Der Spiegel. Online. Ist und bleibt die beste Online-Informationsquelle Deutschlands. Keine andere Seite ist schneller, umfassender. Besser schon. Nun ist es mein Problem, dass ich an Spiegel Online nicht vorbei komme. Die Seite ist meine Tageszeitung geworden. Und wie das nun so mit Tageszeitungen ist, auf Dauer entwickelt man als abhängiger Leser ein spezielles, diffiziles, ambivalentes Verhältnis zu seiner Tageszeitung.
Schwierig wird es für mich dort, wo der Spiegel versucht, Tendenzen des Linken in die Schranken zu weisen und sich gegen alles Esoterische zu stellen. Da war diese unsägliche Aktion gegen Homöopathie Anfang des Jahres, die der Spiegel quasi unterstützt hat. Ich habe dagegen geschrieben und hatte dann die „Skeptiker-Bewegung“ mit ihren teils im Ausland versteckten Servern und unterdrückten IP-Adressen hier im Blog. Ätzend.
Genauso ätzend ist der Spiegel Online Blogger Jan Fleischhauer. Die FAZ (!!!) hat einen interessanten Artikel zu ihm geschrieben. Der Mann, den sie die rote Ratte nannten. In der letzten Woche hatte er auf Spiegel Online mal wieder gegen die Linke in Deutschland polemisiert. Darauf hat er sich eingeschossen, das ist das Thema seines Lebens. Weil er unter linken Eltern gelitten hat und sich irgendwann in die Arme des Konservativen stürzen und retten konnte.
Er schrieb in seinem Beitrag gegen die Brandbombenleger. Nichts gegen zu sagen. Ich finde Brandanschläge auf Züge auch nicht unbedingt lustig und zweckmäßig. Aber er geht dann weiter und liefert in ein paar Zeilen einen Rundumschlag. Macht sich über die 99 %-Bewegung lustig und schreibt, dass die ja sowieso keine Ahnung haben. Er selbst war als Wirtschaftskorrespondent in New York. Also hat er wohl Ahnung. Irgendeine. Die lässt er aber nicht raushängen, weil es nicht sein Thema ist, die Welt zu retten – das überlässt er den linken Spinnern -, sondern gegen die Linke zu keifen: „Das letzte Mal, dass die Linke in der Lage war, mit den Akteuren auf Augenhöhe zu debattieren, war beim Kampf gegen die Atomkraft; von der Mühe, die sich die Kritiker damals gemacht haben, zehrt die grüne Bewegung noch heute. So gründen die meisten Vorbehalte auf Ressentiment, nicht auf Überlegung. Das macht sie nicht notwendigerweise falsch, aber untauglich für die Arbeit an einer neuen Weltfinanzordnung, wie sie jetzt allenthalben angemahnt wird.“ Lassen wir mal den gestelzten, manierierten Feuilletonstil beiseite.
Mit den Akteuren auf Augenhöhe. Aha. So, so. Die Akteure haben den Durchblick. Die Akteure sind die Intelligenten, die Kritiker sind die Vollpfosten. Deshalb stecken wir ja auch in der Krise nach der Krise, weil die Akteure so wundervoll auf Augenhöhe agieren. Was sehen die eigentlich da oben? Über allem stehend? Würde mich mal interessieren. Scheint tatsächlich so, als hätten sie den totalen Durchblick. Natürlich selbstverständlich ist da niemand, der nur in die eigene Tasche arbeiten will.
Es hat keinen Zweck, sich mit diesem Jan Fleischhauer auseinaderzusetzen. Er arbeitet seine eigene Geschichte, sein Leiden am Linksintellektuellen seiner Familie ab. Polemisiert und gibt sich als der provozierende Dieter Bohlen seiner Zunft, als der polarisierende Roland Koch. Das er dabei ziemlich ekelhaft arrogant rüberkommt, liegt an Sätzen wie diesen: „Immerhin, ein Fortschritt ist von der revolutionären Front zu vermelden: Die Zeichensetzung hat sich stark verbessert. Die Vorreiter des bewaffneten Kampfes standen bekanntlich nicht nur mit dem System, sondern auch mit dessen Rechtschreibung auf Kriegsfuß. Das ist jetzt dank der Prüfprogramme, die jede Textverarbeitung automatisch anbietet, anders.“
Natürlich hat sein Beitrag die Wellen in den Foren auf Spiegel Online hoch schlagen lassen. Viele haben gezetert und gemosert. Die hat er dann gleich im nächsten Beitrag vorgeführt. So ist das, wenn das mächtigste Online-Blatt Deutschlands einem solchen Menschen journalistische Macht an die Hand gibt. Der kann dann wie ein schlechter König mit seinen Untertanen spielen. Eine perfide Vorstellung, die da gezeigt wird. Was zu ihm im Detail zu sagen ist, steht in dem oben verlinkten FAZ Artikel. So, jetzt ist auch gut. Jetzt wird hier Fleischhauer nie mehr erwähnt und ich werde ihn nicht mehr lesen.
