Das geilste Geschenk überhaupt: Weihnachtsfrieden:)

Nest_red

Mir ist so tuckitucki. Es gibt Momente, die ich einfach Momente nenne. Dann fühlt sich das Leben so an, wie ich es gerne habe. Schön, rund, prall, leicht. Wie ein Apfel im Sonnenlicht, Herr Cooper weggebeamt auf seinem Kissen. In etwa.

Gestern habe ich auf meinem täglichen Weg draußen in unserem Garten das Nest oben gefunden. Vom Wind, vom Regen der letzten Tage aus einem Baum herabgespült. Da lag es sanft und schön vor meinen Füßen und erzählte mir die Geschichte von Sommer, Familie und Frieden. Ein schönes Bild, wie dieses kleine Nest da lag. Ich habe es aufgehoben, damit es nicht zertreten wird. Manchmal bin ich ein kleiner Junge mit einem Frosch in der Tasche und 50 Pfennig in der Hand, um loses Lakritz zu kaufen. Im Tabakladen, bei Herrn Schweizer, dessen Kittel so grau war wie sein Gesicht.

Nun sitze ich in meinem Bett. Ich habe frei. Ela ist in Köln bei Jens, der gerade von einem Dreh aus Shanghai zurückgekehrt ist. Die beiden kommen heute Abend, wir werden dann mit Freunden den Odenspieler Weihnachtsmarkt besuchen. Uns einstimmen auf die Festtage. Morgen noch den Baum aus dem Wald holen. Schmücken. Ich freue mich. Über den Frieden in meinem Herzen. In den nächsten Tagen habe ich vor, einen Jahresrückblick zu schreiben. Einmal durch den Blog zu streifen und Revue passieren zu lassen. Bilder, Musik, Geschichten. Mein Leben.

Ja. In diesem Blog geht es um mein Leben. Kürzlich merkte jemand an, das sei schon Selbstdarstellung. Das ist richtig. Definitiv. Dazu habe ich mir natürlich Gedanken gemacht und bin zu einem Ergebnis gekommen: Dieser Blog ist meine Bühne. Mich hat es schon immer auf Bühnen gezogen. Schauspiel, Literatur, Aufführungen, Lesungen. Das ist ein Teil von mir, eine Sehnsucht. Es stimmt, ich suche Publikum. Weil ich nun Familienvater und Texter bin, kommt mir dieser Blog gerade recht. Ich kann von Zuhause aus auftreten. Aus meinen eigenen vier Wänden heraus. Kann nach Applaus gieren, nach Aufmerksamkeit, nach Kontakt, Kommunikation, Austausch, Inspiration, Verbundenheit. Das genieße ich sehr, weil es einen Teil von mir glücklich macht.

So freue ich mich, nun hier in meinem warmen Bett zu sitzen. Durch das regennasse Fenster schaue ich auf den Mühlenberg, die Zweige des Ahorns wiegen sich im Wind, die Musikanlage spielt Vert und Colleen und Mouse on Mars. Sehr ruhige Songs. Herr Cooper liegt vor meinem Bett und schläft, wacht. Die Kinder sind versorgt nach einem süßen Adventsfrühstück mit Schokocroissant, der Ofen bollert. Es ist ein Leben, wie ich es mir gewünscht habe. In diesem Augenblick, genau jetzt und hier, kann ich sagen: Angekommen. Dort, wo ich sein will. Haus, Hof, Heimat. Und eine Liebe. Für den Moment.

Es herrscht Weihnachtsfrieden. In mir. Darüber freue ich mich sehr. Das ist ein schönes Gefühl. Ein wenig wie entspannt am Strand liegen. Dankbar. Hände halten im Orbit.

Jens_Mütze

Ready for Take Off. Ten – Nine – Eight…

Kosmonaut_red

Dears. Noch steht. Alles. Senkrecht. Und mein Grundprinzip, das ich täglich umwerfe, ist: Sei breit. Äh, bereit. Zu tun, was getan werden muss.

Gestern Abend schon erste Anzeichen des Untergangs. Landstraße, Zoe an Board, kleiner Zoff, ob wir ihr geliebtes Big FM Radio hören oder meine Massive Attack Silberscheibe im Player. Ich habe dann diktatorisch entschieden. Massive Attack. Schließlich war ich der Fahrer und Lakai, der die Dame durch Schneetreiben und über Rutschiflutschi-Straßen zu ihrem Maestro kutschieren durfte. Um dann da eine Stunde lang zu sitzen in einem schönen Raum, zugegeben, und den Klängen zu lauschen, die schön sind, zugegeben. Dennoch, ich meine, also mal ehrlich, wirklich, das ist doch… Gut. Wir haben dann. Ich habe dann, diktatorisch entschieden auf der Rückfahrt, dass sie, meine Tochter, die Virtuosin, die Principessa ihren Willen bekommt. Radio. Da war die Stimmung an Bord gleich besser und so trudelten wir langsam durch Schneetreiben, das mich vollkommen unerwartet auf dem falschen Fuß erwischt hat. Wo kam das Zeugs jetzt her? Mr. Putin? Schnee statt Gas? Weltuntergangs-Romantik-Flocken. Süßer die Glocken, die Alarmglocken, nie klingen oder was jetzt? Wie jetzt?

Auf jeden Fall und auch in diesem Fall habe ich Zuhause erst einmal meinen internen Krisenstab einberufen, der sich ein wenig schizophren zwischen meinen Gehirnhälften eingenistet hat, um zu überlegen, wie ich mit dieser Maja-Kacke jetzt im Detail und konkret umgehe. Derweil ist Jim einen ersten kleinen Untergangstod gestorben, als ihm irgendein Witzbold einen Untergangslink geschickt hat, der sich als Zombie-Filmsequenz mit Schrei auf Maximallautstärke entpuppte. Uaaahhh! Er hatte Kopfhörer auf, erwartete etwas Ruhiges und dann plötzlich der Blick in einen weit aufgerissenen Zombieschlund und Maxsound über Kopfhörer. Der war wach. “Papa, boah, das war der Hammer.” War ein wenig blass, der Junge. Wenn ich den erwische, der sowas rumschickt und lustig findet, der kann schon mal seine Knochen nummerieren. Ehrlich, ey. Flitzpiepe, Vollpfosten, Humorfalschfahrer.

Auf jeden Fall war das ein weiteres Zeichen, dass mit diesem Datum nun wirklich nicht zu spaßen ist. Es liegt was in der Luft. Also habe ich in meiner Kosmonauten-Ausstattung gepennt, um tatsächlich vorbereitet zu sein. Neben dem Bett meine Taucherbrille und ein Schnorchel, um auf meinem etwaigen Untergangsweg durch das All, ich habe mir vorgestellt, ich sei Laika und würde von Flugobjekten ferner Galaxiekulturen aufgenommen, vorbereitet zu sein. Habt ihr diesen langen, verschachtelten Satz verstanden? Schiller hat immer so geschrieben. Und noch viel länger. Ich hab mir früher immer die Kommas gemerkt, die im Satz Bedeutung für den Sinn haben. Am Ende des Satzes ausgelaugt angekommen hatte ich dann doch immer alles wieder vergessen. Deshalb habe ich aufgehört, Schiller zu lesen. Die hatten Zeit früher. In der Werbung darf ich maximal ein Komma setzen. Dann ist Schluss. Muss sitzen, passen, verstanden sein. Komm auf den Punkt, Mann. Nee, nich hier im Blog. Is mir nach Schiller-Style, dann Schiller-Style. Insbesondere an Tagen wie diesen:) Wie kam ich jetzt da drauf?

Egal ist 88. Ich möchte nur, dass ich sie treffe im Orbit. Die heilige Prinzessin des Glücks. Dass wir unsere Hände halten und in die Weite schweben, so wie in “Im Rausch der Tiefe”, als er am Ende hinabsinkt. Goodbye. Der Abgang muss stimmen, deshalb auch meine Fashionmütze, die ich zusammen mit der Prinzessin gekauft habe. In Tübingen. Weihnachtsmarkt. Ein kleiner Laden. Mützenprobe, Lachanfälle. Ja, ich sehe bescheuert aus. Aber, ich habe wegen dieser Mütze schon so vieeell gelacht, und meine Kinder erst, dass sich die Investition von 29,95 € schon jetzt voll amotisiert hat, wenn man in Glückseinheiten rechnet und nicht so bescheuert krawattenmäßig in weltzerstörenden Renditen rechnet, die allen Menschen die Luft abschneiden, weil alle immer die Preise anheben müssen, um noch mehr zu verdienen und die Zahl vorm Komma noch weiter hochschrauben, bis sie so hoch sind wie der Turm zu Babel, der so viel Bestand hatte wie eine Sandburg im Strom der Gezeiten. Schiller. Büchner. Friede den Hütten, Krieg den Palästen und zur Weihnachtszeit: Ho, Ho, Ho Chi Min. Wenn schon mit Fahne in den Untergang. Lasst mich vorreiten, lasst mich apokalyptischer Reiter sein mit Kosmonautenmütze und Regenbogenfahne in der Hand. Kommt. Los. Attacke. ATTAC…

P.S. Gebt mir als Mann mit der Mütze wilde Tiernamen – oder boy names:)

Mit Henrik Schwarz auf fester Schneedecke unterwegs

Bin gerade viel unterwegs. Mit dem Auto. Hierhin, dorthin. Während ich so fahre, versuche die Kiste auf der Straße zu halten, weil alles ziemlich rutschig ist und die Schneeräumer die Sache irgendwie recht entspannt angehen lassen, höre ich Musik.

Musik von. Ihm. Meinem momentan neuen Favourite. Dieses Jahr haben sich ja schon einige die Klinke in die Hand gegeben. Die CDs stapeln sich in meinem Zimmer. I’m listenig to the worlds music. There are so many people. Sehr viele, die es drauf haben. Gerade habe ich ein Dejavu – als hätte ich diese Szene mit diesen Gedanken und dem, was folgt schon einmal erlebt. Gehirnquuxquax. Egal. Fehlschaltung.

Henrik Schwarz. Musiker und DJ. Elektroszene, in die es mich verschlagen hat. Weil mich da jemand versorgt. Das macht mich glücklich, wenn sich Menschen rührend um mich kümmern und Dinge mit mir teilen und mir gutes tun. Geschenke des Lebens. Immer und überall. Von wegen der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Nix da. Der Mensch ist dem Menschen ein Weihnachtsmann. Eine Weihnachtsfrau.

Auf jeden Fall habe ich jetzt eine Henrik Schwarz CD mit 23 sehr unterschiedlichen Tracks, die eine ziemliche Bandbreite darstellen. Gestern habe ich eine Klarinette gehört, ein Saxophon, ein Fagott, eine Oboe? Und dann klang es wie James Brown und plötzlich ein Schuss Reggae. Bob Marley. Alles verarbeitet. Heiner Müller sprach immer von Material.

Jetzt habe ich noch 10 Minuten. Dann ist es 00 Uhr und ich muss pennen, weil der Wecker wecken wird. Unmissverständlich. Bin spät dran. Eis, Schnee, Fußball, Haushaltsdienste von Holz hoch holen bis Spülmaschine. Natürlich muss ich euch noch einen Song präsentieren. Das ist nicht so einfach, weil die Bandbreite breitband ist. Ganz breit. Ich habe mich auf youtube durchgehört und für einen elektrisch minimalistischen Track mit Jazzelementen entschieden. Den hat er zusammen mit Bugge Wesseltoft aufgenommen. Sind ja immer Projekte und jeder mit jedem. Tatsächlich leben wir in freakigen Zeiten, wo schon lange nichts mehr so ist wie früher und es wird rasant weniger, was ja auch gut ist, es sei denn, man gehört zu den nostalgischen Melancholikern – wer tut das nicht, manchmal. Hier also “Leave My Head Alone Brain”, was ich mir auch manchmal wünsche.

Ein Wort zu den Fotos noch. Oben, das war das Abendrot von meinem Schlafzimmerfenster aus gesehen. Vorgestern. Leider hat mir jemand die Kamera weggenommen, ich hätte da gerne noch mehr. Egal. Hatte ja recht. Ich muss nicht immer fotografieren. Wird man süchtig von. Aber geht halt nicht immer, nicht fotografieren. Den Baum hatte ich vormittags in der Mittagssonne – Highnoon – getroffen. Der sah im Gegenlicht so fantasymäßig aus.

Ich wünsche euch einen schönen Dienstag. Bleibt auf der Straße. Fahrt langsam. Heute Morgen auf meinem Weg zur Arbeit war direkt hinter dem Dorf ein 7,5 Tonner in der Kurve geradeaus in den Wald gefahren. Und Tschüss. Kleine Böschung runter, eingeparkt. Dem Fahrer war nix passiert. Später stand ein Kleinwagen leicht verdreht in einer Böschung mit Felskontakt. Sah auch nicht gut aus. Manchmal ist das Leben einfach kein Ponyhof, sondern ein schöner, großer Pferdehof. Also. Ergo. Manjana.

Unterhosengeschichten und Good Morning, Mr. Nikolaus:)

Hey Ho. Ward ihr alle artig? Stiefel voll? Haut mal rein ins Dolce Vita. Bei mir gabs Haribo und Ritter Sport und Zwergennikoläuse von Kinderschokolade. In der zweiten Runde. Denn in der ersten Runde war es in diesem Jahr Mr. Schönlau himself, who gave the Part of the Saint. Gestern Abend noch. Kurz vor Toreschluss. Uibuh.

So, wo fange ich an. Zunächst einmal Positionsbestimmung. Planet, Erde. Ort, mein Schreibtisch. Ist gerade ein wenig schizo. Also jetzt sitze ich hier, also heute und arbeite als Freier. Texter, wohlgemerkt, obwohl mein Job durchaus manchmal Züge von Prostitution hat. Immer häufiger werde ich der Ansprechpartner für den Quickie, die schnelle Nummer zwischendurch. Mail rein, Klamotten vom Leib und dann ist es auch schon wieder gut. Die Welt ändert sich, die Loyalität, die Anhänglichgkeit, die Kontinuität ist heute eine andere. First question at all: How many Bucks? Schon vom Thema abgekommen. Musste mal gesagt werden.

Gestern Abend. Agentur, Attendorn, Heimweg, Olpe, Muckibude. Kabinengespräche unter Männern. Nach dem Training, ich komme rein, stehen sie da. Kerle. Kenne ich vom Sehen. Grinsen, schmunzeln, lachen. Einer erzählt von dem, der vorher geduscht hat und schon gegangen ist. “Da kommt der pudelnackt aus der Dusche, zieht sich sein T-Shirt über, setzt sich mit dem nackten Arsch auf die Bank, ih, und riecht dann an seiner alten Unterhose.” Allgemeines Boah, übel, ah. Ein anderer, nun inspiriert: “Ich kann ja die Typen nicht verstehen, die nicht duschen. Da kommen die vom Training, ziehen die Trainingshose aus, die Unterhose nass geschwitzt und die ziehen dann ihre Jeans drüber und ab nach Hause.” Allgemeines Boah, übel, ah. Ein älterer Sportler kommt rein von der Fraktion Karate oder Thai- oder Kickboxen. Der Erste, der mit der Nackten-Hintern-Story geht auf ihn zu. Nimmt ihn in den Arm. Oh. “Ich wünsche dir nächste Woche alles, alles Gute.” Alle gucken. Antwort. “Mein Lieber, ich wünsche dir für jeden Schritt deines Lebens alles, alles Gute.” Erneute Umarmung. Aus dem Hintergrund: “Heiratet doch.” Allgemeines Lachen. Grinsen. Ich bin gerührt. Männer sind, mit Abstrichen in puncto Unterhose, eine feine Sache.

Von der Muckibude bin ich dann über eine festgefahrene Schneedecke, vorbei an liegengebliebenen Lastern nach Hause und gerade noch rechtzeitig in den Supermarche im Nachbardorf, um mir bei der Firma Lindt einige Kleinigkeiten auszuborgen. Käuflich, versteht sich. Ein Deal. Heute Morgen ging der Wecker um 5.30 Uhr. Atemberaubend. Kurzer Herzstillstand. Was soll das denn? Rudy, mach du das. Also raus, ich. Aus meinem Kuschelbettchen gewühlt. Frische Unterhose, muss ja auch mal gesagt werden. Ich habe da nämlich so schöne neue von der Firma Puma, die sitzen sehr angenehm. Reinschlüpfen, wohl fühlen. Das Gummi ist sanft auf angenehmen Körperkontakt justiert. Da rutscht nichts und da zwackt nichts, was wirklich keine Selbstverständlichkeit ist, weil Männerunterhosen mit ihren verschiedenen Aufgaben im Detail doch wirklich durchdacht sein müssen. Von wegen einfach Stoff nehmen, ausschneiden, zusammennähen, Gummi dran, Peng. Oh, nein. Es gibt da statische Notwendigkeiten, die eine Shortkonstruktion zu einer Engineering-Aufgabe machen. Puma hat definitiv hervorragende Unterhosenkonstrukteure, die ihr Handwerk verstehen. Keine Frage. Übrigens trage ich, damit der Blogger ganzheitlich erkannt wird, am liebsten Shorts, also diese Unterhosen mit Beinchen. Ein wenig Retro. Die anderen, die ohne Beinchen, ich denke die heißen Slips, lehnen meine Kinder ab und schmähen sie mit dem Begriff “Eierkneifer”. Die allgemeine Beschreibung im momentanen Sprachgebrauch dürfte sein: Geht gar nicht. Vernichtendes Urteil, dem ich mich jetzt einfach mal anschließe.

Jesses Maria, wie bekomme ich denn nun die Kurve zu den Winterfotos? Kommt einfach mit. Lest weiter, wundert euch nicht, bleibt dran, kommt an die Hand, bitte in Zweierreihen aufstellen und schön am Rand bleiben. Warmen Kakao gibt’s später, gelle. Heute Morgen. Nachdem ich meinen Job als The Saint und Papa, was so ziemlich das Gleiche ist, erledigt hatte und Auto und Treppe von Schnee und Eis befreit hatte und die Kinder mit dem Bus entflohen waren, haben sich Herr Cooper und moi auf den Weg gemacht. Was für eine Luft. Minus zwei Grad, frisch, wunderbar gereingt, super zu atmen. Eine Wohltat. Premium, sag ich. In fetter Dunkelheit, durchbrochen vom Licht des Mondes, dem Kometen der Feuerwehr und den Lichterketten, die die Nacht zum Tag machen. Ich habe mir die Kamera geschnappt. Zeit. Luxus. Kein Weg zur Arbeit. Heute 9 Uhr Arbeitsbeginn, die Zeit vorher für mich. Luxus (Sagte ich schon, Herr Schönlau, bitte vermeiden Sie Dopplungen. Was? Leck mich.). Fotografieren, qui, qui, und in Ruhe bloggen. Stressfrei. Wie schön. Mit Schokolädchen. Vorher jedoch mit Herrn Cooper ins Tal, wo die Autos fuhren. Ich sah nur die Lichter, war natürlich sofort angefixt, habe die Gelegenheit beim Barte des Propheten geschnappt (heißt doch so, ne!) und abgedrückt. Die Kamera schneller als mein Schatten gezogen und Piff-Paff-Peng im Kasten. Gar nicht so einfach. Viele Schuss Munition sind da draufgegangen. Peng, Peng. Schnee, Dunkelheit, Lichter. Schöne Sache auch. Und irgendwas muss ich ja fotografieren, weil Unterhosen is ja nich. Schon gar nich in der Kabine der Muckibude. Obwohl das echt mal ne Story wäre. Ihr würdet es nicht glauben…

Ein Hobbit in einem Parkhaus in Avignon…

Es ist einige Jahre her, dass ich in dieses Parkhaus in Avignon hineingefahren bin und wieder heraus. Ela und ich hatten uns frei genommen im Frühling, die Kinder waren bei der Oma. Es muss um Ostern herum gewesen sein. Eine kleine Flucht. Mein Geburtstag. Ins Auto, die französische Autobahn an der Rhône entlang bis Lyon, wo wir ein Hotel gebucht hatten und am Abend in der Altstadt essen waren, in einem Viertel, dass uns ein Freund empfohlen hatte. Hoch über Lyon, wir waren mit einer U-Bahn gefahren, die den Gipfel erklommen hatte. Oben gab es viele Treppen, die in die Stadt führten. Wir hatten uns ein kleines Restaurant ausgesucht, spontan. Waren herumgelaufen und dieses hatte gelockt. Authentisch, ist der Punkt, das Kriterium. Drinnen saßen Menschen, in essen und Gespräche vertieft. Es wurde Wein getrunken, gelacht. Fronkreisch. Am Nebentisch saß eine junge hübsche Frau, die einen Teller voller großer Knochen vor sich hatte. Ich musste an Cooper denken und hätte gerne diesen Widerspruch fotografiert. Das sensible, feine Äußere dieser Frau und dieser martialisch anmutende Teller voller Gebein. Sie knabberte und lutschte an den Riesenteilen. Wie ein Francis Bacon Gemälde, nur eben live, was es noch unglaubwürdiger macht, weil in der Kunst alles durchgespielt wird, alle Facetten des Lebens durchleuchtet werden. Was uns ja so fasziniert, weil in Ecken geleuchtet wird, die wir nicht kennen oder sehen. Aspekte des Seins. Unergründlich tief mit dem Geheimnis des Kunstprozesses verhaftet. Eine Freundin hat mir erzählt: “Ich habe dieses Gedicht geschrieben und wusste genau, was da drin stand. Ich fand es toll. Dann habe ich es noch drei Mal gelesen und plötzlich wusste ich nicht mehr, was da steht.” Prozesse. Momente des Abtauchens, Entstehens. Später das schmerzhafte Lösen, das Zusehen, wie es versinkt. Adieu.

Am nächsten Tag sind wir nach Avignon gefahren, haben mitten in der Stadt in diesem Parkhaus geparkt, das in einem Berg unter der Stadt wohnt. Es war voller Farben und Zeichen. Kommunikation, Leitsysteme und Lightsysteme. Auf dem Boden, an den Wänden. Dort war dieses Foto EXIT entstanden, das nun bei uns im Gästezimmer hängt. Groß in schwarz-weiß. Ich habe viele Fotos gemacht mit Zoes Kompaktkamera, die leider falsch eingestellt war. Auf geringe Datendichte. Die Bilder haben alle nur zweihundert, dreihundert K. Fotos vom Markt, aus Nizza. Zum Beispiel diese weiße Bank mit dem Blick auf das Meer. Die zierte mal unsere Weihnachtskarte. Der Ruheplatz am Wasser, Psalm 23. Und muss ich auch wandern in finstrer Nacht… Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir mangeln. Und so fort.

Da gab es dieses Mittagessen im Hafen. Ein alter Joke von mir. Lass uns im Hafen essen. Dort hat es tatsächlich geklappt. Fisch, Weißwein, Yachten, trubeliges Leben. Schön. Das kleine Bergdorf im Hinterland, mein Geburtstag in einem schönen Zimmer. Wandern, Provence. St. Tropez. Picknick neben einer alten Yacht, die restauriert wurde. Wir waren über Italien zurückgefahren, haben Stunden am Gotthardt-Tunnel verbracht mit “Gut gegen Nordwind”. Die Stunden waren verflogen. Nach Hause, zu den Kindern, zum Hund. Ein anderes Leben.

Weshalb ich das schreibe? Weil mich heute Melancholie umgibt. Ja, ich weiß, ihr denkt jetzt wahrscheinlich “nach alten Zeiten”. Non. Monsieur NON. C’est la vie. Heute kann ich mich nicht gegen eine Sehnsucht wehren. Dieses Wochenende werde ich allein verbringen, weil Jim mit Freunden Harry Potter die komplette Staffel schauen will, Zoe bei der Oma Kekse backt, Ela in Köln ist und ich mit dem Herrn Cooper allein. Was ja auch schön ist, so mit dem Herrn Cooper allein. Quatsch mit Soße. Zeit zu haben. Heute Abend mit der Agentur zusammen zu kochen. Ein Event. Ich werde mir Cloud Atlas anschauen und vielleicht nach Düsseldorf in die Gursky-Ausstellung fahren und lange schlafen und gut essen und… Alles gut. Nur. Schöner wäre, das zu teilen. Wie dieses Parkhaus in Avignon. Damals. Und das geht nicht, obwohl es möglich wäre. Nicht mit Ela, wie ihr jetzt vielleicht wieder denkt. Gegessen. Was ich meine, das ist so bescheuert. Mir fiel heute Morgen auf der Cooper-Tour das Wort “indifferent” ein. Trauerweide der Sehnsucht. Das lässt sich nicht immer vermeiden. Manche Dinge sind, wie sie sind. Ich würde sie gerne sehen. Sie wohnt 20.000 Meter unter dem Meer. Und ich? Irgendwo im Mittelgebirge. Mittelerde. Ein Hobbit im Parkhaus von Avignon, der seinen Eselskarren parkt.