Nicht was ihr jetzt im Kontext des momentanen Weltgeschehens glaubt. Nein. Viel banaler. Aber nicht unbedingt weniger dramatisch. Ich bin auf dem Land. Genauer gesagt beim Dorffußball. Wer es noch nicht weiß, ich spiele hier im Nachbardorf in der offiziellen Mannschaft der Alten Herren. Mittlerweile seit zehn Jahren. Die Jungs sind mir ans Herz gewachsen. Wie das so ist, wenn Männer nach dem Spiel beisammen sitzen, es tauchen Ideen auf. Pläne. Möglichkeiten.
Vor zwei Jahren saßen wir nach einem Training im Sommer draußen vor der Tür. Verschwitzt, dreckig, glücklich. Hormonausschüttung durch das Laufen und Rennen und Stürmen und Flanken und Grätschen. Für den Körper ist das Fluchtverhalten, das mit eigenen Antidepressiva unterstützt werden muss. Gedanken ausschalten, lächeln. So saßen wir da auf unserem Hormontrip und der Sorge um das Abflauen des Gefühls, dem Hormonturkey. In der Mitte eine Kiste Bier, alle setzten sich hin, wo gerade Platz war. Auf Treppenstufen, Autokotflügel. Ein guter Abend.
Wir hatten schon lange recht halbherzig eine Mannschaftstour geplant, als sich an diesem Abend ein Mitspieler mit Begeisterungsüberdosis auserwählt fand, die Dinge in die Hand zu nehmen. Er startete die Aktion Mannschaftsmotivation und hatte auch schnell einen Claim für die interne Kommunikation gefunden: „Jungs, die Einschläge kommen immer näher!“ Bedeutet: Seht euch um, was mit Menschen in unserem Alter passiert. Fallen um, liegen flach, es haut ihnen die Beine weg, nimmt ihnen den Atem. „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ Er hat es in die Hand genommen. Kurzerhand ein Reiseziel festgelegt und am nächsten Tag Flüge und Hotel gebucht. Malle. Ich gebe es zu. Fünf Tage Ballermann. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich selten so gelacht habe. Unvorstellbar.
Gestern nun hatten wir Ü32-Kreismeisterschaftsspiel. Direkt in der ersten Runde gegen den Favoriten. Die Spieler von denen sind alle noch aktiv und im Schnitt mehr als zehn Jahre jünger. Normalerweise können wir das durch Erfahrung ein wenig kompensieren und durch schlaues Auswechseln auch den Konditionsnachteil ausgleichen. Gestern dann: Verletzte, Kranke, Lahme, Couch-Potatoes. Die Einschläge kommen näher. Wahrlich. Am Sonntag hatte ich in der zweiten Mannschaft gegen junge Männer knapp über 20 gespielt. Gestern Früh taten mir alle Knochen weh. Am Abend dann das Entscheidungsspiel – Top oder Flop. K.O.-System. Nach drei Minuten verletzte sich einer unserer Spieler im defensiven Mittelfeld. Der Sechser. Khedira. Also so in etwa:) Ich war an der Reihe, wurde vom Trainer eingewechselt und durfte wieder ran.
Wir haben verloren. Ecke, Kopfball, drin. 1 : 0. Ausgeschieden. In der Kabine sind wir dann durchgegangen, wer uns alles gefehlt hat. Wer nicht da war, aber hätte da sein sollen. Das Ergebnis: Wir werden weniger. Rückenprobleme, Knieprobleme, Arbeit, Familie. Überhaupt. Nächsten Monat werde ich 46. Herrje. Egal. ich denke lieber an den Oktober. Da sind wir als Mannschaft wieder unterwegs. Auf Norderney. Vier Tage. Was ich jetzt schon weiß: Das wird wieder ziemlich lustig. Alte Geschichten, Gerede, Geklüngel, Gedöns. Macht einfach Spaß, an nichts zu denken und einfach mal nur dummes Zeug zu reden. Denn letztlich ist es ja so, man muss die Zeit nutzen, denn…
Carpe Diem.
P.S. Gestern Abend habe ich eine ganze Reihe Geschichten und Gedichte online gestellt, die ich auf meiner Festplatte gefunden habe. Dort setzen sie nur Staub an. Vielleicht habt ihr Lust, ein wenig zu stöbern. Einfach mal unter Lyrik und Kurzgeschichten nachschauen…



