Achtung Achtsamkeit!


Das Leben läuft schnell. Oder langsam. Oder so, wie wir es wollen. Sind wir der Spielball oder sind wir der Master. In letzter Zeit war ich Spielball. Habe zu viel in zu kurzer Zeit gewollt, bin mit dem Kopf durch die Wand gegangen. Oder habe es scheiternd probiert. Widder, Horntier. Am Wochenende hatte ich zwei lange, gute Gespräche mit Ela. Wir mussten uns mal wieder fokussieren, uns mit uns beschäftigen. Das haben wir getan in Elas Zimmer. Draußen tobten die Kinder auf dem Trampolin. Während des Gespräches, das ich so mit keinem anderen Menschen auf der Welt führen könnte, fiel oft das Wort Achtsamkeit.

Nun klingen solche Gespräche nach, weil sie alles berühren. Den Körper, die Seele, den ganzen Menschen, den Alltag, die Ziele, die Visionen, die Hoffnungen, die Leidenschaft, das, was zu tun ist. Das Schöne daran ist, das sich die Banalität auflöst. Der Blick ändert sich, die Wahrnehmung. Heute Morgen war ich mal wieder mit Cooper und der Kamera in der Frühlingssonne unterwegs. Kürzlich hatte ich in ähnlicher Sonnenaufgangskonstellation ein Foto von einem gespaltenen Baum geschossen, in dessen vermonderndes Inneres die Sonne schien. Ein Gold-Orange-Grün-Kontrast. Weil ich an dem Tag in Eile war – bloggen, Hund, Arbeit, Wohnung, 1.000 Sachen – hatte ich es schnell, schnell geschossen. Es war nicht so, wie ich es wollte. Am Ende. Ich habe es in Photoshop nachbearbeitet, so gut ich das kann, und auf meine Facebook-Foto-Pinwand geheftet.

Auf dem Foto war es mir nicht gelungen, zum Wesentlichen vorzudringen. Ich wollte das Licht, das Leuchten in der Mitte fokussieren. Nun fehlt mir leider die fotografische Ausbildung. Die technische Seite. Das Verstehen des Zusammenspiels von Blende, Zeiten, Fokus. Als Seelenmensch scheue ich mich da auch, weil ich nicht in die Ratio will. In die Zahlen. Verbocktes Hornvieh. Glaubenssätze, selbstverschuldetes Hindern, innere Programmierung. Manchmal möchte ich meinen Kopf wie eine Tafel reinwaschen. Den Kreidestaub mit einem dicken nassen Schwamm wegwischen.

Vor Kurzem hatte mir Ela einen Tipp gegeben. Sie hat Fotografieren im Studium richtig gelernt. Ein kleiner Hinweis. Dreh mal an dem Kranz vorne am Objektiv. Sie kann so etwas so feinfühlig sagen, unterbringen. So unaufdringlich. So achtsam. Heute Morgen nun war ich wieder an dem Baum. Wieder schien die Sonne durch den Spalt, gleiches Farbenspiel. Ich habe mir Zeit genommen, habe ausprobiert und konnte das Licht einfangen. Ihr habt das Foto oben gesehen oder seht es gerade.

Zeit des Frühlingserwachens. Die Natur verändert sich. Der Mensch ist Natur. Der Mensch ändert sich. Die Samen brauchen einen Temperaturimpuls, um zu keimen. Die Menschen brauchen Licht. Glaube ich. Deshalb mein Wunsch, die Mitte des Baumes einzufangen. Mit dem Licht erwacht der Stoffwechsel neu. Die Vitamin D-Produktion in unserem Körper zum Beispiel braucht Licht. Unser Geist braucht Licht. Frühlingserwachen. Ein Stück von Frank Wedekind und der Titel eines Werbeblättchens, das bei uns auf dem Küchentisch liegt. Erwachen bedeutet aber nicht nur, die körperlichen Systeme hoch zu fahren, sondern auch einen psychischen Frühjahrsputz hinzulegen. Hat sich viel Staub angesammelt in den dunklen Monaten. Jetzt ist es an der Zeit, mal wieder genauer hinzusehen, die aktivierten Lebenskräfte in die Achtsamkeit zu führen. Nachfühlen, was wichtig ist. Wer wichtig ist. Was zu tun ist. Die Reise beginnt wieder von Neuem. Die immer wieder gleiche Reise. Sehen, was da ist. Sich darüber freuen, was da ist. Das Gute sehen durch den achtsamen Blick. Handeln. Bewahren.

Viel Spaß dabei. Wünsche euch einen leuchtend hellen Tag:)

Macht mal medienfrei!

Am Wochenende habe ich medienfrei gemacht. Kein Polit- und Katastrophen- und Streit- und Panik-Input. Aus. Peter Lustig von Löwenzahn hat das immer so schön am Ende der Sendung gesagt. “So, und jetzt ausschalten.” Was momentan schon wieder ein Statement wäre. Ich habe mich entschieden, erst einmal vor der eigenen Haustür zu kehren. Hier wartet so viel Arbeit. Deshalb habe ich Holz gespalten und unseren Hausabfluss freigelegt, der einer Dichtigkeitsprüfung unterzogen werden muss. Es gelangt in unserer Gemeinde zu viel Regenwasser in den Kanal, wodurch zu viele Wasser geklärt werden muss, das eigentlich gar nicht schmutzig ist. Jedes Haus muss nun seinen Anschluss prüfen und in Ordnung bringen. Das Rohr verläuft über zwanzig Meter in zwei Meter Tiefe durch unseren Garten. Das kann noch lustig werden…

Am Dach sind Reparaturen zu erledigen und zwei Fenster sind zu reparieren und zu streichen. Bei dem schönen Wetter macht das richtig Spaß, da draußen in der Sonne herumzuwirtschaften. Vor allem, weil hier auf dem Land am Samstag alle draußen sind und irgendwelche Arbeiten ausführen. Großer Heimwerkertag. Sägen singen, Traktoren brummen durch die Gegend, es wird gehämmert, gebohrt, die Kinder wuseln mittendrin herum… Und irgendwann stehen die Nachbarn zusammen, es wird vom Tag berichtet, von den Problemen, Erfolgen, technischen Lösungen. Heimwerkerlatein.

Gestern haben wir dann einen Ausflug in die Hansestadt Attendorn unternommen. Die heißt tatsächlich so. Fragt mich bitte nicht nach den historischen Zusammenhängen. Attendorn liegt am Biggesee und hat viel Industrie. Vielleicht wurde der Biggesee genutzt, um Güter bis zur Bahnstrecke Frankfurt-Dortmund zu transportieren. Oder so. Attendorn hat eine nette kleine Altstadt. Wir haben in der Sonne gesessen auf einer Bank, die Köpfe wie die Gänseblümchen (bald kommen sie wieder) ausgerichtet, Eis geschleckt und Milchshakes geschlabbert. Wir sind zum Biggesee gefahren, spazieren gegangen und haben am Ufer auf Rindenmulch gelegen. Licht, Sonne, Wärme. Strand. Ein wenig wie Urlaub. Alles gut. Italien ist gebucht. Der Rest: weit weg.

Mir hat es gut getan. Die letzte Woche war mir einfach zu anstrengend. Weil ich mich im Blog auf die Themen eingelassen habe, musste ich natürlich noch mehr lesen und recherchieren. Was für ein Sumpf. Diese Woche werde ich mich wieder mehr den Landthemen widmen. Der Schönheit der Dinge.

Euch eine schöne Woche. Vielleicht macht ihr auch mal kurz medienfrei. Ich denke, das ist gut für das Seelenheil und schützt vor all zu düsteren Gedanken. Die bringen der Welt auch nichts… So, und jetzt Computer aus:)

Libyen, Yen, Fukushima und die Liebe

Was für eine Woche. Atemlos. Aber: Es kommt eine merkwürdige Hoffnung auf. An allen Ecken und Enden wird gearbeitet, gemacht, getan. Die Journalisten/innen hier im Lande schreiben sich die Finger wund, die Blogger/innen versuchen, zu fassen, was nicht zu fassen ist. Gaddhafi hat die Woche genutzt, um zu metzeln. Die Bilder sind hinter den explodierenden Reaktoren von Fukushima verschwunden. Der Sieg über die Menschen, die sich dem Diktator entgegenstellen, steht kurz bevor.

Oder doch nicht? Der UN-Sicherheitsrat hat eine Resolution verabschiedet, die zur direkten Intervention ohne Einmarsch berechtigt. Die USA, Großbritannien und Frankreich haben sich entschieden, dem Treiben nicht länger zuzusehen. Rußland und China haben sich enthalten und von ihrem Vetorecht keinen Gebrauch gemacht, Deutschland will nicht dabei sein und nicht in einen Krieg verwickelt werden. Ein weiterer Krieg? Ägypten versorgt die Rebellen über die Grenze hinweg mit Waffen – in Abstimmung mit den USA. Mehr Waffen bedeutet, dass mehr Menschen sterben werden. Der allgemeine Tenor zur UN-Resolution: Endlich! Die arabische Liga steht hinter der Resolution, wollte sie. Die Rebellen feiern. Hier ist das letzte Wort der Geschichte noch nicht gesprochen.

Nächste Baustelle: Japan. Neben Fukushima ist es die Währung, die Sorge bereitet. Weil für den Wiederaufbau so viel Geld benötigt wird, ist der Kurs des Yen auf Rekordhöhe gestiegen. Das verteuert japanische Produkte und macht sie auf dem Weltmarkt unattraktiver. Was für ein unmenschlicher Mechanismus. Das ist, als würde man auf einen am Boden Liegenden einschlagen. Aber auch hier hat sich die Welt entschieden, einzugreifen. Spiegel Online meldet: “Japan, die USA, Großbritannien, Kanada und die Europäische Union verkauften daraufhin in einer koordinierten Aktion große Anteile der japanischen Währung und kauften zugleich Anteile am Dollar. Die Intervention zeigte sofort Wirkung: Der Yen verlor bereits nach der Entscheidung an Wert.” Eine solche Aktion hatte es lange, lange nicht mehr gegeben. Kleines Aufatmen in Japan. Ein Zeichen.

Und auch in Fukushima kommt Hoffnung auf. Scheinbar breitet sich die atomare Versuchung nicht aus. Zumindest nicht über das Land. Heißt es. Zudem ist ein Starkstromkabel gelegt worden, mit dem die Kühlung teilweise repariert werden soll. Feuerwehrmänner aus Tokio helfen zusätzlich, mit Wasser zu kühlen. Es könnte noch einigermaßen gut ausgehen. Bleiben wir dran. Denken wir an die Menschen und Helfer/innen vor Ort. Ich weiß, es klingt naiv, aber Glauben versetzt Berge und gibt Kraft. Kerzen. Schweigeminuten. Denken, mitfühlen, Kraft und Energie senden. Das ist das Mindeste, was wir tun können. Bitte.

Und plötzlich bewegt sich etwas in Deutschland. Ich habe meinen Augen nicht getraut, als ich eine Meldung las, in der stand: Vielleicht steht die Atomkraft in Deutschland komplett vor dem Aus. Angeblich gibt es Pläne des Bundesumweltministeriums, die Sicherheitsauflagen für Atomkraftwerke so eng zu fassen, dass sich ein Betreiben nicht mehr lohnen würde. Die Zeit zitiert die ARD. Hier der Link zum Zeit-Artikel. Ist so ein Gedanke in der Luft, ist schwer gegen ihn anzukommen. Ich erinnere an den Fall der Mauer, der für unmöglich gehalten wurde. Es gibt andere Beispiele.

Es bewegt sich was. Die Menschheit reagiert. Lebt. Zeigt teilweise Einsicht und Verstand. Ich habe für mich eine Theorie, die banal klingt, mir aber hilft, Entscheidungen zu treffen. Die Dinge müssen Sinn machen. Die greift nicht immer – in Libyen zum Beispiel momentan noch nicht. Aber in Japan und Deutschland greift sie. Es macht Sinn, an die Menschen zu denken. Es macht Sinn, alles zu tun, um die weitere Eskalation der Reaktorkatastrophe zu verhindern und es macht in Deutschland Sinn, die Gefahr einer Atomkatastrophe abzuschalten. Es macht sogar doppelt Sinn, weil wir dadurch unsere Kraft in die Entwicklung neuer Energietechnologien stecken. Nach Japan braucht die Welt Ideen und Innovationen, weil sie einen dunklen Schritt weiter ist. Die Hand auf der Herdplatte, mehr als die Finger verbrannt. Das macht keinen Sinn. Ich persönlich möchte, dass Deutschland mit seinen Möglichkeiten hier der Welt nutzt und nicht in einem Krieg in Libyen. Lasst uns dran bleiben. Friedlich. Und sogar, ein merkwürdiges Wort in dieser Zeit: liebevoll. Ich habe in die Überschrift das Wort Liebe einfach reingeschrieben. Damit sie nicht vergessen wird. Bei allem. Nächstenliebe.

Ende der Gemütlichkeit

Gestern kam Jim mit leuchtenden Augen aus der Schule nach Hause. Ich hatte am Morgen den Text über das Mitgefühl für die Menschen in Japan geschrieben. Er sagte: “Papa, die ganze Klasse fährt nach Berlin zum Demonstrieren.” Sie haben das gestern organisiert. Die Schüler und Schülerinnen der achten Klasse. Aus der Schule heraus per Handy Sponsoren gesucht, die den finanziellen Part übernehmen, die Reisekosten. Für Morgen haben sie den Handarbeitsraum bei der Handarbeitslehrerin gebucht, um Stoffe in Spruchbänder umzunähen. Jim hat aus dem Internet das Zeichen für Radioaktivität heruntergeladen, um daraus Schablonen zu fertigen. Hat unseren Werkzeugkasten geplündert, den Tacker geladen, um die Stoffe an Latten fest zu tackern. So engagiert, tatkräftig und begeistert habe ich ihn lange nicht gesehen.

Ich habe ihn gefragt, weshalb sie nicht nach Köln fahren, wo auch eine große Demonstration stattfinden wird. Seine Antwort: “Wir wollen vor dem Reichstag demonstrieren, dort, wo die Gesetze gemacht werden.” Letztes Jahr haben wir mit ihm den Reichstag besichtigt, nun wird er davor gegen Atomkraft demonstrieren. Zoe will nach Köln. Die Kids haben die Nase voll. Sie wollen nicht in einer Welt mit Atomkraftrisiken leben. Jims ganze Klasse fährt. Alle 38 Schüler und Schülerinnen. iPod-Generation? Unpolitische Generation? SchülerVZ-Generation?

In den letzten Jahren sprachen Trendforscher vom Rückzug ins Private, von Cocooning und Homing. Die Menschen blieben Zuhause in den eigenen vier Wänden und versuchten, es sich schön zu machen. Der Absatz von Multimedia- und Homekino-Centern schnellte in die Höhe. Die Fernseher wurden immer größer. Fußballfelder in Originalgröße. Und jetzt das. Die Welt wankt, bricht, stöhnt auf, zerwirft, zermalmt. Kein Stein steht mehr auf dem anderen, die Nachrichten aus der Welt überschlagen sich. Was in normalen Zeiten tagelang die Titelseiten geprägt hätte, tritt nun bescheiden in den Hintergrund. Libyen, Bahrein, die Zerschlagung eines Kinderpornorings mit Befreiung von 230 Kindern (Spiegel Online), Euro-Krise. Was machen eigentlich Tunesien und Ägypten? Irak? Afghanistan?

Wer sich das alles auf der Wohnzimmer-Großleinwand reinzieht, der dürfte schlaflose Nächte erleben. Mir persönlich reichen schon die Spiegel Online-Berichte. Ende der Gemütlichkeit. Die Welt ist gerade aus den Fugen geraten. Japan ist um drei Meter verschoben, zwei Erdplatten haben sich über- und untereinander geschoben. Ein starkes Bild für das, was gerade historisch passiert. Dieses Jahr 2011 hat seinen Platz in den Geschichtsbüchern sicher. Es wird dann im Rückblick auch das Jahr gewesen sein, in dem die Anti-Atomkraftbewegung in Deutschland massiv an Zuspruch gewonnen hat. So viele sind in Bewegung, werden in Berlin sein. Das freut mich. Sehr. Es tut sich was.

Dennoch hoffe ich, dass da nicht zu viel Zorn freigesetzt wird, der sich dann wieder woanders entlädt. Mit ist gerade zu viel Dynamik im Spiel. Überall auf der Welt. Bahnbrechende Energien. 2011 wird am Ende vieles verändert haben. Ich hoffe, es wird besser sein als vorher. Damit es so sein wird, wünsche ich mir Besonnenheit. Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit auch in Deutschland. Eine Kultur der Achtung. Ich weiß, viele haben auf die Gelegenheit gewartet. Und ich habe das Leuchten in Jims Augen gesehen. Der Wunsch ist da, jetzt etwas zu tun. Das soll auch geschehen. Aber: Mit einem Gefühl der Liebe, die über allem liegt. Das mag butterweich klingen, ist aber mein voller Ernst. Jim werde ich das mitgeben. Oder ich werde mit ihm fahren. Ich weiß es noch nicht…

Apocalypse, NO!

Die Bilder aus Japan sprechen eine eigene Sprache. Was hier geschehen ist und gerade geschieht, ist einfach unvorstellbar. Gestern gab es teils auf Spiegel Online keinen einzigen Bericht zur Lage in Libyen. Ehrlich gesagt, zurzeit herrscht in meinem Kopf Chaos. In kann das alles nicht mehr denken und verarbeiten. Erinnert ihr euch an das Jahr 1999? Damals war die größte Sorge, dass wir ein Millenium-Problem bekommen und überall auf der Welt mit 01.01.2000 die Rechner abstürzen und ein Amargeddon über uns und die Welt kommt.

Es geschah nichts. Zunächst. Dann fielen die Türme, der Neue Markt brach zusammen, die Aktienkurse weltweit, die Wirtschaft ging in die Knie, die Kriege in Afghanistan und im Irak begannen, die Lehmann Brothers gingen pleite, die amerikanische Immobilienblase platzte, die Finanzkrise begann, in Tunesien kam es zu Unruhen und zum Machtwechsel, in Ägypten ebenso und nun bombardiert Gaddhafi sein Land. Und nun: Erdbeben, Tsunami, Nuklear-Katastrophe in Japan. Und was passiert in Deutschland? Wahlkampf. Die einen versuchen zu retten, was zu retten ist, die anderen hauen auf ihre Gegner ein. Baden-Württemberg.

Derweil versuchen 50 Menschen in Japan, Fukushima vor dem letztendlichen Durchzünden zu bewahren. Ich glaube, die opfern sich gerade. Den Fotos und Berichten nach kann ich mir nicht vorstellen, wie die da ohne Strahlenschäden rauskommen wollen. Derweil suchen Rettungstrupps weiter nach Überlebenden und ich kann mir vorstellen, wie sich die anderen Menschen in Japan fühlen. Würde ich mit Ela, Zoe und Jim da wohnen und wüsste nicht, ob wir nun verstrahlt werden oder nicht, herrje.

Was können wir tun? Ich denke, wir sollten viel Mitgefühl zeigen und unsere Wut und unseren Zorn in Grenzen halten. Wut und Zorn kann die Welt momentan nicht noch mehr gebrauchen. Es ist jetzt an der Zeit, mehr denn je zusammenzuhalten. Auch in der Politik. Auch in Zeiten von Wahlkämpfen. Es soll jeder für sich an der Urne entscheiden, was das alles bedeutet. Wir leben in einem demokratischen, aufgeklärten Land, da muss jetzt nicht jede Partei lauter und lauter schreien während die Toten in Japan noch nicht begraben sind und weitere Menschen sterben. Wir sollten die Fahnen auf Halbmast ziehen, wir sollten Schweigeminuten für die Opfer und die Helfer einlegen und ja, wir sollten beten und viele gute Wünsche senden. Kraft, Mut, Mitmenschlichkeit. Deutschland steht momentan nicht ganz oben auf der Liste des Interesses. Japan steht dort und Japan sollten wir mit aller Kraft unterstützen. Was sind wir sonst für Menschen?

Ich für mich habe entschieden, mich auf die 50 Retter/innen im AKW Fukushima zu konzentrieren. Ihnen meine Kraft und Energie zu senden. Als ein Freund von mir vor vielen Jahren nach einem Autounfall um sein Leben rang, haben wir, seine Freunde, Kerzen in unsere Fenster gestellt. Wir haben an ihn gedacht und versucht, ihn zu halten. Die Beatmungsmaschinen sollten schon ausgestellt werden, als er im letzten Augenblick unter höchster Lebensgefahr in eine andere Klinik mit anderen Lungenmaschinen geflogen wurde. Er hat überlebt. Klar, wegen der Maschinen. Aber auch, weil sich die Ärzte entschieden haben, die Verantwortung für den Transport zu übernehmen. Und da glaube ich, hat unsere Kraft gewirkt. Glaube ich. Das kann jeder für sich sehen, wie er will. Aber ich denke, es ist das, was wir jetzt von hier aus tun können. Unsere Menschlichkeit zeigen, unser Mitgefühl, unsere Nähe. Das sind nicht die Japaner irgendwo, das sind Menschen, denen wir konkret begegnen könnten. Irgendwo auf der Welt, auf Facebook, auf Twitter. Sie sind uns nah und sollten uns nah sein. Wir dürfen sie nicht alleine lassen, dürfen sie über unsere vergleichbar kleinen Sorgen nicht aus dem Blick, aus dem Denken, aus dem Geist lassen. Ihr könnt mir einen Gefallen tun: So ihr glaubt, praktiziert für die Menschen in Japan. Betet, meditiert, sprecht Mantras oder macht sonstwas. Und vielleicht steht auch euch der Sinn danach, eine Kerze ins Fenster zu stellen. Die leuchten weiter, als ihr vielleicht denkt. Mein Freund jedenfalls, der lebt. Und er weiß, dass damals die Kerzen gebrannt haben.