Diese besonderen Tage. Sie lächeln, schmeicheln, sind charmant.
Am Morgen musste ich früh raus. Ein Termin in Soest von der Agentur aus. Mit dem Coupé mit den vielen PS. Hemd, Sakko. Das Sakko, dass ich letztes Jahr trug, als wir dieses Treffen in Frankfurt hatten. Zum Jahresauftakt. Reden, präsentieren, schauen, feiern.
Am Abend waren wir in einem italienischen Restaurant an der Hanauer Landstraße. Holztische, die Wände voller Fotos. Italien. Früher. Heute. Filmschauspieler. Diven. Geschichten. Mochte ich sehr. Das Essen war vorzüglich, die Stimmung exzellent. Ein guter Einstieg mit den neuen Kollegen/innen. Das Restaurant hieß: DAS LEBEN IST SCHÖN. Heute fand ich vier Visitenkarten in der Brusttasche meines Sakkos, die hatte ich damals eingesteckt. Manchmal sind es diese kleinen Überraschungen, die verzaubern.
Es war ein guter Termin heute. Es macht Spaß, Ergebnisse zu präsentieren. Zu reden, gemeinsam zu überlegen und letztlich Veränderung zu bewirken. Erntezeit. Wir Kreativen ernten. Wir säen, wir ernten. Es ist ein schöner Beruf, der aus Gedanken Bilder formt.
In den letzten Tagen bin ich ein wenig feinfühlig. Sensibel. Das sind Augenblicke, wenn der Panzer abgelegt ist, den wir brauchen, um dem Draußen standzuhalten. Auch das kennt ihr. Landläufig wird das Moment der Schwäche genannt. Ich liebe das. Sehr. Da wohnt Authentizität drin, Wahrheit, Ehrlichkeit, eine kraftlose Kraft, die etwas Edles hat. Dann sind die Sinne weich, die Finger fühlen mehr, die Augen verzeihen und ein Kuss wäre viel zu viel.
Nach der Arbeit habe ich mich in mein Auto gesetzt. Bin nach Hause gefahren. Da traf ich auf die Bigge. Den See, an dem ich immer entlang fahre. Bald schon ein Jahr. Im Winter gab es ein Bild, dass mich morgens umgehauen hat. Öfter. Da liegt so ein Ausflugsdampfer im Hafen. Vertäut. Eine Lichterkette zieht sich vom Bug bis zum Heck. Morgens, im Dunkeln, oft im Morgennebel, war das ein Bild, dass ich gerne eingefangen hätte. Ich habe es gelassen, als Zeichen des Respekts für das Unantastbare. Manchmal müssen wir kleine Opfer bringen, um nicht zu verbrennen.
Heute war nicht so ein Tag des Verzichts. Ich durfte im Vollen schwelgen. In Emotionen. Auf dem Rückweg stand die Sonne tief über dem See. Die Bäume spiegelten sich im stillen Wasser. Die Wolken, die Boote. Ich lief hierhin, dorthin, schoss 100 Fotos. Es war unglaublich. Prall. Satt. Dieser Herbst ist für mich besonders.
Als ich zurück kam in die alte Schule, setzte ich mich an den Küchentisch, um mir die Fotos auf dem Rechner anzuschauen, da kam eine Mail von Zoe. Sie ist gerade in Köln bei Jens und schreibt an ihrer Biographiearbeit, die sie nach den Ferien präsentieren muss. Vor großem Publikum. Eltern, Lehrer, Schüler, Verwandte. Ein Podium, 100 und mehr Menschen, die zuhören. Ein großes Ding, ich werde aufpassen müssen, dass mir nicht die Tränen kommen. Meine Kleine.
Die Mail: Der Text. Sie hat über Pina Bausch geschrieben. Ich habe den Text gelesen. Au Backe. Sie kann schreiben, sie kann fühlen. Eine lebendige Pina Bausch. Dann kam noch eine Mail und ich las die Worte:
unsere Gefühle
sind Heiligtümer
Manchmal ist das Leben schön. Und gleichzeitig eine Nummer zu groß. Habe ich euch mal gesagt, dass ich Boote liebe?