Blogstöckchen: This is how I work

Stöckchen

Was ist ein Blogstöckchen? Klingt niedlich und so, als könne eher der Herr Cooper etwas damit anfangen. Nun, weil es bei mir gelandet ist, habe ich es gefangen und dann recherchiert, was es ist. Eine Art Staffellauf. Von Blog zu Blog. Wer den Staffelstab übernimmt, schreibt. Über sich und das Thema: This is how I work. Es geht also darum, Einblicke zu geben. In Arbeitsweisen. Methoden. O.K. Dann mal los… Ach. Vergessen. Mir wurde das Stöckchen von Ulrike Juli Scheld zugeworfen, die mit VIELBEGABTEN arbeitet und in ihrem Blog darüber schreibt. Thanx:)

Blogger-Typ

Oje. Was gibt es denn für Blogger-Typen? Muss ich echt nachdenken. Ich bin der Typ sprachverliebt. Bloggen ist für mich Ausgleich. Der fiftyfiftyblog eine Spielwiese. Hier kann ich rumtoben und ausprobieren. Weil ich mein Geld mit Schreiben verdiene, bin ich normalerweise engen Vorgaben unterworfen. Da schreibe ich nicht für mich, sondern für Kunden. Denke mich ein, zermatere mir das Hirn, versuche, schwierige Sachverhalte zu verstehen und in einfache Worte zu fassen. Hier frei zu schreiben hält mich sprachlich locker und inspiriert mich. Hier kann ich Fünfe gerade sein lassen und auch Worte verwenden, die im Job No-Gos sind.

Zudem lerne ich hier viel über Social-Media, die Sprache und die Kommunikationsmechanismen im Web. Auch das hilft mir immer wieder im Job. Ich bin also der Typ Blogger, der gerne spielt und lernt und darüber hinaus mit netten Menschen kommuniziert. Betonung liegt auf nett. Kommentarstress aufgrund von Provokationen und Polarisierungen (wie in den Spiegel-Online-Blogs) liegen mir nicht.

Tja, und dann bin ich der Bloggertyp, der gerne fotografiert und Gedichte schreibt. Und Kunst erlebt und Familie. Und Landleben und Stadtleben und… Ich glaube fast, dass es für mich keine Schublade gibt. Mal so, mal anders.

Gerätschaften digital

MacBook, Notebook, PC.

Gerätschaften analog

College-Blog, kariert.

Arbeitsweise

Schnell. Die Zeit fürs Bloggen knapse ich ab. Schaue, wo und wie ich das reinschiebe. Hat sich ein Zeitfenster geöffnet, fange ich einfach an. Das Thema habe ich im Kopf und dann lasse ich mich überraschen. Meistens fließt es. Satz für Satz. Die Struktur ergibt sich beim Schreiben. Foto drüber, fertig.

Welche Tools nutzt du zum Bloggen, Recherchieren und zur Bookmark-Verwaltung?

Klar, wordpress. Arbeite ich sehr gerne mit. Alles so easy und auch ohne Programmierkenntnisse sehr gut nutzbar. Ich bin mein eigener Administrator und kümmere mich um alles – schaue nach Plugins, die notwendig sind. Ganz wichtig natürlich das bunte Web – mit all den Inspirationen und Informationen. da bin ich viel unterwegs und stöbere. Das Web hilft mir auch immer, wenn es ein Problem gibt. Wenn eine Frage auftaucht. Einmal war nach einem wordpress-update der Blog futschikato. Irgendetwas mit SORRY und so auf dem Bildschirm. Der Download war abgebrochen und hatte eine weiße Seite hinterlassen. Die Firma Google hat mir dann jemanden persönlich vorgestellt, der wusste, was zu tun ist. Überaus freundlich. Das Web ist irre. Und ich bin irre gern im Web.

Wo sammelst du deine Blogideen?

Sammeln passt nicht so ganz. Ich lebe, schaue und schreibe. Über Dinge, die mir begegnen, die mich beschäftigen. Mein Gefühl sagt mir, was in den Blog kommt. Und so entsteht dieses fiftyfiftyblog-Sammelsurium. Fast alles entsteht spontan ohne Vorbereitung.

Was ist dein bester Zeitspar-Trick/Shortcut fürs Bloggen/im Internet?

Schnell schreiben, nicht zu viele Gedanken machen, kurz recherchieren und los. Über die großen journalistischen Themen schreibt die Zeit:)

Benutzt du eine To-Do-List-App?

Eine was? Ich glaube nicht.

Gibt es neben Telefon und Computer ein Gerät, ohne das du nicht leben kannst?

Nein.

Gibt es etwas, das du besser kannst als andere?

Besser. Lassen wir mal das mit dem Vergleichen. Wie alle anderen auch habe ich Talente. Ich bin sehr froh, meine zu haben. Welche? Einige findet ihr im fiftyfiftyblog. Wenn euch das Thema wirklich interessiert, dann blättert euch mal durch.

Was begleitet dich musikalisch beim Bloggen?

Das Bloggen als Schreibprozess findet ohne musikalische Begleitung statt. Dann kann ich mich besser konzentrieren. Musik hören und schreiben gleichzeitig ist nicht so mein Ding. Ansonsten spielt Musik immer eine Rolle. Im Blog kommt Musik, die mich begleitet immer wieder vor. Es gibt eine Rubrik Musik… Oder auch ein Gedicht, das meine Musik per Links präsentiert: 29.Jede Zeile ein Link, ein Song (sofern die Gema die Songs nicht gesperrt hat).

Wie ist dein Schlafrhythmus – Eule oder Nachtigall/Lerche?

Beides. Mal so, mal so. Partys gerne bis zum frühen Morgen. Während der Woche lieber zeitig ins Bett. Meistens.

Eher introvertiert oder extrovertiert?

Ups. Schon wieder beides. Mal so, mal so. Mal laut, mal leise.

Wer sollte diese Fragen auch beantworten?

Gitta Becker

David Grasekamp

Raoul Haagen

Papas und Opas schöner Old-Style

Schätze_red

Ich mag alte Dinge. Vor allem, wenn sie mit Leben und Bedeutung aufgeladen sind. Oben auf dem Foto zeige ich euch einige meiner kleinen Schätze. Von denen weiß eigentlich niemand, weil die in meinem kleinen Safe aus Kindertagen liegen. Die alte Taschenuhr meines Opas Heinrich, die Besucherkarte seines Bruder Fitz, das alte Schreiben vom 17. April 1904, das irgendeinen Verwaltungsakt beschreibt. Da sind Zettel dran geklebt, schriftliche Anmerkungen zugefügt und alles ist mit einem Stempel versehen: 19. April 1904. Das feine Papier hat einen Reichsadler als Wasserzeichen. Ein Schreiben, das nun über 100 Jahre alt ist.

Eigentlich bin ich kein Sammler. Weder von Briefmarken noch von irgendwas. Hier geht es mehr um Erinnerung. Ja, da könnte ich schon sagen, dass ich die sammle. Zum Beispiel hier in meinem kleinen versteckten Online-Tagebuch. Kürzlich öffnete ich also meinen alten Tresor (eine orangefarbene Geldkassette, in der ich mein Taschengeld vor Fremdzugriff schützte – zwei Brüder!). Irgendetwas daraus brauchte ich. Da zogen mich die Dinge an. Ich konnte die alten Herren, meine wunderbaren männlichen Vorfahren sehen. Wie mein Opa die Uhr aufzieht, wie er den Deckel öffnet, um die Zeiger zu bewegen. Sein Bruder Fritz, der bei einem Besuch in feinem Hause seine Karte, nur mit Namen und Ort, auf das silberne Tablett eines Bediensteten legt, um sich förmlich anzumelden. Und ja. Die beiden Manschettenknöpfe. Die haben meinem Vater gehört und sind mein Erbe. Ein goldener, verschlungener. Einer mit einem Hirschkopf auf grünem Grund.

Mein Vater war mal zur Kur in Inzell und hat sich dort mit so Fürtizeugs im Lodenstil ausgestattet. Als er noch wandern konnte, trug er gerne eine knielange Lederhose. Wahrscheinlich diente der Hirschkopf-Manschettenknopf, um das passende Hemd an der Maschette zu verschließen. Ich habe da leider keine Erinnerung. Auch den goldenen Manschettenknopf habe ich nie an ihm gesehen. Aber ich weiß, dass er sie früher getragen hat und finde, dass das eine schöne Vorstellung ist. Ein Mann mit Stil. Er hat immer weiße Hemden mit Krawatte getragen. Jeden Tag. Seine Schuhe waren immer geputzt. Gleichzeitig konnte es aber auch passieren, dass er mit einem bunt glitzernden arabischen Fes auf dem Kopf aus dem Haus ging. Sein ganz eigener Stil.

Als ich die Manschettenknöpfe in der Hand hielt, musste ich an ihn denken. Ich habe ihn mir vorgestellt im weißen Hemd. Rechts der goldene Manschettenknopf, links der mit dem Hirschkopf. Das hätte mir gefallen. Vielleicht sollte ich mir so ein Hemd besorgen und in seine Fußstapfen treten. Vielleicht ein Paar neue Maschettenknöpfe besorgen? Kann man einfach online kaufen, was gegenüber früher schon ein netter Vorteil ist. Den alten Stil aufnehmen… Ein feiner Herr sein:) Mit Taschenuhr und Namenskarte und Manschettenknöpfen. Wie die Jungs vor mir. Der Gedanke hat was…

Andrea Fraser schläft mit Sammler im Museum Ludwig

"Untitled", 2003 Projekt und DVD, 60 Minuten, ohne Ton Videostill Courtesy: Andrea Fraser und Galerie Nagel Draxler, Köln/Berlin
„Untitled“, 2003
Projekt und DVD, 60 Minuten, ohne Ton
Videostill
Courtesy: Andrea Fraser und Galerie Nagel Draxler, Köln/Berlin

Skandal!

Könnte man meinen. Sex & Art. Wie? Wo? Was? Langsam. Fangen wir von vorne an. Aktuell stellt das Museum Ludwig Arbeiten von Andrea Fraser aus. Ihr wurde der Wolfgang-Hahn-Preis 2013 verliehen, den die Gesellschaft für Moderne Kunst am Kölner Museum Ludwig seit 1994 jährlich vergibt. Wer ihn bekommt, von dem wird Kunst im Wert von 100.000 € gekauft und dauerhaft im Museum Ludwig ausgestellt.

Nun war ich am letzten Wochenende im Museum Ludwig und bin, zugegeben, zufällig über die Ausstellung gestolpert. Das Museum ist seit vielen Jahren mein Lieblingsmuseum und ich komme immer wieder gerne und lasse mich überraschen. Spontan. Und was soll ich sagen? Also wirklich, mit Andrea Fraser ist das wirklich gelungen. Peng.

Mein erster Weg ist meistens die Treppe hinab ins Pop-Art-Verließ. Dort besuche ich meine Freunde Warhol, Rauschenberg, Johns & Co. Leider tut sich da wenig und der Raum hat Tendenzen der Verschmuddelung. Die Werke leiden unter einer verstaubten Atmosphäre – sie wirken ein wenig vergessen so hinten, unten in der Ecke und bräuchten dringend mehr Liebe und Aufmerksamkeit in Form einer Neuhängung und Neuinszenierung. Ein wenig Renovierung wäre auch nicht schlecht. Dieses Mal war meine Sehnsucht nach Frische frappant. Das aber nur so nebenbei. Was mir hier dieses Mal am besten gefallen hatte war eine Besucherin, die ein Zahnbürste in ihrer Levis trug. Eine schöne Geschichte, die da erzählt wird. Fragen, die aufgeworfen werden. Wer? Wo? Was?

Levis Zahnbürste_red

Raus aus der Pop-Art, rein in die Fraser Ausstellung im Keller gegenüber. Vor der Ausstellung fette Schilder „Fotografieren verboten“ in Form einer fett und rot durchgestrichenen Kamera. Ich packe meine Nikon weg. Vor der Ausstellung ein Wachmann mit Walky-Talky. Raumgreifend. Und prompt kommt die Meldung über Funk, dass da jemand trotz Verbot in der Ausstellung den Auslöser gedrückt hat. Eine Stimme aus dem OFF. Die ganze Ausstellung ist mit Kameras überwacht und eine Frau gibt Anweisungen, wer zur Rechenschaft gezogen werden muss. Big Sister is watching you. Ich bekomme das auch noch zu spüren, weil ich mich in einem Raum hingesetzt und an die Wand gelehnt habe, um einem Video zuzusehen. Da hörte ich schon aus dem Nachbarraum das Walky-Talky und wusste, dass ich jetzt dran bin. Es herrscht ein rauher, lauter Ton im Museum Ludwig. Immer wieder kam jemand, um zu schauen, ob ich auch wirklich meine Kamera in der Tasche lasse. Mann! Die Kunst zerrt an den Grenzen der Bürgerlichkeit, versucht zu weiten – die Zuschauer/innen sind den Gesetzen der Ordnung durch einen privaten Wachdienst mit einer gewissen raumgreifenden Funkkommunikations-Aufgeregtheit unterworfen. Auch das war kein schönes Gefühl. Wobei ich sagen muss, dass es im restlichen Haus wesentlich entspannter war.

Da war doch was? Ich wollte über Andrea Fraser schreiben. Nicht so einfach, wenn man sich in einem solchen Museum bewegt, das so lebendig im positiven Sinne ist. Ich, wir traten also ein in die Welt der Videos und Performances der Andrea Fraser. Sie ist so alt wie ich. Ist also 1965 geboren, in den USA/ Montana. Heute lebt sie in New York und denkt intensiv über Kunst und Gesellschaft nach. Ein altes Thema. Goethes Torquato Tasso. Wie käuflich ist die Kunst? Andrea Fraser sitzt hier in der Zwickmühle. Sie ist Künstlerin. Sie lebt vom Kunstmarkt. Sie braucht Mäzene. Sammler. Museen.

Die Kunstszene ist ein Kunstmarkt. Deshalb kam es nicht schlecht, die Fraser-Ausstellung während der ART COLOGNE zu eröffnen. Money. Makes the art go round. Ich erinnere mich an einen Blick ins Foyer der Deutschen Bank-Zenrale im finance district in London im letzten Jahr. Riesige Werke hingen dort. Ein Museum hinter verschlossenen Geldtüren. Und: Investments. Geldanlagen. Wer Kunst und Künstler macht, hat irrsinnige Rendite. Für 5.000 kaufen, pushen und ZACK, BENG, BUMM ist das Bild 100.000 oder eine Millionen wert. Das sind in Prozent…

Rund um diesen ganzen Kunstmarkt laufen die Vernissagen, Ansprachen, Reden der Kunstkritiker… Die allgemeine Kakophonie des Kunstblablas nimmt Fraser auf. Sie hat zugehört in der Vergangenheit. Hat Reden, Ansprachen, Einführungen aufgenommen und verarbeitet. So tritt sie beim Hamburger Kunstverein auf im Jahr 2003. Hält eine Eröffnungsrede, in der sie verschiedene Posen und Positionen einnimmt: „Official Welcome“. Sie redet, gestikuliert, ändert den Tonfall, sie weint, zieht sich aus, stellt sich nackt vor das Publikum und redet weiter – über Kunst. Nicht in ihren Worten, in den Worten, die immer wieder fallen. Sie zeigt WIE MAN ÜBER KUNST SPRICHT. Phrasen. Nervtötendes Geplapper. Phonetische Abziehbilder. Automaten-Ansprachen.

"Official Welcome" Performance und Video Kunstverein in Hamburg 2003 Videostill Courtesy: Andrea Fraser und Galerie Nagel Draxler, Köln/Berlin
„Official Welcome“
Performance und Video
Kunstverein in Hamburg 2003
Videostill
Courtesy: Andrea Fraser und Galerie Nagel Draxler, Köln/Berlin

Beeindruckend. Weil sie weiß, was sie macht. Weil sie konsequent ist. Und weil sie es kann. Sie schlüpft als Schauspielerin in die Rollen. Wechselt die Perspektiven vom einen auf den anderen Augenblick.

Tja, und dann kommt „Untitled“. Auch aus dem Jahr 2003. Ein Video, das im Museum Ludwig in einem großen, weißen Raum gezeigt wird. Dort steht ein kleiner Fernseher. Was ist zu sehen? Wie Andrea Fraser in einem Hotelzimmer mit einem Sammler schläft. Eine Frau im roten Kleid, ein Mann, der Sammler und Teil dieses Projektes ist. 60 Minuten. Komplett durchgezogen. Wir setzen uns auf den Boden und an die Wand, um uns das anzusehen, als wir auch schon vertrieben werden. Mental. WACHDIENST. Sie hatte gerade ihren Slip ausgezogen. Wir wussten ja, was kommt. Egal.

Diese „Performance“ war ein Projekt, bei dem fünf DVDs entstanden sind. Andrea Fraser hatte den „Sex mit einem Sammler in einem Hotelzimmer“ für den Kauf eines Videomittschnitts auf einer DVD über einen Galeristen angeboten. Tatsächlich fand sich ein Sammler, der mitspielte. Und mit ihr vor laufender Kamera schlief.
2003 war das ein Skandal und selbst die New York Times ist über Andrea Fraser hergefallen und hat sie verurteilt.

Was hat sie getan? Eine Prostitutionsszene nachgespielt. Mann mit Geld trifft auf weiblichen Körper, der in diesem Fall eine Künstlerin ist, die sich mit Mechanismen des Kunstmarktes auseinandersetzt. Konsequent. In einem Artikel, der 2009 veröffentlicht wurde, schreibt sie über die Hintergründe. In ANDREA FRASER SCHREIBT ÜBER PROSTITUTION und das Video „Untitled“ erläutert sie: „In meinem Video „Untitled“ (2003) bin ich beim Sex mit einem Kunstsammler in einem Hotelzimmer zu sehen. Der Ausgangspunkt der Arbeit ist die Metapher der Prostitution, wie sie sich im 19. Jahrhundert herausgebildet hat, als Baudelaire seine berühmte Gleichung formulierte: „Was ist Kunst? Prostitution.“ Man benutzt den Begriff „Prostitution“ heute häufig, wenn man beschreiben will, wie sich in einer kapitalistischen Gesellschaft alle zwischenmenschlichen Beziehungen, sogar die allerintimsten, auf ein ökonomisches Verhältnis reduzieren lassen.“

Das ist im Museum Ludwig zu sehen. Eine richtig gut gemachte Ausstellung, die fesselt. Ein wirklich intimer Raum, in dem der Wachdienst fast schon wie inszeniert wirkt. Man wird nicht in Ruhe gelassen, kann Kunst nicht einfach konsumieren. Das geht tiefer, trägt nach, beschäftigt weiter. Mich jetzt schon seit letztem Sonntag. Ein gutes Zeichen, dass da etwas zu sehen ist, was Inhalt hat.

Ich danke dem Museum Ludwig für die Bereitstellung der Fotos, die Inszenierung dieser Ausstellung und überhaupt für all die wunderbaren Werke, die es dort zu sehen gibt. Thanx:)

How to kill your inner weapon…

DAVID_Pistole_red

Wie steht’s mit Aggressionen?

Frei davon? Total friedlich? Peace als Baby inhaliert wie Obelix den Zaubertrank? Oder doch manchmal ein wenig aggro? Wenn einer schräg kommt. So von der Seite und so. Rempler des Lebens. Hey, pass doch auf…

Freitag war ich in Köln. Hatte einen Briefingtermin in einer Agentur. Kurz. Prägnant. Und schon auf dem Weg nach Hause. Dadurch öffnete sich ein Zeitfenster. Plötzlich überkam mich eine Lust, die Zeit zu nutzen. Nicht für irgendeinen Job oder eine Aufgabe oder Pflicht oder so.

Da näherte ich mich der Autobahnabfahrt Overath. Nicht weit von dort ist das Anwesen, die Hausansammlung Cyriax. Ein Name, der mich, seit ich ihn das erste Mal auf dem Ortsschild gelesen habe, still fasziniert. Zumal dort eine altes, sehr altes Kloster steht. Ich sehe Mönche vor, Bilder aus dem Namen der Rose, Nebel, Kruzifixe, Kerzen, Choräle, Weihrauch, der ins Tal zieht.

Dort ist das Künstlerhaus, die Malschule. Ich habe David angerufen. DAVID. Hast du Zeit? Auf einen Tee? Niemand am Apparat. Mailbox. Die Abfahrt kam näher, keine Antwort, weiter. Schade. Zwei Kilometer später eine SMS. Ruf mich mal an. War gerade nicht am Telefon. Ich hab Zeit. O.K. Bis Engelskirchen. 10 Kilometer Extrarunde. Von der Autobahn runter, auf die Autobahn rauf, zurück. Gas. Speed. Cyriax. Hi, hi.

David malt gerade. Bereitet seine Teilnahme an der Ausstellung OSTRALE 013 in Dresden vor. Die Jury hat ihn ausgewählt, er bekommt einen Raum. Aktuell entstehen vier Bilder, die er zeigen wird. Die standen dort. Im Atelier, im Büro. Sie entstehen parallel. Faszinierend, sie so halb fertig zu sehen. Entstehungsprozess.

Er hat sie mir gezeigt. Dann haben wir Tee getrunken. Japanischen. Sehr fein. Wieder aus der schönen Keramikschale. Und wir haben über Kunst und Werbung gesprochen. Davids zwei Leben. Und irgendwie auch meine zwei Leben. Seine Ausstellung, den Raum, den er mit seinen Bildern ausfüllen wird, das, was dann dort geschieht. Es hat zu tun mit Waffen und damit auch mit Gewalt. Es wird an ein Projekt erinnern, das er 1990 gestaltet, inszeniert, durchgezogen hat.

Das Bild oben hat damit zu tun. Die Schönheit der Waffe als Objekt, die Linien, die Lichter, Glanzpunkte. Die Faszination, abzufeuern. Sie in die Hand zu nehmen, durchzuladen und es krachen zu lassen. Macht, Zerstörung, Wahnsinn, Freude, Schönheit. Alles einen Abzug voneinander entfernt.

Beim Abschied hat er mir eine signierte Postkarte geschenkt. Die hängt jetzt in meinem Zimmer. Schön. Ich denke, nach der OSTRALE werden die Bilder verkauft sein. Auch das von 1990. Deshalb freue ich mich, sie live gesehen zu haben. Die sind wirklich gut. Etwas in mir sagt, dass ich eine Ahnung habe, was sie wirklich bedeuten. Auch das gefällt mir.

Die innere Gewalt. Die innere Waffe. Die Bereitschaft, in irgendeiner Form abzudrücken. Und sei es nur mit einem Wort, das scharf genug ist, zu ritzen. Einerseits die Faszination, dass es diese Kraft gibt. Andererseits das Potenzial. Innenwohnende Brutalität als fortwährende Möglichkeit. Antagonisten. Dualismus. Kampf. Krieg. Fast genetisch.

Haus oder nicht Haus, das ist hier…

Also manchmal frage ich mich ja, ob ich wirklich Hausbesitzer sein möchte (was ich ja nicht wirklich bin, weil es eigentlich der Bank gehört. Noch.). Und zwar dann, wenn so viele Dinge anfallen wie gerade. Gestern Abend kam ich aus der Agentur, da sprang mir der Rasen ins Gesicht: Mäh mich! Hab ich gemacht. Aber das Gartenhaus sagte auch: Streich mich!

Hey! Ich hab ja auch noch was anderes zu tun. Und die Regenrinne flüsterte: Du müsstest mich mal wieder leeren. Hallo? Nach dem Rasenmähen hab ich mich lieber verkrümelt, denn wenn die erst einmal anfangen, dann…

Kürzlich war ich mit einer Freundin unterwegs, die in einer gemieteten Wohnung lebt. Sie hat einen kleinen Garten, um den sie sich kümmert und den Rest erledigt der Vermieter. Anruf genügt. Bei uns landen die Anrufe bei mir. Hey, Hausmeister, da müsste man mal…

Mal eben. Ja. Und dann… Gut. Andererseits. Ihr wisst. Ist schon schön, unabhängig und ungestört zu sein. Musik auf volle Lautstärke. Unbeschwerte Partys. Platz, Raum. Gestern habe ich mich erinnert, wie 1998 im Frühjahr das Fax ankam. Da war die Silhouette der alten Schule drauf gezeichnet. Da hatte ich schon Ja gesagt. So innerlich. Heute denke ich manchmal: Och, so ein neues Haus ohne all die Ecken, Kanten und Macken wäre auch schön gewesen.

So isser, der Mensch. Immer schauen, ob sich nicht noch was bessres findet… Ich schaue gerne Immobilienanzeigen, weil die so inspirierend sind. Eine neues Haus, ein neues Glück. Bauen würde ich wohl selber nie, weil es zu viele schöne Immobilien gibt, die schon da sind. Und manchmal gibt es diese verlockenden Haus-Schnäppchen… Kaufen und einziehen. Nix bauen. Hab ich in meinem Leben jetzt auch genug.