Danke, Ihr Mädels und Jungs der Technik-Hotlines!

oak. 2013
oak. 2013

Wow!

Schreck in der Abendstunde. Blog down, nichts ging mehr. www.fiftyfiftyblog.de nur noch mit einer Fehlermeldung auf dem Bildschirm.

Alles nahm seinen Anfang mit dem Sturz unseres Kirschbaums im Jahr 2006. Ihr merkt, das wird eine lange Geschichte. Der Baum war krank, schon im Juli nackt und zudem groß und mächtig und schattig und nicht schön und falsch platziert. Also hatte ich das RWE angerufen, weil der Baum in die Stromleitung reichte. Die schickten ein Sub-Unternehmen mit polnischen Freunden, die in den Baum kletterten und ihn an Seilen hängend von oben abtrugen. So groß war er. Einer der Männer rutschte mit laufender Motorsäge ab und hing baumelnd am Seil, was für ihn Alltag zu sein schien. Lange Rede, kurzer Sinn: Mit dem Baum ging die Befestigung für unsere geliebte Hängematte. Hatte ich nicht dran gedacht, was mir böse Blicke der Familie einbrachte.

Dieses Wochenende nun mit der Schönwettervorhersage sollte endlich Abhilfe schaffen. Ist ja erst sieben Jahre her und der nachgepflanzte Apfelbaum kommt nicht so richtig aus den Puschen. Hängematte dranhängen is einfach nicht. Sonntag hat mich der Wahn erfasst. Auf unserer Runde haben Herr Cooper und ich einen Eichenstamm entdeckt, der forsttechnisch gesehen weg konnte. Wir haben die Säge geholt, die Säge, noch eine Handsäge, sprechen lassen. Wir haben den Traktor geholt, den Stamm mit meiner bislang ungenutzten Forstkette umschlungen und das gute Stück als Jagdbeute nach Hause geschleift – inklusive verräterischer Schleifspur vom Ort des Geschehens bis zu uns nach Hause. Erster Sonntagsfrevel.

Eigentlich, hatte ich nur den Stamm holen wollen. Aber, wo ich schon mal dran war, begann ich mit der Axt, den Baum zu entrinden. Jens kam hinzu, übernahm den Job unter Mithilfe eines Spatens und nach einer halben Stunde sah er wunderbar aus. Mittlerweile waren noch einige Menschen hinzu gekommen, die ein Spektakel witterten. Kinder, der Schwager des Nachbars. Das feuerte mich an, das Projekt jetzt durchzuziehen. Edmund, mein leider verstorbener Nachbar, den ich sehr mochte, hätte mich schon jetzt einen Sabbatschänder geschimpft. “Ja, ja, Edmund.”

Wir riefen Ela, um die Position des Hängemattenstamms festzulegen. Sie staunte nicht schlecht, als sie in so viele hoch motivierte, erwartungsvolle Gesichter schaute. Kaum war das geklärt, war ein Spaten zur Hand. Das Loch wuchs, Steine flogen, zusätzliches Grabwerkzeug wurde aus der Nachbarschaft herbeigezaubert und schon waren wir auf Minus-einen-Meter. PROBLEMA, HOUSTON (ach, die Amis wollte ich eigentlich nicht mehr erwähnen, die doofen Spione). Der Stamm musste noch angespitzt werden, um ihn per Vorschlaghammer in die Tiefe des Erdreiches zu rammen, damit er sich dort das nötige Standing in Form einer festen Verankerung holt. Dazu mussten wir ihn anspitzen. Ich sagte: “Liebe Freunde, an dieser Stelle müssen wir abbrechen, der Sabbat. Am siebten Tage sollst du ruhn.” Murren. Geflüster. Erste leise Protestnoten. Jetzt aufhören? Spinnst du? Sägen dauert doch nur zwei Minuten? Los, hol die Motorsäge. Inneres Hadern. O.K. Die Masse hat entschieden. Schon lief die Stihl, schmetterte ihren Gesang durchs Dorf: “Hört her, der Herr Schönlau, dieser rücksichtslose Nachbar, stört die Ruhe und schändet verbotenerweise den Sabbat.” Kleine Rechtsbeugungen verzeiht das Dorf. Man hat Kredit. Ich habe einen kleinen Betrag abgehoben…

Den Pfahl ins Loch, die große Leiter aufgestellt, den Vorschlaghammer rausgeholt und zugeschlagen. Toff. Peng. Steine ins Loch, Erde drauf, mit dem Gartenschlauch eingespült, fertig. Hält, Hängematte hängt. Ein Punkt von meiner langen Lebensliste gestrichen.

Und was, bitte schön, hat das mit der Überschrift zu tun? Nun. Abwarten. Ein wenig Geduld noch, Rom ist ja auch nicht… Also. Ich wollte gestern Abend über diese Wochenendtat berichten. Blog auf, Beitrag erstellen, Foto hochladen. ÜBERRASCHUNG! Funzt nich. Kapotttt. Keine Bilder hochladen. Mach ich nich, sagt der Server. Kannst mich mal. Schnauze voll. HÄ?

Ich bin in die Foren gestürzt, die dann sagen, geh mal hier in die Konfiguration, füg mal dort in PHP eine Zeile ein. Ende des Liedes war, dass ich in den Tiefen meiner WordPress-Programmierung die alles entscheidende wp-config.php-Datei gelöscht habe. Ging nicht anders. Wäre auch kein Problem gewesen, weil ich genügend Sicherungen rumfliegen habe. Auf jeden Fall: Der Blog war off. Ich habe versucht, die Datei wieder auf den Server zu spielen. Nix. Roter Ladepfeil nach dem Motto: Mach ich einfach nicht. Leck mich.

Bin ich natürlich sofort zur Hotline rüber. Petzen. Euer blöder Server will mit mir nich mehr spielen. Tja, das dauerte alles. Möglichkeiten. Gründe. Was? Wieso? Lebensfragen? Existenzfragen? Wie lebe ich ohne meinen fiftyfiftyblog? Ruhig, Brauner. Die Mädels und Jungs machen das schon. Gestern Abend ging nix, heute Morgen dann der Mensch mit dem goldenen Fingerchen. Erst haben wir einen Tarifwechsel vorgenommen. In einen besseren Tarif, der weniger kostet. Ups! Gut, überzeugt, mach ich. Komische Welt. Dann hier ein paar Dateien gelöscht, dort auch. Ich hatte einfach das Datenlimit erreicht, weil zu viele Backups den Server wie einen Keller zugestellt hatten. Gelöscht, wp-config.php hochgeladen und da, da, da war er wieder. Herr Cooper mit einem breiten Lächeln. Und ich voller Glück. Kann ich wieder. Darf ich wieder. Bin wieder im Spiel. Online. Juchhu. Da hätte mir doch was gefehlt. Aber so werden Sabbatschänder bestraft – der Herr schickt den Sündigen Aufgaben. Oder war es der Gegenspieler, des Teufels General, der mich herausgefordert hat? Egal. Mit den Mädels und Jungs der Technik-Hotlines ist nichts unmöglich.

Congratulations und ewiger Dank! Ihr seid die Besten!

Karl der Nashornkäfer ist tot

Karl.
Karl.

Das hätte nicht geschehen dürfen, von Rechts wegen.

“Der Nashornkäfer ist in Deutschland durch Aufnahme in die Bundesartenschutzverordnung eine “besonders geschützte” Tierart. Nach §44 Bundesnaturschutzgesetz ist es danach verboten, “sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören” (§44 Abs.1 BNatSchG).” (Wikipedia)

Doch ist es geschehen. Unabsichtlich. Am Abend hatte ich die Feuerschale angeheizt. Hatte dort gesessen, die Flammen bestaunt wie ein Sechsjähriger. Die Wärme genossen. Als das Feuer runtergebrannt war, hatte ich mich zur Ruhe begeben. War schlafen gegangen. Am nächsten Morgen sah ich das Unglück. Shit happens. Der Käfer war in der Schale gelandet und vergangen. Den Hitzetod gestorben. Och.

Ich habe ihn aus der Asche genommen. Die Hitze hat seinen Chitinpanzer verbrannt, der jetzt einen Feuerglanz trägt. Er sieht schön aus, beeindruckend. Die Fühler sind weg, merkwürdigerweise, weil sein Beinhaar noch intakt ist. Mr. Sherlock Holmes, was mag geschehen sein? Nicht nah genug an der verglühenden Glut? Oder doch eben gerade zu nah? Nur noch einmal kurz raus. Aus der Höhle. Noch etwas vergessen, so lauten die Anfänge von Geschichten, die tödlich enden.

Das Feuer ein Irrlicht? Die Glut magnetisch? Den Instinkt ausgeschaltet? Käfer-Suizid? Was mag ihn getrieben, was gequält haben?

Die aufgehende Sonne schien am Morgen danach durch die Fensteröffnungen im Vorbau. Dort habe ich ihn hingesetzt und dort sitzt er jetzt noch. Geschützt. Wahrlich. Ich musste ihn fotografieren wie ich vieles fotografieren muss. Will. Natürlich auch.

Nachdem er nun, der werte Käfer, in meiner Feuerschale verstorben ist, möchte ihm nun, postum, ein klein wenig Unsterblichkeit verleihen. Im Rahmen der digitalen Halbwertszeit meines Blogservers. Möge er es geschafft haben, Nachwuchs zu zeugen. Aus Spaß an der Freude und des Weiterlebens in Erinnerung wegen. Machs gut, Junge. Komm bald wieder. Als Hase, Hund, Pferd, Wasserbüffel. Viel Glück.

That’s the way of german Heimat…

home made:)
home made:)

Hoch verehrtes Publikum, heute präsentieren wir Ihnen eine Darbietung, die Sie in die tiefen unseres Landes führt und sich mit dem ambivalenten Begriff HEIMAT auseinandersetzt. Heimat ist da, wo ich bin? Oder was?

Heute Früh erreichte mich ein Kommentar aus San Francisco. Von Ute. Herzlichen Dank! Sie ist Weltenbummlerin und Kosmopolitin, die gerade wieder umzieht. Nach Michigan.

“Hallo Jens, leider sehe ich erst heute, dass Du geantwortet hast. Ist ja nicht immer so einfach, mit dem Internet… Auf jeden Fall sei Dir an dieser Stelle für Deine Berichte aus meiner alten Heimat gedankt. Immer wenn ich mal genug habe, vom amerikanischen Lifestyle, schau ich bei Dir vorbei und geniesse Deine Einblicke in den deutschen Alltag. 200 Einwohner? Meine Güte, das ist ja wirklich klein, da kennt dann wohl jeder jeden, oder? Ganz das Gegenteil zu meinem Leben, wo durch die ständigen Umzüge jegliche Bodenhaftung verloren gegangen ist. Manchmal, so wie jetzt z.B. – kurz vor dem grossen Umzug – tut das weh und dann ist es schön, sich zumindest auf seine kulturellen Wurzeln zu besinnen. Tja, und dann bin ich eben zu Besuch in Deinem Dorf :)

P.S. Ha, diesmal habe ich unten auch das kleine Kästchen benutzt, das mich bei weiteren Kommentaren mit einer Email versorgen wird!”

Als ich ihren Kommentar gelesen habe, kam meine alte Heimatfrage hoch. Wo ist meine? Ich werde manchmal gefragt, wo ich eigenlich her komme. Ich frage dann nach der kurzen oder langen Version? Manchmal sage ich: Ich bin in Kaisersesch in der Eifel aufgewachsen. Oder: Ich bin in Meppen an der Ems geboren. Oder: Meppen, Recke, Kaisersesch, Montabaur, Koblenz, Aachen, Mannheim, Köln, Nosbach. Köln kommt immer gut, kennt jeder, mag jeder. Irgendwie.

Nur Ausland fehlt. Komplett. Als wir 2006/2007 in Neuseeland waren, hat es kurz gejuckt. Als dann noch die Wesslings dorthin ausgewandert sind, da kribbelte es schon sehr. Aber, im Grunde habe ich mich längst anders entschieden. Diese alte Schule, dieses kleine Dorf, dieses Leben auf dem Land ist zu meiner Heimat geworden. Seit 15 Jahren lebe ich hier. Und auch, wenn ich für einige noch der Zugezogene aus Köln bin, der Städter, so bin ich doch angekommen. Gehe hier meinen Weg. Täglich ins Tal. Vorbei an den Weinbergschnecken und den Hasen. Den Weg runter ins Maikäfertal, wo mich die Rinder begrüßen und dem Herrn Cooper und mir ein Stück weit folgen, sofern sie nicht gerade auf der anderen Bachseite sind und es scheuen, den Rio Grande zu überqueren.

Heute Morgen war ein sehr schönes Licht. Manchmal blinzelte die Sonne durch die Wolken und leichter Wind ließ Sonnenfelder über die Wiesen wandern. Fast jeden Tag sehe ich dieses Tal und doch ist es immer anders. Im Wechsel der Jahreszeit, im Verlauf der Jahre. Nuancen und auch Einschnitte, wie der Kahlschlag am Hang.

HEIMAT. Ein Wort, dass wir Deutschen reichlich strapaziert haben. Eigentlich ein schönes, warmes Wort, das leider von Idioten diffamiert wurde. Heimatfront, Heimatbrigade. Heimat von Deutsch-Südwest-Afrika über Stalingrad bis zum Atlantikwall. Da hat der Begriff sehr gelitten und wurde mit der Tendenz versehen, Heimat mit Stiefeltritten oder mit Jägerzaunallüren a la Deutsche-Demokratische-Republik-Mauerbau-Heimatvorstellung (mal lieber was drum machen, damit keiner rein kommt, äh, raus kommt) zu kombinieren. Nun kann man ja schmutzige Wäsche waschen und Worte auch wieder zurückholen. HEIMAT gehört ja nicht den Dumpfbacken, die das nationalistisch engstirnig ausgrenzend sehen. Heimat ist ein persönlicher Begriff, der die individuellen Wurzeln beschreibt. Dort, wo man her kommt, wo man gerne ist, wo die Erinnerungen entstanden sind und entstehen. Die wichtigen, wertvollen. Für mich also hier. Nosbach. Für andere sonstwo.

Ich freue mich, eine Heimat zu haben. Heimat in mir. Für mich, der schon fast entwurzelt war, eine gute Entscheidung, sesshaft geworden zu sein. Einen Ort gefunden, kreiert, entwickelt zu haben. Was auch passiert, diese Wurzeln werden bleiben. Die kann ich mitnehmen, wohin auch immer mich die Zukunft bringen wird… Die Fotos zeigen den Weg, den ich heute in der Früh mal wieder mit Herrn Cooper gegangen bin. Erst in den Garten zu Elas Salatbeet, das sie dieses Jahr rund angelegt hat und das gerade mit Salat nur so um sich wirft. Alle Sorten. Ruccola, Lollo Rosso, Bianco, Eichblatt, Rauke… Sehr lecker. Heimat kann man eben auch essen:)

Dann vorbei am kleinen Zoo mit den Schnecken und Hasen ins Tal. Mit kleinen Blümchen am Wegesrand und Sonnenspiel über allem. Süß. Viel Spaß damit. Und jetzt gehe ich Pizza backen für die Familie:)

snail in jail
snail in jail
white heroe:)
white heroe:)
my way
my way
flower power
flower power

Und am Abend die Mutter aller Sonnenuntergänge…

Sonnenuntergang_Flugplatz_red

Eigentlich wollte ein Freund zu Besuch kommen. Ein alter Freund aus Internatstagen, der gerade in Köln zu tun hatte. Er hatte am Nachmittag durchgeklingelt und sich für 20 Uhr angekündigt. Also habe ich ein kleines Countryside-Programm zusammmengestellt. Mit meinem Traktor rauf zum Modellflugplatz, ein Glas Wein trinken, plaudern, Sonnenuntergang gucken. Anschließend, wenn es kalt wird, runter zur alten Schule an die Feuerschale.

Fendt Farmer1_red

Also musste ich den Traktor klar machen. Batterie aus dem Keller, einbauen, starten und in den Wald fahren, um Holz für die Feuerschale zu holen. Die Holzfäller schneiden von den Bäumen immer den ersten halben Meter ab und lassen das Holz liegen. Das verrottet dann. Nun, und ich kann es für meine Feuerschale gut gebrauchen. Also habe ich mir vier ordentliche Stücke auf die Heckfläche meines kleinen Diesel-Kraftpakets geladen und die Ernte nach Hause gefahren. Auf die Schubkarre gepackt, zum Ort des Geschehens gebracht und angefangen zu spalten. Analog. Mit Hammer. Da kam mein Nachbar und meinte: “Ich zeig dir mal die richtige Technik.” Wow.

Also für die, die es wissen wollen, wie man einen solchen Spalthammer nutzt: Eine Hand greift hinten am Stiel, eine weiter vorne. So kann man den Hammer gut heben. Ist er nun ganz oben und lässt man ihn aufs Holz sausen, rutscht die obere Hand am Stiel runter, so dass beide Hände nebeneinander greifen und der Hammer mit größtem Hebel und damit größter Kraft sein Werk verrichtet. Am besten die Beine ein wenig auseinander, so dass man sich nicht selbst ins Bein haut, wenn der Hammer mal durchschwingt. Das Holz war super hart und widerspenstig. Teilweise musste ich mit drei Alu-Keilen arbeiten. Also lag dann da ein Haufen Brennholz schön aufgestapelt und in der Feuerschale Kleinholz zum Anfeuern.

Mein Freund konnte kommen. Da rief er um zehn nacht Acht an, dass er es nicht schaffen würde. Schade. Das wäre alles zu spät geworden. Also habe ich mir meinen Traktor geschnappt und die Kamera und bin alleine hoch gefahren, den Sonnenuntergang zu sehen. Während ich mit meinem Fendt Farmer 1 aus dem Jahr 1961 durch das Dorf auf die Höhe tuckerte, fuhren die Bauern mit ihren modernen Monster-Riesen-Traktoren Silage. Dazu hatten sie das geschnittene Gras zu langen Reihen gehäufelt, die sich wie Schlangen über die Wiesen zogen. Im Abendlicht sah das sehr schön aus. Das dunkle geschnittene Gras auf den hellgrünen, optimistischen Flächen. Dazu blauer Himmel mit Cumulus-Wolken. Ein wenig Provence für Arme.

Pusteblume 2_red

Auf einer Wiese war das Gras weit ausgebreitet, weil der Bauer wohl Heu für die Pferde macht. Auf dem Gras lagen überall vollkommen intakte Pusteblumen. Sah sehr süß aus – wie kleine Federbetten für Feldmäuse. Ich habe mich bis ganz oben fahrend und fotografierend durchgeschlagen. Bis zur Airbase mit Windhose und frisch gestutzter Landebahn für die Modellflieger. War keiner da, also hatte ich den Platz für mich. Allein, allein. Die Kinder wollten nicht. Cooper hat Angst vor dem Traktor. Also habe ich meine Decke ausgebreitet, mich hingelegt und habe allein der Sonne beim Untergang zugesehen. War das schön, war das ruhig, war das besonders.

Modellflugplatz_red

Hey, und das war nicht irgendein Sonnenuntergang. Ich meine, also echt, ich hab schon ziemlich viele gesehen, weil ich drauf stehe. Und der hier, ehrlich, wirklich, Tatsache, der war Premium A+ mit Sternchen. Die Sonne knallrot und riesengroß. Sie ist vor meinen Augen bis auf den letzten Millimeter klar und deutlich am Horizont versunken. Kein Nebel, keine Schlieren, kein Dunst, keine Wolken. Perfekt. Klar, hat mir sehr, sehr gut gefallen. Das war tatsächlich die Mutter aller Sonnenuntergänge. Und mal wieder ein Landleben-Highlight. Also wenn das Wetter hier immer so wäre wie momentan… Echt irre. Dann hier es hier so richtig, richtig schön.

Nun geht hier gerade die Sonne auf und ich bin froh, dass ich das Wort Sonne hier so oft schreiben kann. Sie ist da und bleibt nocht. Yippie. Euch wünsche ich einen weiteren schönen Sonnentag. Vielleicht sucht ihr euch heute Abend ein schönes Plätzchen und schaut mal, was am Horizont passiert… Und was mit euch:)

Der Tag des Heiligen Geistes und der Waldgespenster…

Schatten_red

49 Tage nach Ostersonntag. Der Tag, an dem der heilige Geist zu den Jüngern kam, sie in verschiedenen Sprachen sprechen ließ, um sie auszusenden, das Wort Christi im Auftrag des Herrn zu verbreiten. Der Tag, an dem die Christliche Kirche ihren Anfang nahm. Om.

Also habe ich mich heute Morgen auf den Weg gemacht. Bin Schatten begegnet, echten Waldgeistern, bin bei den Toten im Ruheforst gelandet, war plötzlich auf dem Pilgerweg und durfte eine wunderbare Wanderung fernab begangener Pfade ganz allein mit Herrn Cooper genießen.

Jim und Zoe wollten nicht. Lieber abhängen. O.K. Ela und Jens hatten noch nicht gefrühstückt und wollten auch nicht so recht. Cooper will immer, was ihn mir sehr sympathisch macht.

Mein Ziel war es, Schloss Crottorf auf neuen Pfaden zu erreichen. Ein wenig querfeldein, ein wenig in der Natur zwischen den Wegen, die ich schon öfter gegangen bin. Mir liegt das Neue, Unentdeckte. Die ausgelatschten Pfade sind nicht so mein Ding. Also sind wir den Zeichen gefolgt.

Stock_red

Haben sie wie die Indianer gelesen. Am Dorfausgang lag ein Stock auf dem Weg, der die Richtung klar vorgab. Osten mit einem Hauch Süden. Gerne. Also Richtung Russland-Erdgas-Pipeline und Gruselhaus. Über diesen Ort im Wald hatte ich schon einmal berichtet. Sehr speziell dort. Momentan sprießt gerade das Springkraut, aber noch sind die Grundmauern der Ruine erreichbar. Wir kamen hin, ich fotografierte den alten Motorradmotor und hatte die ganze Zeit das Gefühl, da würde jemand neben mir stehen. Uuaaaahh! Ich musste wirklich weg. SPOOKY! Falls ich euch mal als Ghostbusters ausprobieren möchtet, ich zeig euch den Weg…

Motor_red

Von dort haben wir uns ins Tal durchgeschlagen, vorbei an der undurchdringlichen Kyrillfläche. Ein kleines Seitental, ein schmaler Bachlauf und: Schmetterlinge. Ab jetzt heißt es das Schmetterlingstal östlich von der Gespensterruine. Besonders angetan hat es mir ein kleiner, heller Schmetterling mit orangefarbenen Ovalen an den Flügelspitzen. Ungelogen: Es waren fünf verschiedenen Sorten Schmetterlinge dort unterwegs. Leider waren die alle ein wenig hektisch, weshalb ich sie nicht fotografieren konnte.

Naturschutz_red

Aus dem Tal rauf auf die schmale Landstraße. Schattenspiel der Bäume auf dem Asphalt. Der Straße folgen, nach Wildberg rein. Zwischenstopp im Gasthof Breiderhoff, wo der Frühschoppen allmählich ausklang. Wasser für Herrn Cooper, ein Kölsch für mich. Schön frisch und kühl.

Raus aus dem Dorf auf die Höhe. Die Grenze zu Rheinland Pfalz, der Blick weit übers Siegerland. Ich wollte zu den Wiesen mit den Solitärbäumen, um sie zu fotografieren. Die haben mich in den letzten Jahren beim Vorbeifahren immer wieder fasziniert. Aber: Das mit dem Fotografieren hat nicht geklappt. Die Fotos auf dem Laptop – leider langweilig. Die Farben kommen nicht. Nichtssagend. Der berühmte Unterschied zwischen Vorstellung und Wirklichkeit. Da fehlt mir dann doch das wichtige fotografische Handwerk. Egal.

Weiter. Ins Tal runter, den Hang hinab, über die Weide und den Hof im Nowhere. Hoch auf den Höhenzug in die absolute Einsamkeit. Dort kommt niemand hin. Niemandsland. Nur ein paar Wege für den Holztransport, ein paar Pferdespuren sonst nichts. Schön. Der Himmel blau, die Buchen so grün, die Sonne heiß. Tatsächlich ein Sommertag. Geschenkt. Hatte ich so nicht mit gerechnet.

Buchentrieb_red

Nun lag nur noch ein Höhenzug zwischen uns und Schloss Crottorf. Aber welchen Weg nehmen? Ich wählte einen und der war plötzlich gesperrt. Rot-weißes Flatterband: “Betreten verboten. Holzfällung.” Pfingsten? Ignoriert und durch. Tatsächlich zeigte sich, dass hier gefällt worden war. Alles voller Fichten in der Horizontalen. Fein entastet und vermessen. Weil überall die Äste lagen, war kaum ein Durchkommen. Zurück? NEVER! Vor? Schwierig. Also haben sich Herr Cooper und ich mal wieder für einen Plan B entscheiden. Den Hang rauf. Durch Gestrüpp und kleine Fichten hindurch. Mein Hund ächzte. Nicht einfach. Schweißtreibend. Und dann plötzlich eine flach liegende Fichte. Wie die Diven auf dem Schwebebalken sind wir drüberbalanciert. Ich voraus, mein haariger Kollege hinterher. Am Ende der Fichte kam die nächste und wieder die nächste und noch eine. Eine ganz Schneise voller gefällter Bäume, die ineinander- und übereinander lagen und uns den Weg bahnten. Super. Leicht wie die Elfen:) Zack, oben.

Leider hatte ich bei einem Sprung falsch gezielt und musste mich deshalb abfangen. Mit der rechten Hand volles Programm in flüssigen Baumharz getatscht. IH! MAMA!!! Abputzen. Nichts half. Keine Spucke, kein Wasser aus ner Dreckpfütze, kein Dreck, kein Gras. Es dauerte eine halbe Stunde, bis das ganze Klebszeug abgerubbelt war. Ätzend.

Und dann waren wir plötzlich mitten im Ruhe Forst. Ein Waldfriedhof ohne Grabsteine. Kleine Holzpfosten mit Zahlen zeigen, wo die schnell verrottbaren Urnen liegen. Ein schöner Ort. Das Licht fiel vom Himmel durch die Bäume, die Vögel sangen. Ein guter Platz, um tot zu sein.

Ruhe Forst 1_red

Leider war ich ein wenig zu weit gelaufen, weil irgendwie kein Weg abging. Also mussten wir uns quer durch den Wald schlagen. Die Wege entlang, die das schwere Holzfällergerät gezogen hat. Sieht nicht schön. Reifenspuren, tiefe Furchen. Aber es ist eben wirtschaftlicher, mit Maschinen zu arbeiten. Und der Graf hat ja auch so seine Kosten, wenn man alleine an das Heizen der Schlösser denkt…

Ja, und was soll ich sagen. Plötzlich standen wir auf dem Pilgerweg – einem Zuweg des Jakobsweges. Ich war also direkt verbunden mit Santiago di Compostella. Coelho. Yep. An Pfingsten! Der Weg führte uns dann direkt in den Wildenburger Hof am Schloss, wo wir in der Sonne saßen und tranken und aßen und uns von Ela und Jens abholen ließen. Zuhause gab es dann noch einmal Essen. Jens hatte Maultaschen – original importiert aus dem Schwabenland – gekocht. Sehr lecker.

Nun sitze ich im Garten an einer Stelle, wo ich WLAN habe, lasse mir die Abendsonne ins Gesicht scheinen und höre dem Dorfhahn beim Krähen zu. Da war doch was: Ehe der Hahn dreimal… Ein schöner, geschenkter Tag. Thanx:) So kann es gerne weitergehen. Ich wünsche euch weiterhin schöne Pfingsten.

Cooper_red