Bye, bye Little Britain

Little Britain II

No you walk alone.

Ihr habt euch abgewendet, weggedreht, uns den Rücken zugekehrt. Und manche von euch haben uns den Stinkefinger gezeigt. Es ist ein Desaster. Eine Trennung nach so vielen Jahren. Gestern plötzlich habe ich es gewusst: Der BREXIT wird kommen. Sie gehen, die Briten. Und plötzlich war ich ein wenig wütend. Weil nun auch sie sich einreihen.

Sie sind in der EU niemals wirklich angekommen. Sagen wir, sie waren immer der nörgelnde Gast in der Wohngemeinschaft Europa, die mittlerweile auch ein Heim für Verrückte und Schwachmaten geworden ist. Populisten übernehmen das Ruder und treiben das Etablierte lakonisch süffisant vor sich her.

Einer der Brüche zwischen England und der EU war Bushs-Krieg gegen Saddam. Da war damals vom Alten Europa die Rede. Den Namen des Zitatgebers möchte ich nicht nennen, er sollte aus den Geschichtsbüchern vertrieben werden. Er hat ein übles Spiel gespielt, wie Bush auch. Und Großbritannien hat mitgemacht, in Falludscha gekämpft. Aktuell wird dort gerade auch gekämpft, nach so vielen Jahren. Komisch, oder, dass die Panzer keinen Frieden gebracht haben.

Also raus aus dem Alten Europa. Der britische Boulevard titelt ätzend. Das sind wir, gerade in Deutschland, von britischer Seite her gewohnt. Nach einer Trennung aber ist das was anderes. Wenn man dann noch verhöhnt wird. Stil sieht anders aus.

Nun aber, sage ich, ist es gut, wie es ist. Reisende soll man nicht aufhalten. Wenn es in einem Land vordergründig um nationale Interessen geht, was will es dann in einer Staatengemeinschaft mit Rechten und Pflichten? Die Briten haben den Schwanz eingezogen vor der Jahrhundertaufgabe Europa. Sie gehen lieber alleine. Beziehen ihr vermeintlich schickes Appartment im Londoner Westend und träumen von Reichtum und britischer Atmosphäre und schön geschlossenen Grenzen. Endlich der Zuwanderung einen Riegel vorschieben. Control. Ist nicht das das Alte Europa“ Das ganz alte Europa, dieses Europa der Kleinstaaterei und Grenzkontrollen?

350.000.000 Millionen prangerte die Leave-Kampagne an. Zu teuer, der Gemeinschaftsgedanke. Die Kontrolle wollte man wieder übernehmen. Nun ist da ein isolierter Inselstaat in Europa, der inseliger nicht mehr sein kann. Mich habt ihr Briten entäuscht. Für mich habt ihr die europäische Idee verraten. Für mich ist euer BREXIT purer Egoismus. BRITAIN FIRST.

Es ist nicht schön, solche Nachbarn zu haben. Das sage ich heute, Jahrzehnte nach dem 2. Weltkrieg, zu einem Land der Entente. Damals habt ihr, vielen Dank dafür, Zusammenhalt bewiesen. Ihr habt an eine Sache geglaubt und dafür gekämpft. Der BREXIT ist etwas ganz anderes.

Wir werden sehen, was geschieht. Jetzt sind die Karten für Europa und die EU neu gemischt. Allmählich muss man schauen, wer in der EU wirklich noch an den Gedanken einer europäischen Gemeinschaft, mit Betonung des Wortes Gemeinschaft, glaubt und sich dafür einsetzt. Zeit für einen Kassensturz und Bekenntnisse.

Es sind nicht mehr die hellsten Sterne im Kreise auf blauem Grund. Es sind auch nicht mehr überall die hellsten Sterne des Himmels an der Regierung. Da ist viel populistische Engstirnigkeit unterwegs.

Bye, bye Little Britain. Wir sind jetzt getrennte Leute. Ich hoffe, wir können Freunde bleiben. Aber erst einmal sitzt die Enttäuschung tief.

Little Britain

2 Antworten auf „Bye, bye Little Britain“

  1. Hallo Jens,

    ich bin mir noch nicht sicher ob der Brexit wirklich vollzogen werden wird. Sagen wir so: in meinem Bauch ist da noch ein Restgefühl, dass es bei der Empfehlung, die ein Referendum nur ist bleibt. Aber ….
    Im Grunde sind sich viele am Tag danach erst darüber im Klaren, was der Weg durch den Exit bedeuten wird, bedeuten könnte.
    Europa, ein geeintes Europa ein Traum, das nach Vorbild des amerikanischen Staatenbundes noch mehr: Rahmengesetze, Auslegung ist Sache der Bundesstaaten grob gesagt, Gurken mir 20 cm Länge und drei cm im Durchmesser, wer will die schon. Viele Lobbyisten haben ein vereintes Europa mit Uniformität, mit durch und durch gleich verwechselt, Flaschen mit Olivenöl auf Tischen in Urlaubsorten, müssen Etiketten des Herstellers tragen, warum wissen wir auch. Das ist zu viel Europa. Stell Dir vor an Deinem heiß geliebten Urlaubsort sieht es aus wie überall, schmeckt und riecht es so, weil man Pinien verbietet nach Pinien zu riechen. Das wäre dann nicht mein Europa. Grob gesagt, weniger Lobbyismus, mehr Individualität erhalten. Überall 30iger Zonen an Stellen, wo es sinnlos ist, das muss in jedem Land so gehalten sein, wie das Land es will und nicht wie Europa das durchsetzen will. Es gibt viele Kritikpunkte, die man sich zumindest von den Bürgern anhören sollte und auch danach arbeiten muss, auch die Europaabgeordneten sind von Bürgern gewählt.
    Die Briten haben nur 350 Mio. Pfund pro Woche gehört, die sie in die Kasse der EU bezahlen würden. Abgesehen davon, dass die Zahlen falsch sein sollen, sie werden nach dem Austritt keine Sonderrechte, wie sie diese jetzt haben mehr haben und mehr bezahlen müssen – ohne Stimmrecht.
    Cameron wird erst im September/Oktober zurücktreten wollen, warum? Vielleicht gibt es noch einen turn around, wenn sich alles beruhigt hat? Sein potentieller Nachfolger Johnson glaubt den Brexit bis zum Sankt Nimmerleinstag ziehen zu können. So lange der Antrag auf Austritt nicht gestellt ist, solange bleibt GB drin. Wenn das Parlament beschließt, dass das Referendum nicht umgesetzt wird, dann bleibt alles beim Alten.
    Europa – eine gute Sache, wir sind alle zu klein, wir können alle nicht ohne den anderen, auch die Insel nicht. Selbst die Schweiz und Norwegen können das nicht, bezahlen in den Topf, haben ihre Handelsabkommen, müssen die Statuten so anerkennen wie sie sind, haben aber kein Stimmrecht, können nicht gestalten.
    Ich bin in allen Punkten vollkommen Deiner Meinung, dennoch bin ich mir nicht sicher, ob sie wirklich gehen werden, vielleicht ohne Schottland und Nordirland und London, was so verrückt ist, dass ich mir Letzteres nicht vorstellen kann. Die Sterne sind nicht mehr die hellsten, aber immerhin sie leuchten noch und vielleicht müssen Politiker ausgetauscht werden, denn der Spruch von früher „Haste einen Opa, dann schick ihn nach Europa“ hat seine Gültigkeit längst verloren.

    Liebe Grüße
    Gitta

    1. Liebe Gitta,

      für mich ist die Europäische Gemeinschaft ein absolutes Erfolgsmodell. Es gibt weltweit keine Alternative. Europa ist eine Ideologie der Gemeinsamkeit, des Grenzen überschreitenden Zusammenhalts. Natürlich ist es nicht einfach und wird niemals einfach sein, diese starken Nationen zusammenzuhalten. Die Briten sind in Europa nie angekommen. So what. Wie verlieren gerade keinen Führer der europäischen Idee, sondern werden einen Nörgler los. Sie hätten anders abstimmen können, wenn es sie interessiert hätte. Hat es aber nicht wirklich.

      Den Engländern war egal, was zum Beispiel mit den Iren passiert. Die müssen nun zwischen Irland und Nordirland Grenzen aufbauen. Wer will das? Diese Grenze war Basis für einen jahrzehntelangen Bürgerkrieg. Hat das England interessiert? NO. Wir brauchen Europa mehr denn je in der Welt. Europa muss mehr denn je Verantwortung übernehmen und für Werte stehen. Brexit ist der Ausverkauf der Werte. Wir sollten sehen, was wir haben, nicht, was wir haben könnten. Europa ist vielleicht ein wenig zu sehr verwöhnt.

      Herzliche Grüße

      Jens

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