Nachdem ich gerade die Kinder zum Schulbus gebracht habe und dabei fast von der Straße gefegt worden wäre, ein Kleinwagen dachte seine Spur verlassen zu wollen, um sich torpedoartig in die Seite meines Autos zu bohren (hinten bei Zoe!), denke ich jetzt lieber wieder an Neuseeland. Sommer. Damals wollten wir die Reise nutzen, um zu sehen, ob wir dorthin auswandern. Elas Bruder lebt ja schon da und es ist einfach so ein schöner Fleck Erde. Dann haben wir uns aber doch dagegen entschieden, weil uns auf der Südinsel ein wenig Kultur gefehlt hat.
So kamen wir zum Beispiel nach Dunedin. Dort sind wir zur Otago Peninsula aufgebrochen, um uns das einzige Schloss Neuseelands und Australiens anzusehen – Larnac Castle. Ein Geschäftsmann hatte es seiner Frau gebaut. Mit Blick aufs Meer. Gute Adresse. Aber eben das einzige Schloss. Von dort sind wir zur Albatross-Station gefahren, die von Prinz Charles eingeweiht wurde, und letztlich zu einem einsam gelegenen Strand. Da war es schon gut, dass wir einen 4-Wheel-Drive-Kombi hatten.
Zoe hatte sich in den Kopf gesetzt, Pinguine sehen zu wollen. Am Strand dann aber entdeckten wir zunächst ein großes Stück Treibholz nah am Ufer, das sich schnell als lebendig herausstellte und näher kam. Ein brüllender Seelöwe und Strandwächter, der uns in seiner Sprache deutlich “Verpisst euch” entgegenschleuderte. Ruhig Kinder, kein Problem. Ich werde mal mit ihm reden. “Hey, alter Seelöwe. Alles fit im Schritt? Keine Probleme, sind gleich wieder weg.” Dem Heißsporn hatte wohl jemand schlechte Fischsuppe untergejubelt. Mit dem war nicht zu reden. Im Gegenteil, der wurde nur noch sauerer. Und kam auf uns zu.
Wir haben dann gedacht, gut, Baby, wir gehen jetzt hinter die Dünen, schleichen uns dort entlang und kommen hundert Meter weiter an den Strand zurück. Gesagt, getan. Als wir uns durch das Seegras zum Strand robben, trauen wir unseren Augen nicht. Da hat sich dieses ausgewachsene Exemplar, dieses Bart tragende Ungeheuer, dieser fettleibige Macho doch schon genau dort positioniert! Und brüllt. Und macht Theater. Und mein Strand und verpisst euch und ich will euch nie wieder sehen und so.
Wir haben uns dann in die Dünen gesetzt und haben uns den Strand angeschaut. So richtig schön. Nur ein Schloss aber millionenfach überwältigende Einsamkeit. Große Felsen im Meer. Ein solcher Strand bei uns an der Nordsee und… Ach, vergesst es. Nordsee. Ostsee. Deutsche Küste. Auch sehr, sehr schön. Aber abends am Timmendorfer Strand auf dem Weg nach Schweden sind wir mal nicht an den Strand gekommen. Der war abgeschlossen!!! Strand abschließen. Der gehört mir, da dürft ihr nicht drauf. Habe ich bis heute nicht verstanden. Verkraftet. Diese deutsche Engstirnigkeit lässt mich manchmal an diesem Land verzweifeln. Das bereitet mir Atemprobleme. Das ist die andere Seite Deutschlands. Burgen, Schlösser, Museen, Theater, Opernhäuser allerorten und ein abgeschlossener Strand. Das ist ein wenig wie sich selbst Handschellen anlegen.
Der Seelöwe hat sich dann diskret zurückgezogen. Die sind doof, die machen das Spiel nicht mit. Setzen sich einfach in den Sand. Wir konnten also irgendwann aufstehen und hatten den Strand für uns. Fast. Einige Meter weiter lag eine schlafende Robbe im Seegras. So süß. Flossen angelegt, Augen zu. Bubu. Hörte ich ein sanftes Schnarchen? Nein. Ich habe sie vorsichtig fotografiert. Aus der Distanz. Und schlafen lassen.
Als wir den Strand dann wieder verlassen haben, zur Vorsicht entlang der Dünenrückseite, war Zoe ein wenig ungehalten. “Schon wieder keine Pinguine.” Gar nicht so einfach, die kleine Lady zufrieden zu stellen. Der müsste man wahrscheinlich auch ein Schloss mit Meerblick bauen. (Nicht wirklich.) Jim spielte die ganze Zeit Seelöwe. Verzog sein Gesicht und kam brüllend auf uns zugestürmt. Auf dem weiteren Weg nach Nelson zur Sylvesterparty haben wir dann noch mehrfach Robbenkolonien gesehen. Leider waren die Gelbaugenpinguine draußen auf dem Meer – wir haben sie nicht gesehen. Jetzt heißt es immer, wenn Zoe ihren Willen nicht bekommt: “Keine Pinguine.” Das Foto von der Robbe unten ist in Kaikoura entstanden, wo es neben Walen, Delfinen, weißen Haien (ne, Thomas!) und Albatrossen eben auch Robben gibt. Sehr schöne Tiere.
Euch wünsche ich einen unfallfreien Tag. Ich werde mich gleich zu einem Kundenbesuch nach Köln durchschlagen. Es geht in eine große Fabrik. Da freue ich mich drauf, weil ich Produktionsstätten sehr mag. Wenn mir die Menschen stolz erzählen, was sie alles herstellen und weshalb sie das so gut machen. Menschen, die eine Sache richtig gut können. Alles wissen. Sprühen. Leuchten. Ein wirklich positiver Aspekt meines Jobs. Immer wieder neue interessante Menschen und Themen. Es wird nicht langweilig. Bei euch hoffentlich auch nicht. Falls doch, macht was dagegen. Is wichtig. Bewegung. Laotse: Das weiche Wasser bricht den harten Stein. Ciao.