Outstanding moments.
Manchmal hat das Leben einen wissenschaftlichen Touch. Vielleicht dann, wenn man zur Ruhe kommt und dem Luxus Zeit frönt. Heute Mittag habe ich mir einen Augenblick gestohlen und habe etwas getan, was eher eine Vorstellung als eine Wirklichkeit ist. Ich bin ins Hotel van der Werff gefahren. Mit Herrn Cooper im Schlepptau. Wir haben den Gastraum betreten und uns einen Platz am Fenster gesucht.
Ich wollte dort sitzen, bei einem der Kellner im blauen Anzug ein Bier bestellen und ein Gedicht schreiben. Dazu hatte ich mir einen Block gekauft und so einen Bic-Kulli, bei dem man zwischen vier Farben wählen kann. Herr Schönlau war bei der Waffenwahl nicht älter als sechs Jahre. Spielkind.
Dort saß ich im Hotel neben dem Billardtisch und dem Eingang zur Lobby. An einem Nachbartisch saßen ein Vater mit seinem Sohn und ein Paar. Die Erwachsenen unterhielten sich auf Englisch über die Zustände des Lebens und die Wirklichkeit. Währenddessen flirtete ein Kellner mit Herrn Cooper – schnalzte ihm zu, fütterte ihn mit Leckerlis. Dieser Gastraum ist tatsächlich ein wenig unwirklich. Ich hoffe, er wird niemals renoviert. Sie könnten Wesentliches übertünchen.
Der Raum kam mir vor wie ein Labor, in dem die Menschen die Laborratten sind. Wie viele Einflüsse, wie viele Parameter sorgen dafür, wie sich die Anwesenden fühlen? Jeder Einzelne kommt mit seiner ganzen Geschichte und der Geschichte des laufenden Tages herein. Zwischenzeitlich kamen neue Hotelgäste, weil die Fähre angelegt hatte. Die Tür flog auf, die Temperatur änderte sich, es zog, Kinderwagen wurden hereingefahren, Gepäck hineingeschleppt, Tische gerückt, um den Weg frei zu machen.
Und wie viel Einfluss hat die Geschichte dieses Raumes? Die Ölbilder von Segelschiffen, das ausgestopfte Krokodil im Regal hinter dem Tresen, die Inselfotos aus vergangenen Zeiten, all diese memorierenden Requisiten? Der Gastraum des Hotels van der Werff ist einer meiner Lieblingsorte, an die ich gerne zurückkehre. Nun habe ich dort tatsächlich ein Gedicht geschrieben. Das hatte ich vorher schon einige Male probiert. Vielleicht Schreibereitelkeit. Die oben erwähnte Vorstellung von. Da sitzen wie die Romanciers in alter Zeit und so melancholisch wunderbar am Leben leidend. Mit einer Kippe im Mundwinkel und der ausstehenden Miete im Nacken.
Ja, ich habe ein wenig geschauspielert. Mache ich manchmal. Den Alltag in seinen Möglichkeiten dehnen. Eine Freundin nennt mich deshalb tuckitucki und so ganz allmählich habe ich eine Ahnung, was sie meint. Hat Spaß gemacht, dieses Spiel aus Wissenschaft, Parameteränderung, Lyrik, Bier, Hund, Fotos, Bühne voller Requisiten.
Morgen ist dann Schluz. Ab nach Hause. Fähre, Autobahn, Heimat. Zurück in die Normalität, Spielende:)