Wie gemütlich ist das denn…

Heidanei. Wieder Zuhause. Liege auf meinem Bett und höre Musik und schaue Fotos. Von Schiermonnikoog. Mehrere hundert sind es geworden. Hier ist es ausgesprochen gemütlich. Der Ofen bollert, Zoe und Jim haben sich in ihre Zimmer zurückgezogen, Herr Cooper chillt. Es läuft neue Musik. Denn: Ich bin verwöhnt worden. Wieder. Geschenke. Als ich zurückkam, lagen zwei Umschläge im Briefkasten. In jedem war eine gebrannte CD. Wie ich das liebe. Wenn sich jemand die Mühe macht, Musik zu brennen und zu verschicken. Nunja, nicht jemand. Jemand besonderes. Das ist besonders. Wenn die Musik dann noch so passt. 150%. Mehr geht nicht. Basta.

Gerade höre ich Mouse on Mars. Auf der CD ist auch Kammerflimmer. Und dann ist da noch Burnt Friedmann. „nonplace urban field„. Die Musik hätte ich auf meinen Strandwalks gerne auf den Ohren gehabt. Das Licht, die ziehenden Wolken, die Weite, die Musik. Wäre gut gekommen. Aber: Ich habe keinen MP3-Player. Und mag die Natur pur auch sehr. So. So it is.

Jetzt trinke ich hier also Cappuccino, freue mich über die Musik, über die Zeit für mich, meine Gedanken, die in die Ferne schweifen, die Wärme, den Wind draußen vorm Fenster, die Sonnenstrahlen, die auf dem Boden tanzen und die vielen Fotos. In erster Linie vom Strand. Dieser Strand ist einfach unermesslich groß. Dieses Licht. Unbeschreiblich. Diese Weite. Diese Motive. Schauspiele. An einem Morgen gehörte der gesamte Strand Cooper und mir allein. Das war… Wir waren die Straße zum Strand rauf gejoggt. Vorbei am Leuchtturm, den Weg durch die Dünen entlang. Hinter dem Leuchtturm eine dunkle Wolke, aus Richtung Strandcafe die aufgehende Sonne über den Dünen. Das Licht so klar, alles scharf umrissen, perfekte Ausleuchtung. Die Dünen leuchteten, das Dünengras war so grün, die Vögel zeichneten sich scharf ab, die Wellen, die Brandung. Ah. Natürlich hatte ich keine Kamera dabei und habe mich auch entschieden, den Moment zu nehmen.

Ich hatte nur kurz laufen wollen, habe dann aber alles genommen, was sich mir bot. Den ganzen Strand entlang bis zum Strandcafe. Nicht umdrehen, nicht umkehren. Mitnehmen, was geht. Keine Kompromisse. Keine Halbheiten. Das volle Leben. In diesem Jahr hätte ich gerne einen besseren Gehirnspeicher, der all das, was so schnell geschieht, in HD und Breitband abspeichert. Gut, dass ich den Blog und facebook habe. Manchmal gehe ich da rein und scrolle durch mein Leben. Sehe die Fotos,lese die Geschichten, erinnere. Hier nun weitere Fotos zum Schiermonnikoog-Aufenthalt, damit nichts in den Tiefen der digitalen und analog-humanoiden Erinnerung verloren geht.

Euch wünsche ich ein schönes Wochenende und Spaß an den Fotos und eventuell auch an der Musik. Ciao.

Und noch ein Song aus aktuellem Anlass:) Grins. Für alle Bräute und Bräutigame dieser Welt. Be happy…

Boots-Blogging…

Ihr Lieben. Es ist aus.

Urlaub vorbei, wir sitzen auf dem Boot, haben W-Lan, alle surfen, telefonieren, bearbeiten Fotos, ich blogge. First time on a boat. Jetzt geht es noch nach Groningen. Dort werden wir eine Freundin von Zoe besuchen. Ihre beste Freundin. Jim fotografiert mit meiner Kamera die nasse See. Es regnet.

Oh, es war schön. Gestern haben die drei Jens gekocht. Then they were three. Wie an meinem Geburtstag. Für 14 Leute kochen ist schon lustig. Wir waren vorher einkaufen und selbstverständlich ein Bier trinken im Hotel van de Werff. Zugegeben, es waren zwei.

So, jetzt muss ich hier zu Potte kommen. Der Akku verabschiedet sich und gleich ist die Überfahrt dann auch zu Ende. Herr Cooper liegt zu meinen Füßen, die Nase auf meinem Schuh, und freut sich auf Zuhause. Ihm war es wenig viel mit so vielen Menschen.

Just eat it:)

Oh, es ist Orange. Arancia. Habe ich heute Morgen geöffnet und gleich kam mir ein Hauch Italien entgegen. Orangenpastillen. Die stehen in Levanto im Casino-Markt direkt neben der Kasse. Rechts. In vielen Geschmacksrichtungen. Orange scheint mir dann doch Italien am besten wiederzugeben. Memorieren. Da war dieser Satz, der mir so besonders gefallen hat. Von Wolfgang. Johann-Wolfgang. Der war auch dort, in Italien. Hat sich weggeschlichen damals im September, ist über die Alpen geflohen. Der Sack. Auf und davon. Hat seine Kohle genommen, die er mit dem Werther verdient hat und hat von Weimar rübergemacht. Alpen, Wetterscheide. „Auch ich in Arkadien.“ Schäferidyll. Der Satz lautete in etwa: „Der Gärtner deckt getrost das Glashaus der Zitronen und Orangen zu.“

Jetzt hab ichs gegoogelt: „Der Gärtner deckt getrost das Winterhaus | Schon der Citronen und Orangen ab.“ Besser. Johann halt.

So allmählich. Abdecken. Da müssen mir die Arancias helfen, mich mit ihrem Geschmack durch den Winter zu tragen.

Das #vernazzafloodbook von Andrea Erdna Barletta

Vernazza. Immer wieder Vernazza. Das Dorf lässt mich nicht los. Erst recht nicht seit der Flutkatastrophe am Tage des 25. Oktober 2011, als der Himmel über Vernazza brach und in wenigen Stunden die halbe Regenlast eines ganzen Jahres niederging. Das Wasser aus den Bergen sammelte sich. Ab 15 Uhr war die Hauptstraße des für mich schönsten Cinque Terre-Ortes ein reißender Fluss. Um 18 Uhr hatte dieser Fluss eine Höhe von rund drei Metern erreicht. Aus den Bergen kam Schlamm, es wurden Autos mitgerissen. Die Macken an den Häusern sind überall zu sehen. Das Dorf wurde durch Schlamm geflutet, teilweise wurden Häuser weggerissen.

Dieses Jahr war ich während des Levanto-Urlaubs oft in Vernazza. Als müsste ich dort sein, um meine Verbundenheit zu zeigen. Ein Mal bin ich mit dem Fahrrad hingefahren. Von Levanto den Berg rauf, am Kloster vorbei, die Küstenstraße hoch über dem Meer entlang bis nach Vernazza runter. Die Straße ist gesperrt. Überall sind Teile abgebrochen. Schneisen der Verwüstung haben sich in die Landschaft gegraben. An einer Stelle lagen plattgewalzte LKW flach am Boden. Die Räder von sich gestreckt, die Aufbauten weggerissen. Boote hingen noch in Büschen, ein Baucontainer lag irgendwo – neben den Häusern im Tal, die teils rechts und links umspült worden sind. Was muss das für ein Gefühl gewesen sein. Der Tag der Sintflut.

Einen Abend waren wir mit allen plus Freunden in Vernazza. Wir waren von Corniglia die Küste entlang gewandert, waren vorne am Anleger schwimmen und springen. Wir haben uns Pizza besorgt und Bier und haben gelacht, getobt, den x-ten Sonnenuntergang gesehen und Vernazza genossen, wie man nur Vernazza genießen kann. Elegant gekleidete Menschen auf der Straße, die unter den bunten Sonnenschirmen von Gianni Franzi oder im Gambero Rossi essen. Beim Vorbeigehen spinxe ich gerne auf die Teller und sehe, wie Köstlichkeiten Stück für Stück verschwinden.

Auf dem Weg vom Anleger ins Dorf bin ich in der Ausstellung von Andrea Erdna Barletta gelandet. Ein Grafiker und Fotograf aus Levanto, der die Folgen der Katastrophe und die Aufräumarbeiten dokumentiert hat. Irre Fotos. Ausgestellt in einem kleinen Raum im Hafen von Vernazza. Hoffnung und Verzweiflung. Der Helfer, der im Schlamm eine italienische Fahne findet und sie an eine schlammverschmierte Fassade in die abgerissenen Kabel hängt. Feuwehrleute, die verschüttete Türen aufschneiden. Immer mit der Angst, sie könnten jemanden finden, der es nicht geschafft hat oder aus den Bergen hinabgespült wurde. Das Foto der beiden jungen Frauen mit Mundschutz. Große Gummihandschuhe an den Händen – die eine küsst der anderen auf die Stirn. In den Augen ist das Lächeln zu sehen, die Freude, der Zusammenhalt. Teilweise seht ihr die Bilder oben auf dem Foto mit Andrea Erdna Barletta im Hintergrund. Einige Fotos gibt es auf Flickr zu sehen. Nicht nur von den Aufräumarbeiten, sondern auch von den Aktionen, die die bösen Geister der Vergangenheit vertreiben sollen. Unter anderem ein riesiges Mandala, dass die Bevölkerung geschaffen hat. Ein Foto das zeigt, wie die Zukunft Vernazzas aussieht. Bunt, lebendig, froh, mit dem Lächeln dieses Ortes. In Vernazza wird viel gelacht, gelächelt…

Copyright Jens Koch. 2012. (Danke, Jens:) )

Ich habe mich mit Andrea Erdna Barletta unterhalten, habe sein Buch gekauft. Der Erlös kommt www.vernazzafutura.it zugute. Eine schöne Aktion, um irgendwie die 80.000.000 € rein zu bekommen, die die „Alluvione“ im Meer versenkt hat. Ich habe ihm versprochen, über die Aktion zu bloggen. Er hat mich, uns, fotografiert, ich habe ihn fotografiert (oben). So kann ich ein wenig mehr für Vernazza tun. Hoffentlich. Der Spendenbutton ist weiter auf der Startseite für die, die noch nicht haben und gerne möchten. Wer auf facebook ist, kann die Aktion mit einem „Gefällt mir“ auf der Seite „Libro: Alluvione a Vernazza“ unterstützen. es geht weiter…

Ein geschenkter Abend in Vernazza

Wie schön kann schön sein? Lässt sich Glück greifen? Darf man vom Leben die Superlative erwarten? Was passiert, wenn man überverwöhnt wird?

Vernazza. Ihr wisst. Meine stille, laute Liebe. Der Ort, der im letzten Jahr durch eine Regenflut teils verschüttet wurde. Schlammlawinen mit Autos und Teilen von Häuser hatten sich durch die Hauptstraße in den Hafen gezwängt. 80.000.000 Euro Schäden. Würde Vernazza wieder auferstehen? Si. Naturalmente. Vieles ist für den Sommer übergetüncht, überall sind die Schäden zu sehen, aber das Leben präsentiert sich, als wäre nichts geschehen.

Samstag, 28. Juli 2012. Ich werde unruhig. Will nach Vernazza. Vorne auf den Anleger, auf den Lieblingsfels. Boardshorts an und von der Hafenmauer springen. Zum Felsen rüber, rauf, runter. Den Sonnenuntergang sehen, Pizza essen, ein Bier trinken. Als ich mit den Kids ankomme, ist die Stadt voller Polizia und Carabinieri. Eine Polizeispur bis zum Anleger. Baden unter Polizeischutz. Irgendetwas ist los, im Busch. Ein spätes Ausflugsschiff kommt. Zwei Polizisten warten am Anleger, zwei stehen im Hintergrund, da sind auch noch Zivilbeamte. Neben dem Ausflugsschiff ein Polizeiboot. Gebannte Blicke. Was passiert? Werden wir Zeugen einer Verhaftung? Geht da irgendjemand von Bord, auf den ein längerer Aufenthalt bei Wasser und Brot und Tütenkleben wartet?

Das Boot legt an, die Landungsbrücke wird ausgefahren. Viele Menschen steigen aus. Mit Instrumenten. Geigenkoffern. Mafia? Sind da Waffen drin? Die Polizisten schauen immer wieder zu uns auf den Felsen. Hä? Hey, wir haben nichts gemacht. German Tourists. Just swimming, eating, sitting, having a beer. Ach so. Die schauen auf die hübschen Hippiefrauen aus Vernazza hinter uns. Die sitzen dort oben ohne mit gepiercten Brustwarzen. Dann kann der Polizeieinsatz ja nicht so dramatisch sein, wenn für solche Blicke Zeit bleibt.

Die Situation ist entspannt. Dort kommt ein Orchester. Klar, da stehen ja die Stühle. Viele Stühle. 70. Aber weshalb die Polizei? Später erfahren wir, dass es das Palestinian Youth Orchestra ist, das dieses Polizeiaufgebot ausgelöst hat. Junge Musiker/innen in Bademode, Flip Flops. Mit Sonnenbrillen, lachend. Das Orchester formiert sich. Direkt auf dem kleinen Platz am Meer unterhalb unseres Affenfelsens. Die Sonne geht unter, die Musik beginnt.

Ups. Ein Sinfonieorchester, komplett besetzt bis zur Triangel. Solisten, eine Sängerin. Die können was. Jugendorchester hört sich vieleicht nach Kompromiss und schiefen Geigentönen an. No! Kein schiefer Ton, im Gegenteil, schöne, schöne Musik. Im Hintergrund geht die Sonne unter und das Meer platscht leicht an die Kaimauer. Was für eine Stimmung. Wir hören Beethoven, Al Yamani, Delibes, Dvořák, Azmeh und Rimsky-Korsakov.

Wir hatten Glück. Waren zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Das Konzert war das Highlight des 21. Levanto Festival Massimo Amfiteatrof. Ich denke, Levanto hat dieses Konzert nach Vernazza verlegt, um den Nachbarort zu unterstützen. Die Menschen der Region halten zusammen. Auf Fotos ist unser Campingplatzchef Marco zu sehen, wie er Schlamm aus einem Haus in Vernazza schleppt. Eine Bekannte aus Levanto hat nach der Flut Menschen aus Vernazza aufgenommen, die evakuiert wurden.

Und nun das. So ein Abend. Eine solche Musik. Eine solche Atmosphäre, die alle Gedanken an Flut und Schlamm wegwischt. Ein Seelenpflaster. Was für ein Ort. Geschenkte Zeit, wieder einmal eingebrannte Erinnerung in Bildern.