe. „Auch ich in Italien“. Ende der Achtziger hatten wir im Germanistik-Studium die Italienische Reise bearbeitet und waren ihr gefolgt. Unglaublich. Unser Prof, Schmidti, fragte uns: Wollt ihr die Reise machen? Und wie. Er besorgte einen VW-Bus und wir fuhren sechs Wochen lang auf Goethes Spuren. Wie Goethe am ersten September gestartet. Insbruck, Gardasee, Malcesine, Verona, Vicenza, die Villa Rotonda, Venedig. Den Apenin entlang, Perugia bis Rom und Neapel und Paestum und wieder zurück über Siena, Florenz. Immer auf den Spuren der Renaissance, der Wiedergeburt. Andrea di Palladio, Guido Reni, Michelangelo. Alle. Du gehst in Venedig in eine Kirche und sie hängen dort. Caravaggio. Die Farben. Diese Rottöne, das Blau, das Grün und die Gesichter voller Gefühl. Bislang habe ich es nicht in die Uffizien geschafft. Dort muss ich noch hin.

Wiedergeboren.
So fühle ich mich hier. Das erste Mal bis runter nach Kalabrien. Die Autostrada de Sol entlang, dann die Autostrada de Mediterrano.
Wie sehr die Dinge miteinander verknüpft sind. Kürzlich das van Gogh Museum in Amsterdam, die Orangerie in Paris, die Impressionisten. Monet, Manet. Die Normandie, Fecamp, Etretat. Puzzleteile einer wunderbaren Geschichte. Würden wir in Europa einfach nur begreifen, woher wir kommen.
Jetzt läuft Lhasa De Sela.
Gleich werde ich ein Risotto kochen. Später werden wir Schnorcheln.
Leben ist eine Begegnung der Ereignisse. Manche Dinge können wir steuern und dorthin führen, wo wir hin wollen. Manche Dinge sind Glück. Manche Dinge geschehen einfach.
Wie auch immer, jetzt höre ich Lhasa De Sela und schreibe und schaue aufs Meer.
C’est tout.