Problemzonen im Kunstverein Koelnberg

Freitagabend letzte Woche. Eine Einladung zur Vernissage von Barbara und Norbert, Barbara Schachtner und Norbert van Ackeren. Barbara hat gesungen, Norbert ausgestellt.

Freitagnachmittag, der Woche über die Autobahn in Richtung Köln entflohen. Aufregend. Ich wusste nicht, was Norbert ausstellen würde, kannte Andreas Söke und Russ Spitkovsky nicht und hatte mal eine Ausstellung von Gerd Bonfert im Labor Ebertplatz gesehen. Seine Fotografien sind besonders, weil ich solche zuvor nicht gesehen habe. Analoge Fotos, die durch Belichtung inszeniert werden. Gerd arrangiert Szenen und bringt sich als eigenes Model ein. Schwarz-weiß. Groß, hochkant, gerahmt.

Runde Kaffeehaus-Tische auf den Fotografien rechts und links. Man sieht feine Herrenschuhe und Beine in Anzugshosen bis zum Knie. Zwei Korbsessel, überall getrocknete Blätter. Auf den Sesseln, dem Tisch, dem Boden. Die Bilder haben etwas Altes, mich erinnern sie an Wien. Ein wenig morbid und außerordentlich spannend. Durch die Belichtungen ist vieles nicht zu erkennen. Der Mensch ist nur partiell präsent.

In der Mitte ein Bild mit Tisch und Blättern und einem Mann im Hintergrund, der wie hängend aussieht. Vor ihm ein runder Tisch mit Vase, in der vertrocknete Blumen stehen, und ein Aschenbecher mit Zigarre ohne Glut. Es scheint, alles habe Bedeutung. Stillleben. Alles vertrocknet, verloschen, tot.

Wikipedia: „Stillleben bezeichnet in der Geschichte der europäischen Kunsttradition die Darstellung toter bzw. regloser Gegenstände (Blumen, Früchte, tote Tiere, Gläser, Instrumente o. a.).[1] Deren Auswahl und Gruppierung erfolgte nach inhaltlichen (oft symbolischen) und ästhetischen Aspekten.“

Symbolik. Die trockenen Blätter, die trockenen Blumen, die Zigarre ohne Glut, die Vase, das Gefäß am Boden, die Korbsessel, die Beine ohne Mensch, der hängende Mann. Man könnte eine Geschichte vermuten, sich selbst erzählen, sich die Zusammenhänge ausdenken. Mich erinnern die Inszenierungen an Edgar Allan Poe. The Tell-Tale Heart. Das schlagende Herz unter dem Holzfußboden.

In diesen Bildern ist etwas zu Ende gegangen, hat den Atem ausgehaucht, hat das Leben verloren. Bilder einer alten, verlassenen Villa aus einer anderen Zeit. Beim Betrachten wird man zum Voyeur, der sich hineingeschlichen hat, sich das anzuschauen, was ihn nichts angeht. Hineingeschlichen, weil fasziniert. Magisch sind diese Fotografien. Irreal, surreal, entfernt. Und doch steht man davor und sieht, was man nicht sieht.

Die Bilder haben in der Wirkung und Ästhetik etwas von Stummfilm. Kein Ton wird gesagt, man muss sich schon selbst die Mühe machen, zu verstehen.
Drei Bilder nebeneinander. Dreht man sich um, und schaut in die entgegengesetzte Richtung, sieht man wiederum drei Bilder nebeneinander. Gemalt. Drei Porträts, drei Männer. Norbert van Ackerens Männer. Ich war gespannt, was er ausstellen würde und war überrascht, dass er wieder drei neue Bilder gemalt hat. Er ist ziemlich produktiv. Stiehlt dem Leben Atelierzeiten. Nimmt sie sich. Malt.

Und entwickelt sich.

Auf den Bildern drei Porträts von Männern, die nicht mehr leben. Von unbekannten toten Männern, von denen niemand den Namen kennt. Werden Tote gefunden, die sich nicht identifizieren lassen, werden Bilder von ihnen im Web veröffentlicht in der Hoffnung, dass sie jemand zufällig erkennt.

Norbert nimmt die Vorlagen seit geraumer Zeit. Er malt unbekannte Tote. Ich habe lange gebraucht, einen Zugang zu dieser langen Serie zu finden. Mein Innerstes hat sich gewehrt. Ich wollte die Toten in ihrem Tod nicht sehen. Ich verstand den Sinn nicht. Für mich waren sie tot und wegen ihrer Einsamkeit bedauernswert. Ich fragte mich: „Warum malt Norbert sie?“

2012 habe ich ihn im Labor Ebertplatz kennengelernt, als er dort noch sein Atelier hatte. Ich war reingegangen, er saß dort, ich fragte, ob ich mir die Bilder ansehen dürfe und war sprachlos. Wenn ihr mögt, reist in die Vergangenheit und schaut euch die Bilder von damals per Klick hier an. Der Junge aus Tschernobyl, das tote Mädchen aus dem Balkankrieg. Klingt nicht nach Vergnügen, ist es auch nicht. Menschen, die Opfer von irgendetwas geworden sind.

Und nun also die Reihe der unbekannten Toten.

Still hatte ich gehofft, ich würde den van Gogh sehen. van Ackerens van Gogh. Live. Pink. No. Da hingen diese drei Portraits, die mich überraschten. Nicht, weil sie dort hingen, sondern weil sie anders waren.

Habt ihr Inglorious Basterds gesehen? Tarantinos Film, in dem Juden Nazis töten? In dem Tarantino die Geschichte einfach umdreht und diese stete Angst vor den abgrundtief bösen Nazis einfach wegzaubert? Die sind plötzlich die Gejagten. Ein wenig Genugtuung. Das Böse lässt sich bekämpfen und verliert an Kraft. Die sind genauso verletzbar wie alle.

van Ackerens Tote hatten plötzlich auch ihren Schrecken verloren. Man musste mit ihnen nicht länger Mitleid oder Mitgefühl haben. Denn sie waren plötzlich lebendig. Mit Blick, mit Seele, mit Ausstrahlung. Dazu alles um die Gesichter herum, der graue Hintergrund, die stilisierten Anzüge, wie sie Häftlinge oder eben auch KZ-Häftline tragen, zurückgenommen. Irreale Staffage. Beiwerk. Die Bilder finden in den lebendigen Augen der Gemalten statt.

Das war spannend. Für mich ein Sprung wie schon bereits der van Gogh. Bilder mit Seelen, mit Psychologien, mit der lesbaren Kraft der Menschlichkeit. Ist es nicht das, was die Bilder der Renaissance ausmacht? Dass dort Menschen mit ihren sehr eigenen Geschichten zu sehen sind? Solltet ihr euch anschauen.

Für mich ist es sehr spannend, die Entwicklung erleben zu dürfen. Bei Norbert van Ackeren, Gerd Bonfert, Graham Foster, Helga Mols und anderen. Es sind Geschenke an die Welt, die Künstler ausstellen. Sie sind Seele.

Schaut euch Problemzonen an. Allein der Gang über den roten Teppich ins Innere lohnt sich. Macht mal.

Und dann ist doch alles die entscheidende Liebe

Die Liebe, nur die Liebe, die Liebe.

Es ist ein Unterfangen, dem Leben zu begegnen. Es ist schön. So schön. Zu schön. Es sind Thesen, die das Leben aufstellt.

Das letzte Jahr. Nun. Schwierig. Man weiß nicht, was kommt. Meine Mutter hat überlebt, im Job sage ich nun mit vorsichtigen Blicken Nein. Und ich komme an. Einen alten Baum verpflanzen. Es dauert. Zu oft umgezogen, vielleicht. Oder auch genau richtig. Timing. Denn nun, nach allem Missen, ein zaghaftes Ankommen. Im neuen Leben. Zurechtrücken die Figuren des eigenen Schicksals, die Spielfiguren.

Wir lachen. Viel, laut. Sie ist wunderbar. Frech, ungewöhnlich, jenseits, impulsiv, aufregend, keine Sekunde nie langweilig. Nach all den Jahren. Mittlerweile. Durch dick und dünn. Vom Himmel durchs Feuer. Von der Autobahn-Auf Wiedersehen-Wochenendbeziehung in einen ungewissen Alltag. Wer bist du, wer kommt, was willst du, was will ich, wie soll das alles. He?

Rhythmus. Arbeiten gehen. Hier sein. Zurückkommen. Sich treffen am Abend. Dort ist jemand. Unter der Woche. An einem Mittwochabend. Das verändert die Situation.

Musik läuft. Blumen stehen in den Vasen. Der Garten verändert sich. Das Bett hat eine neue Bettwäsche. Einzug gehalten. Eine Frau an Bord. Meine Geliebte, meine Frau. Sie sagt es, ich sage es.

Wir spielen Backgammon. Sie gewinnt.

Wir kochen, kaufen ein, buchen Urlaube. Gardasee, Verona, Venedig, Lissabon, Schiermonnikoog über Silvester. Mit neuen Freunden. So ist das. Ins Grüne hinein gebucht für 8. 5 Plätze sind weg. Wen nun noch einladen, dabei haben. Es sind die Schritte in einem neuen Leben, die früher so einfach waren. Leichtfüßig.

Wir etablieren uns.

Alles spannend wie lange nicht. Neustart. Der Frühling kommt, wir haben die Rosen gepflanzt, die Tulpen gesetzt, die Johannisbeeren. Der Schnittlauch kommt schon, und etwas Grünes an der Ecke des Kräuterbeetes. Kann das schon Bärlauch sein? Im März?

Sie inspiriert mich. Sie ist ein schönes Wesen. Wir reden nun seit fast 7 Jahren ohne Unterlass. Es hört nicht auf. Wir sitzen an Seen und Flüssen, laufen durch Wälder und Städte, fliegen durch Zeiten und Welten. Und reden, reden. Und küssen, und schauen einander an. Und begleiten einander und schauen und und suchen zu begreifen, wer wir sind. Schicht um Schicht. Als ich sie in Italien lieben lernte, sagte ich ihr: „Du bist besonders.“ Anders. „Besonders.“

Es gab dieses Kinderbuch, in dem es hieß, solche könne man nicht von den Bäumen pflücken. Man kann sie nicht von einem Baum pflücken, weil sie nicht von dieser Welt kommt. Weiß nicht, woher.

Wir saßen am Meer und ich fiel in eine komatöse Liebe. Keine Wahrnehmung mehr im Außen. Keine Ratio. Alles auf Null. Der Herr Checker und Kontrolleti im freien Fall. Ruhig, reflektierend ohne Widerhall, ohne Fragen oder Ergebnis. Einfach nur sehend. Glücklich. Und die höchste Stufe meines geistigen Seins: Beflügelt. Leicht, die Gewichte abgeworfen. Liebend, liebend, liebend. Ohne irgendetwas anderes. Keine Arabseken, kein Firlefanz.

Nun kann ich es manchmal nicht glauben, hier zu sein. Und manchmal beschleicht mich das Gefühl, ich müsste zahlen. Für Freude, Glück, Liebe, Lachen. Darf man so viel abheben? Wie voll muss dieses Konto sein?

Venedig im April. Ein Hotel auf der Insel. Andrea di Palladio. Eine Rückkehr. San Giorgio Maggiore mit Gunna. Sein 33zigster Geburtstag. Die Flasche Wein, die ich für ihn geklaut habe. Aus dem Restaurant vom Tisch und gelaufen, gelaufen. Unser Professor wusste nicht, weshalb. Zunächst. Gegenüber vom Markusplatz ging dann am Abend die Flasche rum. Herzlichen Glückwunsch. Das Leben. Den Canale Grande entlang zurück. Die Brenta rauf.

Das Leben in Schönheit leben, es hüllen und umsorgen.

Ich bin auf eine schöne feine Art glücklich.

Nun.

In love with van Ackerens van Gogh

Die Dinge kulminieren. Mir ist dieses Wort eingefallen und ich denke, es bedeutet etwas in die Richtung, dass es sich hoch schaukelt. Eines kommt zum anderen. Man weiß nicht, ob die Puzzleteile passen, aber man glaubt, weil man es möchte. Dann entsteht etwas Besonderes, das einen selbst erhöht. Menschen sind Meister im sich selbst belügen. Das ist ein guter Trick, der funktioniert. Ich weiß das, vielleicht aus eigener Erfahrung. Das ist das persönliche Stockholm-Syndrom, das einen tanzen lässt im Schlund der ewigen Hölle.

Die letzten beiden Worte habe ich wegen ihrer schönen Dramatik geschrieben. Höllenschlund. Als würde man unter Drogen an einem Strand nächtelang mit den Wellen und Gezeiten tanzen. Hingeben. Alles.

Das Bild oben, ist mein favourite. Norbert van Ackeren hat es gemalt. Normalerweise schreibe und artikuliere ich solche Dinge nicht, weil sie so klingen, als würde man im Konsumrausch sein Lieblingseis nennen. In diesem Falle möchte ich es schreiben. Er ist mein an mein Herz gewachsener Lieblingskünstler. Der Eine ist Fan von Borussia Dortmund, der Andere bin ich. Lasst uns kein Aufhebens machen. Das Eine ist nicht schlechter als das Andere. Oder besser, oder klüger.

Ab und an, immer seltener besuche ich Instagram. Dann schaue ich, was verschiedene Menschen gerade so machen. Die pure Neugierde. Unverbindlich und ohne Augenkontakt. Ah. So. Gut.

Also öffnete ich Instagram am Laptop und schaute, was bei Norbert los ist. Da war plötzlich der van Gogh. Eine Zäsur, auf die ich gewartet hatte. CUT, habe ich einmal in meinem Blog geschrieben. Schnitt, heißt das im Film. van Ackeren malt van Gogh. Ein Porträt, ein Hintergrund in Pink. Es hat mich getroffen wie ein Schlag. Es war, als wäre der Durchbruch geschafft. Diese elende Strecke bis zum nächsten kleinen Ziel. Diese Trippelschritte, die dem Gipfel niemals näher kommen. Wer kennt das nicht? Was passiert schon Großes im Leben? Geburtstag, Heirat, Party, Weihnachten, Grillfest, Urlaub, mal Österreich, mal Thailand und ab und an diese einmaligen Gespräche, die vom Himmel fallen und das Herz und die Seele streicheln. Oder ein Wort, das einem die Adern küsst. Pulsierend. Peng.

Ich weiß wirklich nicht, was geschehen ist. Zunächst. Was ist der Unterschied zwischen Norberts van Gogh und Norberts Trakl? Das Pink? Beide sind seine Seele, sein Ich, seine Kraft. Ich weiß auch, dass er sie fühlt. Und wenn er sie fühlt und er sie
malt, dann fühle ich sie auch und werde froh. Das ist die unbändige Kraft der Kunst. Sie lässt Seelen miteinander sprechen. Atomare Kommunikation. Partikel. Pigmente. Im Falle Norbert van Ackerens metallurgische Ströme zwischen den Welten. Kupfer, Eisen. Zersetzend, verändernd, liebend. Ein sanfter Firn. Viel weniger gewaltig als im Denken vernommen. Es passiert, langsam, es lebt, bleibt, stürzt, steigt.

Dieser van Gogh fesselt mich. Sein Blick ist nicht weniger als die Mona Lisa, die ich gerade erst gesehen habe. Auge in Auge im chinesischen Teenie-Selfie-Gewitter mit dem Rücken zu Leonardos Braut. Eine Dreiviertel Stunde im Sog der Social-Media-Post-Wut. Knips. Schrecklich war das, klar. Respektlos, dumm und ahnungslos. Nun. So sind wir. Der Eine dort, die Andere woanders. Wir haben unsere Felder, auf denen wir unsere Ahnungslosigkeit in Perfektion ausspielen. Man muss verzeihen können, lieben, Pflaster vergeben, leichte Küsse der Besserung.

Das Bild ist van Gogh. van Gogh hat es gemalt. So ähnlich. Ich kenne es. Aber es nicht das, was ich hier gesehen habe. Man könnte sagen, jemand anderes spielt Halleluja in einer neuen Version nach Cohen und Buckley. So ist es nicht. Es ist im Gleichen etwas ganz Neues. Mich hat es als Sehnsucht getroffen. Als Wunsch und Möglichkeit und Auferstehung. Es ist eine Epiphanie. Klar gekennzeichnet und stark im Ausdruck. Pop Art und van Ackeren und van Gogh. Das Wesen. Das Kulminierende.

Ich liebe dieses Bild, weil es voller Hoffnung ist aus dem nicht Pinken heraus.

Was es ist? Kommt, ihr seht es. Schaut hin. Nehmt euch einen langen Augenblick. Lasst wirken. Bitte. Steht im Louvre und denkt groß im Kleinen.

Und?

Yep. Wie immer beim Menschen.

Die Augen, der Blick. In diesem Fall ist geschehen, dass er lebt. Im Zwiespalt. Lebendig oder tot? Hinausschauend nach vorne oder nach Innen? In diesem Bild steckt alles, was uns bewegt. Hoffnung und Selbstzweifel, Kraft und Mutlosigkeit. Es ist eine Metapher.

Solche Bilder gelingen nicht oft. Dieser van Gogh ist eine Ikone. Er rührt mich tief. Ich kann ihn anschauen und anschauen bis zu dem Gefühl, dass ich mit ihm sprechen möchte. Ich weiß, klingt nach kurz vor Einweisung. So ist Kunst, alles andere sind Abziehbilder. Arm anlecken und drauf und wie Pirat fühlen.

Hätte ich ein Museum für moderne Kunst. Contemporary. Big ass. Ich würde es sofort machen.

In love with colorful Paris

Sitze in der Küche, höre Rodruigez. Climb up my music von der Coming from reality. Per youtube. Platte und CD sind kaum zu bekommen oder horrend teuer. Spotify hat Rodriguez auch nicht wirklich.

„Have you ever kissed the sunshine
Walked between the rain“

Das neue Jahr. Zunächst einmal: Meine Mamma ist auf dem Weg der Besserung. Sie wird zukünftig Tabletten nehmen. Die veränderten Zellen müssen an ihrer Arbeit gehindert werden. Sie kann damit eine ganze lange Weile leben, meinte die Stationsärztin. Ein Hoch auf die Chemie und die Künste der Onkologie. Anfang nächster Woche wird sie entlassen und erst einmal eine Zeit in de Kurzzeitpflege verbringen, um betreut wieder auf die Beine zu kommen. Dann sehen wir weiter. Der Schock steckt noch in den Knochen. Es war knapp.

Gut. Nach vorne schauen, das neue Jahr rocken. Mit Paris im Rücken.

War wirklich schön. Durch die Stadt streifen. Durch die Nächte. Kilometer um Kilometer. Ab und an die Metro. Wusch, quer durch die Stadt. Und überall, wo man wie ein Maulwurf aus den langen unterirdischen Gängen hervorlugt ist Paris. Diese Stadt voller Geschäfte, Bars, Cafes, Restaurants, Menschen, Attraktionen. Häuser, Fassaden, Balkone, Haustüren, Lampen, Graffitis, Straßenkunst.

Dieses Mal habe ich ein buntes Paris erlebt. Irgendwie anders. Die Stadt kann das, weil sie so groß ist. Den Fokus verschieben, den Blick richten. Die Monumente ergriffen anstarren und von den kleinen Sehenswürdigkeiten begeistert sein. Die Graffitis in Belleville oder auch rund um den Montmartre.

Ich habe euch einige Bilder mitgebracht. Hier eine Auswahl. Viel Spaß wünsche ich euch. Mit den Fotos, dem Leben, der Liebe und allem. Kisses.

Und am Ende in Paris

Was soll ich sagen. Nun sitze ich am Ende dieses Jahres auf einer Couch in einer Küche in einer Wohnung in Paris. Montmartre. Was für ein Jahr.

Im Hintergrund läuft Rodriguez, über den ich hier schon längst hätte schreiben sollen. Nun. Mir ist in diesem Jahr der Schreibatem ausgegangen. Es gibt so Zeiten, in denen von dem, was man glaubt zu sein, weniger übrig bleibt, als man jemals gedacht hätte.

Es sind die kulminierenden Zeiten. Das Äußere. Die Welt, diese verrückte, in der wir leben. Ihr wisst. Der Rahmen, in dem man sich bewegt. Und dann der Inner Circle. Das eigene Leben. Herausfordernd genug. Die Menschen um sich herum. Der Job. Die Aufgaben. Die Pflichten. Jobtechnisch war ich dieses Jahr am Limit. Immer noch ein wenig mehr. Das hat weh getan. Nicht mehr tun können, was getan werden muss. Augen zu und durch. Das war am Limit. Große Projekte, hohe Ansprüche, wenig Zeit. Leistung ist Arbeit pro Zeit. p gleich w durch t.

Und parallel ein Privatleben, das sich nach all den Jahren der Veränderung noch einmal auf den Kopf stellt. Alles neu. Zusammenziehen. Mit allem, was dazu gehört.

Nun muss man die Dinge halt nicht nur im Leben schaffen, sondern auch mental. Auf Augenhöhe mit dem Geschehenden. Atmen, durchatmen. Funktionieren und lieben. Das eine tun, ohne das andere zu lassen.

Und dann stirbt einer und noch einer und dann Herr Cooper. So schaust du in dunkle Löcher und bewältigst Jobs und versuchst, deine Seele auf Kurs zu halten, das Innerste in Liebe zu halten und deine Ängste nicht größer werden zu lassen als du selber bist.

Dann kommt der Dezember und Paris ist in Reichweite und du arbeitest bis zum letzten Tag und freust dich auf Paris.

Der Anruf.

Mama hat Leukämie. Montags hat sie noch Tennis gespielt. Dienstags mit Atembeschwerden ins Krankenhaus, donnerstags die Diagnose und direkt verlegt. Koblenz. Onkologie. Freitagnacht der nächste Anruf. Ein Arzt am Telefon. „Ihre Mutter sagt, sie sollten besser kommen.“ Die Leukämie ist explodiert, ihr Herz rast, niemand weiß… Mit den Brüdern telefonieren, in Autos setzen, über Autobahnen rasen. Vor Ort treffen. Es sieht nicht gut aus. Gar nicht. Es ist 4 Uhr in der Nacht. Ihr Herz rast, sie hat Angst, sie kann es nicht verstehen, wir können es nicht verstehen, wir küssen sie auf die Stirn. Wir müssen gehen, damit sie zur Ruhe kommt.

Sie übersteht die Nacht. Es sieht schlecht aus. Sie ist achtzig Jahre alt und die Leukämie ist aggressiv. Aggressiver als wir, scheint es. In Ohnmacht zuschauen. Heiligabend auf der Onkologie an ihrem Bett. In der Nacht über die Autobahn nach Hause. Nicht mehr wissen, was man fühlt. Nicht mehr fühlen, was man fühlt. Spüren, wie alles Innere versagt. Wie die Ratio die Emotionen blockiert, wie die Emotionen die Ratio ausschaltet. Wie alles dumpf wird und letztlich nur die Lichter der Autobahn bleiben.

Nichts mehr verstehen. Wollen.

Weihnachten. Mama am Klavier. Ihr Kinderlein kommet. Papa im Anzug. Das Fenster geöffnet, durch das das Christkind geflogen ist.

Unser Weihnachtsbaum steht verwaist. Viveka ist in Essen bei ihrer Familie. Kurz war ich bei Michaela und den Kindern. In Trance. Lachen, essen. Als wäre es irgendwie so.

Am Morgen wach werden und sie dort liegen sehen. In ihrem Krankenbett. Der Krebs quält sie. Chemotabletten. Angst. Ihre. Meine. Unsere.

Wie viel Zeit bleibt?

Die Chemo, diese fiese Chemo hat angeschlagen. WhatsApp-News. Der Professor spricht von einer Überraschung. Die Leukozyten haben sich zurückgezogen. Von 130.000 auf 8.000. Gibt es Hoffnung? Sie kann im Sitzen essen.

Gut. Dann fahren wir. Nach Paris. Gebucht, gekauft, gemacht.

Und so sitze ich hier in der Wohnung auf der Couch und schreibe. Ich weiß nicht, was passieren wird. Auf Abruf.

Und dennoch glücklich.

Lieben, eine Familie haben. Brüder, Kinder. Eine Freundin, eine Mutter, um die alle ringen.

Es war ein hartes Jahr. Nicht noch so ein Jahr.

Nun 5 Tage und Nächte Paris. So Gott will. Treiben lassen, die Gedanken fliegen lassen. Durch die Seine bis zum Meer. Kraft tanken. Die Gewichte abwerfen, in Leichtigkeit fallen, die Süße des Lebens küssen. Küssen.