Countryroad und Häagen Dazs

Hier mal wieder zwei Fotos, sonst wird es so buchstabenlastig im fiftyfiftyblog. Text, Text, Text. Bleiwüsten. Das mag er, der Texter, die Welt mit Buchstaben erfüllen. Kleine Informationsschnipsel wie Blütenstaub im Wind. Hach. Nun also: Werbung für’s Land und einen dänischen Dickmacher. Stadt – Berlin – und Land. Mein süßes, kleines, menschenfreies, schönes, schönes Land. Yummi.

„Well Dressed Man“

Gut gekleidete Männer sind schon etwas Schönes. Meint Ela. Ich selber meine das auch, aber mit Abstrichen. Alles andere würde mich hier auf dem Land unglücklich machen. Nichtsdestotrotz macht es mir ab und an Freude, schöne Klamotten zu tragen. Wenn ich mich mal ganz elegant zeigen möchte, dann trage ich gerne schicke Herren Hemden und dazu passende Krawatten. Wie gestern Abend, als uns Ela zu ihrem Geburtstag ausgeführt hat. In ein gutes Restaurant. feines, feines essen. Alles auf den Punkt zubereitet. Köche und Köchinnen sind die wahren Götter.

Und da war es, als wir dort saßen, wie mit der Kleidung. Es kommt darauf an, wie man mit ihr umgeht. Wie man sie trägt. Im Restaurant war die Stimmung ein wenig steif. Alle atmeten diesen leicht noblen Anspruch und saßen dezent. Die Anzüge kneifen dann ein wenig. Jim saß neben mir. Der Feinschmecker aß eine Auswahl edler Fische. Neben ihm das Fischmesser. "Papa, wie esse ich damit?" Ich habe ihm gesagt: "Generell brauchst du das zwingend nur, um einen kompletten Fisch gut essen zu können. Aber weißt du, dieses Fichmesser ist eine Formalität. Lass es weg. Genieß den Fisch. Schmeck nach, was der Koch/ die Köchin daraus gemacht hat. Vergiss Anstand und Etikette, wenn es um gutes Essen geht."

Daraufhin wollte Zoe mit den Fingern essen. So nun auch wieder nicht. Wir hatten viel Spaß, mussten viel lachen. Jim erzählte von seinen verrückten Lehrern. Einer hatte an dem Tag vor ihnen gestanden und versucht, sie mit Taubengeräuschen zu beruhigen. Ein anderer war im Unterricht aufgestanden und hatte die Klasse mit den Worten verlassen: "Ich habe jetzt keine Lust mehr." Ups! Da hatte kurz vorher ein Junge ein Mädchen beschossen und die hatte ihn dann mit ihrer Brotdose traktiert. Auf den Kopf. Wissen eingeprügelt? Jim hat es mit Fassung getragen und ziemlich lustig erzählt. Und so konnten wir uns der dezenten Stimmung der feinen Umgebung entziehen und uns auf das Wesentliche konzentrieren. Gutes Essen, guter Wein, nette Gespräche, Lachen, Lebenslust.

Und so ist es mit guter, schöner Kleidung auch. Finde ich. Sie ist nur der Rahmen, nicht das Wesentliche. Trage ich den Anzug oder trägt der Anzug mich? Manchmal sehe ich Menschen, denen schnürt ihre Eleganz die Menschlichkeit ab. Die werden zu Robotern, die von der Vorstellung ihres äußeren Scheins angetrieben werden. Unelegant, kühl. Das ist dann schön und doch nicht schön, weil die Stimmigkeit, die Authentizität verloren geht. Die Aura stirbt, friert ein. Ungelenk.

Ela hat mit heute Morgen ein Foto geschickt, dass mir sehr gut gefallen hat. Mein stiller Held Steve McQueen. Eine meiner vielen Vaterfiguren, für die Freudianer unter euch:) Er ist im Moment, nicht in der Jacke. Also: Fischmesser kann sein, muss aber nicht.

Hier der Link zum Foto – entdeckt ursprünglich auf dem tumblr-Blog „Well Dressed Man“, der es von Kush & J. Crew gerebloggt hat: http://kushandjcrew.tumblr.com/post/10120554761

Das Foto, das nicht geschossen wurde

Hallo, ihr Lieben. Bin zurück von großer Fahrt. Wir hatten viel, viel Spaß und nun kehre ich zurück in den sicheren Hafen der Heimat. Landgang, Landleben. Das Dorf hat mich wieder. Wie nun starten? Grübel, konzentrier, denk nach. Langsam ankommen, wieder reinkommen.

Zuletzt war da das Gedicht von Claudia Schönfeld. Hat es euch gefallen? Mir sehr. Davor war der Text über das Gedicht, das nicht geschrieben werden will (und nun in zwei Versionen vorliegt, die es noch nicht sind). Und nun schreibe ich über ein Foto, dass nicht geschossen wurde. Am Tag der Abfahrt nach Norderney bin ich morgens noch schnell mit Cooper eine Runde gegangen. Runter ins Maikäfertal.

Das mache ich fast jeden Morgen und die Runde ist meine Lieblingsrunde. Oft habe ich den Fotoapparat dabei und schaue, ob irgendein Detail fotografiert werden möchte. Meistens passiert da unten nicht viel. Manchmal denke ich sogar „Ach, sieht heute langweilig aus.“ Es gibt dann auch Tage, an denen ich keine Lust auf das Maikäfertal habe – „Schon 1.000 mal gesehen.“ Dann gehen Copper und ich hoch auf die Höhen. Suchen den Weitblick.

Am Donnerstag nun erwartete mich eine Überraschung. Als ich unten ankam, zeigten sich gerade die ersten Sonnenstrahlen. Der Bach war bis zur oberen Uferkante voller Wasser, was schon einmal ungewöhnlich war. Über den Bach zog sich entlang des Tals ein Nebelband. Das schwebte einige Meter über dem Bach und war auch nur einige wenige Meter hoch.

Cooper und ich waren schon angetan. Das sah wirklich gut aus und das hatten wir so noch nicht gesehen. Bislang. Dieses Tal ist wirklich wandelbar. Cooper und ich gingen am Bach entlang weiter hinein. Richtung alte Birke, die an der Weggabelung steht, die ins Quertal führt. So rund 200 Meter vor der Birke blieb ich stehen und traute meinen Augen nicht. Ein komplett durchinszeniertes Bild. Links von mir der Bach mit dem Nebelstreifen. Darüber stand im Westen der noch leuchtende Vollmond. Mein Blick wanderte nach Osten und sah am Himmel einen Wolkenstreifen, den die ersten Strahlen zur Hälfte rot färbten.

Irgendwie, als wäre diese Wolke ein Spiegel gewesen, landeten die Strahlen als helles Licht auf der Wiese neben mir und tauchten das Gras in ein sattes, leuchtendes Grün. Der Vollmond, der pralle Bach, das Nebelband, die rot strahlende Wolke, das grün leuchtende Gras. Super arrangiert. Mein Herz hüpfte bereits. So schön. Und dann sah ich die Rinderherde. Schwarz-weiße Jungkühe. Die lagen im Schutz einer Eiche aneinandergeschuschelt und sahen aus, als würden sie ein Krippenspiel aufführen. Friede auf Erden.

Tja. Was soll ich sagen. Ganz ehrlich. Ich hatte meine Kamera nicht dabei. Ich konnte das Bild fotografisch nicht festhalten. Es ist in meinem Kopf, aber von dort bekomme ich es nicht auf die Festplatte. Kein USB-Stecker im Nacken. Mein erster Impuls war, nach Hause zu laufen, um die Kamera zu holen. Dann dachte ich mir: Quatsch. Du kommst zurück, alles weg. Der Augenblick verschenkt und in Hektik zerbröselt. Also habe ich mich hingestellt und habe geschaut, geguckt, aufgesogen, genossen. Dieses Licht, diese Konturen, die Farbe, diese Atmosphäre.

Es dauerte nicht lange, und das Licht änderte sich. Die Wolke zerfiel in zwei, dann drei Teile, das grüne Leuchten der Wiese verschwand und schon war das Bild in seinem kraftvollen Ganzen aufgelöst. Und so muss ich sagen: Ich hatte einfach wirklich Glück, in diesem Moment dort gewesen zu sein. Was für ein Schauspiel. Wie schön kann die Natur sein. Mit einigen kraftvollen Pinselstrichen eine Atmosphäre zaubern, die nicht von dieser Welt zu sein scheint.

Jetzt gehe ich mit Cooper wieder runter. Nehme die Kamera mit und werde sie wahrscheinlich nicht aus der Tasche holen. Das dürfte die nächsten Tage schwierig werden, knipsenswerte Szenen zu finden. Ich wünsche euch eine schöne Woche. Jens