Ja:)

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Diese besonderen Tage. Sie lächeln, schmeicheln, sind charmant.

Am Morgen musste ich früh raus. Ein Termin in Soest von der Agentur aus. Mit dem Coupé mit den vielen PS. Hemd, Sakko. Das Sakko, dass ich letztes Jahr trug, als wir dieses Treffen in Frankfurt hatten. Zum Jahresauftakt. Reden, präsentieren, schauen, feiern.

Am Abend waren wir in einem italienischen Restaurant an der Hanauer Landstraße. Holztische, die Wände voller Fotos. Italien. Früher. Heute. Filmschauspieler. Diven. Geschichten. Mochte ich sehr. Das Essen war vorzüglich, die Stimmung exzellent. Ein guter Einstieg mit den neuen Kollegen/innen. Das Restaurant hieß: DAS LEBEN IST SCHÖN. Heute fand ich vier Visitenkarten in der Brusttasche meines Sakkos, die hatte ich damals eingesteckt. Manchmal sind es diese kleinen Überraschungen, die verzaubern.

Es war ein guter Termin heute. Es macht Spaß, Ergebnisse zu präsentieren. Zu reden, gemeinsam zu überlegen und letztlich Veränderung zu bewirken. Erntezeit. Wir Kreativen ernten. Wir säen, wir ernten. Es ist ein schöner Beruf, der aus Gedanken Bilder formt.

In den letzten Tagen bin ich ein wenig feinfühlig. Sensibel. Das sind Augenblicke, wenn der Panzer abgelegt ist, den wir brauchen, um dem Draußen standzuhalten. Auch das kennt ihr. Landläufig wird das Moment der Schwäche genannt. Ich liebe das. Sehr. Da wohnt Authentizität drin, Wahrheit, Ehrlichkeit, eine kraftlose Kraft, die etwas Edles hat. Dann sind die Sinne weich, die Finger fühlen mehr, die Augen verzeihen und ein Kuss wäre viel zu viel.

Staumauer

Nach der Arbeit habe ich mich in mein Auto gesetzt. Bin nach Hause gefahren. Da traf ich auf die Bigge. Den See, an dem ich immer entlang fahre. Bald schon ein Jahr. Im Winter gab es ein Bild, dass mich morgens umgehauen hat. Öfter. Da liegt so ein Ausflugsdampfer im Hafen. Vertäut. Eine Lichterkette zieht sich vom Bug bis zum Heck. Morgens, im Dunkeln, oft im Morgennebel, war das ein Bild, dass ich gerne eingefangen hätte. Ich habe es gelassen, als Zeichen des Respekts für das Unantastbare. Manchmal müssen wir kleine Opfer bringen, um nicht zu verbrennen.

Segelboot 2

Heute war nicht so ein Tag des Verzichts. Ich durfte im Vollen schwelgen. In Emotionen. Auf dem Rückweg stand die Sonne tief über dem See. Die Bäume spiegelten sich im stillen Wasser. Die Wolken, die Boote. Ich lief hierhin, dorthin, schoss 100 Fotos. Es war unglaublich. Prall. Satt. Dieser Herbst ist für mich besonders.

Bigge

Als ich zurück kam in die alte Schule, setzte ich mich an den Küchentisch, um mir die Fotos auf dem Rechner anzuschauen, da kam eine Mail von Zoe. Sie ist gerade in Köln bei Jens und schreibt an ihrer Biographiearbeit, die sie nach den Ferien präsentieren muss. Vor großem Publikum. Eltern, Lehrer, Schüler, Verwandte. Ein Podium, 100 und mehr Menschen, die zuhören. Ein großes Ding, ich werde aufpassen müssen, dass mir nicht die Tränen kommen. Meine Kleine.

Die Mail: Der Text. Sie hat über Pina Bausch geschrieben. Ich habe den Text gelesen. Au Backe. Sie kann schreiben, sie kann fühlen. Eine lebendige Pina Bausch. Dann kam noch eine Mail und ich las die Worte:

unsere Gefühle
sind Heiligtümer

Manchmal ist das Leben schön. Und gleichzeitig eine Nummer zu groß. Habe ich euch mal gesagt, dass ich Boote liebe?

Segelboot 4

Segelboot 5

Segelboote

Den kommen die Polen holen

Focus I, 2001
Focus I, 2001

Ups.

Klingt wie ‘ne Drohung. Nein, nein, wir wollen hier mal niemanden verunglimpfen. Aber, ja, letztlich war es tatsächlich so. Hier nun also der vierte Teil der angekündigten Trilogie-Fertigstellung. Hä? Egal. Mann muss auch mal drei gerade sein lassen, oder wie hieß das? Immer diese Konventionen.

Wir haben also fast die ganze Kiste durch. Nur das Verticken der alten Möhre fehlt noch. Hier kommt die ganze Wahrheit. Es war der Dienstag nach dem Montag, an dem ich die hässlichsten aller Felgen mit den schrottigsten aller Reifen für viel zu viel Geld gekauft hatte. An diesem Dienstag hatte sich am späten Nachmittag ein Zeitfenster überraschend geöffnet, dass es mir erlaubte, den Wagen einigermaßen fit für den Verkauf zu machen. Saugen, wischen, putzen, polieren. All das Zeugs, was man macht, um einen alten Wagen in neuem Glanz erscheinen zu lassen. Nein, ich habe nicht mit Tricks gearbeitet. Kein stinkiges Cockpitspray und auch kein Glanzgel für die Reifen.

Nur die Hundehaare raus, den Matsch aus den Radkästen und vor allem die Kaugummis und angelutschten Bonbons unter der Rücksitzbank hervorgepopelt. Auf was für Ideen Kinder so während einer langen Autofahrt kommen. Die glauben tatsächlich, dass alles, was man da so in die Sitzspalten drückt, wie von Zauberhand verschwindet. Das sah nicht schön aus. Wirklich nicht. Mit Saugen war da nichts zu machen. Kratzen. Uah.

Ich habe nun also gemacht und getan und die Kiste aufgebockt und die Alus runter und die anderen drauf und dann fiel es mir auf. ET. Nein, keine Filmfigur aus fernen Welten. Einpresstiefe. So ein… Ja, die Felgen, die ich für den neuen Wagen retten wollte, die Alus, ja, genau die, die passten nicht auf den neuen Wagen. 52,5 statt 47,5. Die ganze Schrottplatzaktion umsonst. Stunden verschenkt, eine Geschichte gewonnen:)

Ich meine, jetzt mal ehrlich, wer denkt denn, wenn alles passt – Reifengröße, Felgengröße in Zoll – an die Einpresstiefe? Das sind diese Zentralfehler, die passieren, weil man einfach nicht an alles denken kann. Nun, mir war es egal. Letztlich.

Da stand er nun bereit für den Verkauf. Mein Schrauber meinte: Versuchs mit 300 Mein Freund, der Ford-Ingenieur, über den wir den Wagen damals gekauft hatten, meinte: 500 kriegste immer. Gut. Zwei Thesen, meine Meinung: Versuchs mal mit 500. Immerhin läuft die Kiste gut, springt an, hat gute Bremsen, noch ein wenig TÜV und die Mängel halten sich in Grenzen. Nur halt: 308.000 Kilometer auf der Uhr. Italien, Elba, Schulbus, Schule, Arbeit, Kundenbesuche… Wo der schon überall war. Viel rumgekommen und im Herzen eine treue Seele. Zoe mochte ihn nie, weil unser weißer Golf damals dafür sterben musste. Der Typ aus Berlin, der ihn abgeholt hatte, hätte nicht von Ausschlachten und Schrottpresse erzählen sollen. Das hat sie dem neuen Auto nie verziehen.

Dienstagabend haben Jim und ich die Kiste online gestellt. mobile. de. Alles offen und ehrlich. Die ganze unangenehme Wahrheit eines in die Jahre gekommenen Gebrauchtwagens. Die Anzeige haben wir ohne Rufnummer eingestellt, nur mit Mail-Möglichkeit. Sonst rufen die Jungs an, die als erstes nach dem Preis fragen. Telefonterror. Hatte ich keine Lust drauf, weil ich Mittwochmorgens arbeiten musste. Da kommt dauerndes Ring-Ring nicht so gut. Mittwochmittag hatte ich dann sieben Anfragen. Überwiegend aus dem ost- bzw. südosteuropäischen Raum. Na, ich wusste nicht. Ein nicht abgemeldetes Auto in die Hände eines rumänischen Gebrauchtwagenhändlers geben? Ich gebe zu, da schwingen Ressentiments mit. Ja, ich sollte mehr Vertrauen haben. Nun.

Das beste Gefühl hatte ich bei der Mail von Bartek. Er hatte mir seine deutsche Handynummer mitgesendet und bat um Rückruf. Hab ich gemacht. Ich musste langsam sprechen, weil er nicht alles verstand. Ein Pole, wie sich später rausstellte. Eine nette Stimme, klang solide. Erst wollte er am Donnerstagabend kommen, dann rief er kurze Zeit später an, ob er vielleicht direkt…

War mir recht. Fünfzig Minuten später stand er mit seinem Abschleppwagen vor der Alten Schule. Was mir als erstes auffiel: Bartek trug Salomon Speedcross 3 in Schwarz. Meine Schuhe! Also so wie meine. Er schaute sich den Wagen an, während Herr Cooper um Streicheleinheiten bettelte und ich weg musste, um Jim vom Bus zu holen. Ich ließ Bartek den Autoschlüssel dort und überließ ihm das Auto für die eingängige Prüfung. Als ich 20 Minuten später kam, bereitete er schon das Aufladen vor. Er gab mir seinen Ausweis für den Vertrag und ich schrieb. Er gab mir das Geld, 500 (Festpreis ohne Verhandlungsbasis war meine starre, eindeutig kommunizierte Haltung), und versicherte, den Wagen am nächsten Tag abzumelden und dann zog er los.

Drei bis vier Autos würde er sammeln, um sie nach Polen zu bringen. Dort lässt er sie reparieren und dann verkauft er sie. Europa, Globalisierung, grenzüberschreitendes Business. Ich fand es auf jeden Fall lustig, dass mein Auto nach Polen geht. In ein Land, das ich bislang nicht kenne. Vor dem ich seit der Solidarnosc-Bewegung Anfang der Achtziger großen Respekt habe und das ich jetzt wirklich mal endlich besuchen sollte. Die Ostseeküste rauf…

Zwei Tage später hat Bartek die Abmeldebescheinigung gemailt. Ein guter Deal mit einem guten Typen. Handfest, ehrlich, ohne großes Aufsehen. Ich dachte: Es freut mich, dass wir Nachbarn sind. In Europa. Ein gutes Land, scheinbar, mit guten Leuten.

So. Das wars. Die vierteilige Autotrilogie hat ihr Ende gefunden. Wenn ich Freitagmorgen mit unserem anderen Auto zum TÜV fahre, wird das dann eine ganz andere Geschichte sein:)

Dann war da die Sache mit den Felgen…

Again and again. Was für eine Woche.

Es fing damit an, dass ich diese Woche hier alleine Dienst hatte. Also all den Quatsch machen musste, der in so einem Haushalt anfällt. Von Kinder versorgen über Hund ausführen bis waschen und kochen. Ela hatte vier Tage lang einen Job in Köln und ich am Montag einen Tag frei und ansonsten volles Programm. Jobs, ausgebucht. Dauernd muss ich absagen. 6 Uhr aufstehen und dann gib ihm. Kennt ihr. Wir sind ja nicht zum Spaß hier…

Allerdings hatte ich neben all den Jobs noch einen kleinen Nebenjob. Hier beginnt der 3. Teil meiner kleinen Auto-Trilogie. Kaufen hatten wir bereits und anmelden auch.

Na, was fehlt?

Richtig. Verkauf. Da stand ja noch die alte Kiste sabbernd auf dem Hof. Das gute Stück. 308.000 tausend Kilometer, undicht an der Wasserpumpe, diverse Roststellen. Baujahr 2001. Also nicht mehr ganz frisch, aber für Retro-Liebhaber wieder neu zu haben. Ärgerlich war nur, dass er schöne Alufelgen mit guten Reifen hatte. Kennt ihr auch: Du fährst zum Reifenhändler und hast beim Bezahlen die Tränen in den Augen. So ein wiederkehrendes Negativ-Erlebnis. Ich wünsche mir Vollgummi-Pneus, die 10 Jahre halten. Also wollte ich die guten Schluffen gerne behalten und für den neuen verwenden.

Da habe ich mir gedacht gedacht, tausch die mal aus. Holste billig vom Schrott und hast die Alus mit den guten Reifen dann für den Neuen. Tja. Ha. Mal eben so, nö. Knicken kannste das, weil Schrotthändler heute Autoverwerter heißen und da nix mehr mal so eben zwischendurch über die Ladentheke geht. Ich wollte echt nur so ein paar alte schäbbige Felgen mit Pneus, die noch gehen. 150 Euro. Das erste Angebot. War mir zu teuer, weil das auch recht kleine Felgen waren, die zwar funktioniert hätten, aber irgendwie nicht sympathisch rüberkamen. Kurz: Gefiel mir nicht, das Angebot.

Ich habe den amerikanischen Informationskonzern mit großem G gebeten, mir mal Infos in Richtung billig, billig drangekommen zu geben. Es fand sich ein Autoverwerter, der mir irgendwie ein gutes Gefühl gab. Na, dachte ich, rufste mal an. Mittlerweile hatte ich rund tausend Zahlen auf dem Zettel, die Felgen und Reifen definieren. Wie oft war ich im Gartenhaus, um noch einen Wert abzulesen? Also: Reifengröße 195/60 R 15 auf Felgen 6J x 15 H2, ET 52.5, LK 108. Da gehen auch andere Werte, aber die sind scheinbar geheim. Zumindest stehen die nirgendwo, was mir später noch zum kleinen Verhängnis mittlere Ausmaßes wurde.

Ich wählte die Nummer des Schrottis mit nicht rein deutschem Nachnamen. Ich schreibe jetzt mal, um die Identität zu schützen: Pavaril. Er meldet sich und sagt: Pavaril, was kostet? Hä? Was kostet? Ich lache. Er: Kunden, die an der Stelle lachen, sind gute Kunden. So. Ich sage meinen Spruch auf, betone den geringen Anspruch, den ich an das zu erwerbende Produkt habe und hoffe auf Zustimmung und einen Preis deutlich unter 150 Tacken. Wir reden, ich versuche zentrale Infos aus dem Mann zu locken: Gibt es welche? Was kosten die? Musst du vorbeikommen. Von drei bis sechs. Keine Preise am Telefon. Haben wir eh schon viel zu lange gequatscht. Krawumm, da fiel das Tor der Wahrheit zu und ich stand da mit meinen Fragen.

Aber. Tja, da ich so ein Mensch bin, der an Bauchgefühl und so weiter glaubt, hörte ich auf meinen Zentralmagen und plante einen Besuch des werten Herrn und seiner Unternehmung ein. Am Nachmittag. Kochen, Kinder vom Bus holen, essen und los. Gegen 16 Uhr traf ich ein. Vi war mit von der Partie. 30 Kilometer. Autobahn, Landstraße. Am Ort des Geschehens zwängten wir uns durch eine kaum geöffnete Tür und standen im Matsch. Gestapelte Kisten, Pfützen, Schrottplatz (Integriertes Zentrum für angewandte Nachhaltigkeit).

Wir suchten uns den Weg durch das Blech. Nahmen den ausgelatschten Wildpfad, der uns in einen skurrilen Raum führte. Kennt ihr die Anfangsszene aus Spiel mir das Lied vom Tod? Oder diese Stimmung aus Highnoon? Oder diese Hinterhof-Szene mit der Disco in Karusmäkis I hire a contract killer? Es gibt nichts zu sagen, jedes kleine Geräusch wird zum Filmdonner. Wir betreten also das Etablissement und treffen auf acht stumme Männer und eine angespannte Frau, einen Bediensteten hinter der Theke und einen Kaffeeautomat ohne Becher. Niemand sagt was. Schweigen im Walde. Trauerfall in der Familie? Tsunami im Anrollen? Hat einer gefurzt, oder was?

So eine Situation zu deuten, fällt schwer. Und überhaupt: Wie verhält man sich? Schweigen brechen? Ins Schweigen einreihen? Es stellte sich raus, die Anwesenden hatten im Laufe einer langen Wartezeit sämtlichen Mut und jede Hoffnung verloren. Kaum sind wir da, platzt der Dame der Kragen. Sie wolle jetzt raus auf den Platz, um für den Twingo dieses bescheuerte Vorstufenrelais zu finden, auszubauen, zu bezahlen und endlich mitzunehmen. Ihr Freund lächelt peinlich berührt, sie dampft ab. Die Tür fliegt. Ruhe again. Oh, schlechte Stimmung. Ich erkenne die Stimme des Chefs, der lächelt. Mr. Pavaril, Herr dieses Universums. Sein Kommentar: Diese Ungeduld. Frauen. Je dunkler sie sind, desto temperamentvoller sind sie.

Ich schaue in die Runde. Keine Zustimmung, keine Widerworte, keine Meinung. Nun gut. Ich versuche es. Herr Pavaril entflieht. Raus in sein Reich der Nachhaltigkeit und Wiederverwertung. Also spreche ich mit seinem Kollegen, der dankbar schaut obgleich der ungemeinen Aufmerksamkeit, die ich ihm schenke. Er hat einen großen Kopf, auf dem eine schiefe Brille hängt, deren Gläser mit Fleischwurstscheiben gereinigt wurden. Ich erzähle ihm meine Geschichte, wage mich in Detailbereiche und beichte sogar die Einpresstiefe. 52.5. Oh. Ich spüre, auch wenn ich es nicht höre, Reaktionen im Raum. Als würde ein Flüstern die Hallen durchschreiten. Ein Flüstern mit Echo – 52.5, 52.5, 52.5. Ich verspüre deutliche, unausgesprochene Anerkennung und Solidarität. Ich habe wieder ein gutes Gefühl. Hey, hier geht was.

Da müssen Sie warten, bis der Chef kommt, weil ich (mit den unzarten, schwarz melierten Fingern angedeutete Anführungszeichen) eigentlich gar nicht da bin. Äh, wie jetzt? Nicht da? Also nur so körperlich, aber ansonsten geistig weggetreten, oder wie? Ich stelle einige Fragen, um den komplizierten Sachverhalt einzugrenzen. Was würdest du denn jetzt tun, wenn du da wärest, nur mal so angenommen, was du ja offiziell nicht bist? Keine Antwort. Stattdessen, weil ich gelächelt habe und im Allgemeinen ein freundlicher Mensch bin, der Auftakt eines Gespräches. Eines Gespräches, das mehr Information ausspuckt, als mir lieb ist. Dass hier das Chaos herrsche, dass niemand wisse, wo was liegt und überhaupt, mal sei man angestellt und dann wieder nicht und dann ist der Kollege weg und den Trend zum Internet habe man verschlafen und meistens sei hier nix los und nur jetzt wäre die Hütte mal voll und man müsse und man solle und ja, da gäbe es einiges zu tun. Womit er nicht anfängt, weil er ja nicht da ist. Nichts zu machen.

Neue Kunden kommen herein. Die Augen begreifen nicht, was sie sehen. Die Situation ist undurchsichtig. Was machen die vielen Leute hier? Und so wissen sie nicht, was zu tun ist. Der freundliche Unanwesende hinter der Theke erwacht zu neuem Leben und greift an. So in etwa kann man sich Wiederauferstehung vorstellen. Eben noch mausetot und jetzt ein Kann ich Ihnen behilflich sein? Es geht um ein Elektronikteil für einen A4 Baujahr 2006. Oh. Klar, sie wussten es halt noch nicht. Wissen Sie, eigentlich (mit den unzarten, schwarz melierten Fingern angedeutete Anführungszeichen) , bin ich gar nicht da. Und ob wir das haben, weiß nur der Chef. Der ist gerade draußen auf dem Platz.

Die Zeit verrinnt langsam. Um 19.30 Uhr will ich im Trikot auf dem Fußballplatz stehen. Vi möchte zuschauen. Ein offizielles Freundschaftsspiel. Muss doch klappen. Ich meine: 16 Uhr auf dem Verwertungsgelände aufgeschlagen. Vier Reifen, vier Felgen von einer Sorte. Draußen vor der Tür habe ich genau die gesehen. Nur: Zu viel Profil, zu gute Felgen. Leider teuer, bestimmt. Und am Telefon hatte der gute Mann ja auch gesagt: Kein Problem, haben wir da.

Die Stille zwischen den Auftritten des Maestros ist eindrucksvoll. Absolute Beherrschung. Keiner weiß, ob er aus der Nummer hier jemals wieder rauskommt. Rodriguez sage ich nur. From dusk till dawn, als sich das Roadmovie in einen Zombieschocker verwandelt. Der Kerl hinter der Theke, ich weiß nicht. Gleich kommen so Typen in schwarzen Anzügen rein (so Pulp Fiction Travoltas) und er zieht seine Pumpgun hintern Tresen hervor. Könnte sein, dass sein Talentprofil da im grünen Bereich ist.

Es ist ein Schauspiel. Vi durchbricht die Stille. Umarmt und küsst mich inmitten dieses glotzenden Wahnsinns. Bühne des Alltags, Auftritt der Liebenden. Mir gefallen solche Spannungsmomente, wenn Verhaltensweisen nicht einstudiert sind und Situationen nicht durch Konventionen unterlegt sind.

Er kommt. Eine rote Motorhaube wird gebraucht, die scheinbar in einem dunklen Raum liegt. Die Taschenlampe wird gesucht. Die Sandkörner rieseln in Wasserfallgeschwindigkeit. Hier versickert die Zeit im Altöl getränkten Boden. Wahrscheinlich werden wir die Nacht am Feuer eines brennenden Ölfasses verbringen. Hier ist Niemandsland, hier gelten andere Gesetze, hier hat alles eine andere Dimension. Die Lampe ist weg. Ich gebe dem Unternehmen Auffindung eine 2,1%-Chance. Die kann hier überall sein. Aber, sie taucht auf und es geht weiter. Ohne dass das genau definiert wäre, dürften wir in der Warteposition in etwa auf Drei vorgerutscht sein. Es lässt sich nicht einschätzen, wer hier zusammengehört, wer Kunde und wer Bankräuber oder Mafiabote ist. Der eine, der da so neben uns sitzt, der keine Jacke dabei hat, was macht der hier noch mal so ganz genau?

Weitere 15 Minuten später ist klar, dass es eine rote Haube gibt, dass die aber bestimmt nicht passt. Weiter im Takt. Reifen, Felgen, Preisdiskussionen. Alle fiebern mit. Es ist wie beim Pferderennen. Mal hat der die Nase vorn, mal der. 280 muss ich haben. Da sind Goodyears drauf. Das sind die besten. Oder willst du aus der Kurve fliegen? Au Mann, ein echtes Verkaufstalent. Er geht an den Rechner, zwingt die Maus nach rechts und links, befragt das Orakel und welch Wunder, er bekommt eine Antwort. Nicht 42, sondern 260. Ich hätte mit 270 gerechnet, aber klar, der Mann hat keine Zeit. Er schreibt und kassiert. Er bekommt 260 und sagt: Da fehlen 20 Der Saal rumort. Hat der sie noch alle? Hat doch gerade gesagt 260. Er bekommt 260 und faselt dann was von fehlenden 20. Oh, sorry, klar, wir hatten ja 260 gesagt.

Er redet was von Aufziehen und Auswuchten und trottet mit dem Käufer Richtung Werkstatt. Nee, ne. Der macht das jetzt. Das wird dauern. Das hier ist ein kompletter Kurs Selbstbeherrschung – Intensivprogramm. Ich frage meinen neuen Freund hinter der Theke, wo die Becher sind. Kaffee. Ein Saeco-Automat mit Mahlwerk und Glasturm für Bohnen auf dem Dach. Könnte schmecken. Alle schauen mich an. Er sagt mir, dass die Becher in der oberen Klappe stecken. Öffnen, rausziehen, 50 Cent einwerfen, mittleren Knopf drücken. Es dampft, macht Geräusche, fließt raus. Ich will, gegen meine Gewohnheit, Zucker. Es gibt aber nur drei Rührhölzchen, die alle benutzt sind. Ich nehme eines in die Hand, schaue zum Tresen, versuche durch die Fleischwurst-Gläser einen Blick einzufangen, erhalte aber nur ein mitleidiges Lächeln. Klar, ist hier ja mal kein Kindergeburtstag. Nur was für echte Kerle und Frau Vi. Die hat Spaß.

Der Kaffee ist grausam. Ich frage, ob er sicher sei, dass in der Kiste nicht das alte Kühlwasser verklappt würde? Eine eindeutige Antwort bekomme ich nicht. So. Hauptsache nicht radioaktiv, aber ich frage lieber nicht. Er kommt. Chefe. Nach vollendetem Reifenwerk sind wir dran. Im Augenwinkel nehme ich wahr, dass sich nun auch der Mafioso zum Kaffeeautomaten begibt. Er zahlt sogar. Widerwillig.

Ich sage meinen Spruch mit der unendlichen Zahlenkolonne auf, beantworte die zahlreichen Zwischenfragen und erwarte, gleich meine komplette Sozialversicherungsnummer runterleiern zu müssen. Mitkommen. Es geht los. Wir verlassen den Raum. Endlich. Frische Luft, der Wahnsinn hat ein Ende. Die guten Reifen vor der Tür: 220. Zu viel. Er versteht. Klar, du willst deine alte Karre für 500 verticken, da steckst du keine 220 in Reifen und Felgen. Komm mit. In den Tiefen des Platzes (mit tief meine ich knietiefe Matsche, mindestens) treffen wir auf das allerhässlichste Auto der Welt mit den allerhässlichsten Felgen. Ua. Er grinst. 150 Guter Trick. Musst du vorbeikommen. Und wenn du dann zwei Stunden gewartet hast, kaufst du alles.

Tatsächlich habe ich keine Zeit, weitere Schrottplätze anzufahren. Ich schlage ein. Er kassiert. Bar auf die Kralle. Und muss die Mistdinger selbst abmontieren. Irgendwann kommt er, der eigentlich gar nicht da ist, mit so einem riesigen Wagenheber auf vier Rädern. Sieht gut aus. Ich beschließe, ihn jetzt sinnvoll einzusetzen. Meinen neuen Kollegen mit der Brille. Er besorgt eine Batterie für die Kiste, damit ich sie zurücksetzen kann, weil ich sonst nicht an die Vorderräder komme. Gutes Gefühl, in so einer halb ausgeschlachteten Karre zu sitzen, deren Motor noch läuft. Und die Bremsen?

Der Chef kommt gespurtet, um seinen A6 in Sicherheit zu bringen. Das Mad-Max 5-Gefährt springt an und fährt tatsächlich. Automatik. Wurzelholzimitatarmaturenbrett. Igitt. Ich bocke die Karre auf, löse die Radmuttern durch Drauftreten aufs Radkreuz, lande mit meinen australischen Schäferschuhen in der Matsche und nehme mir vor, nicht aufzugeben. Mein Kollege holt die 220 Dollar Felgen, die wir dranschrauben sollen, damit das Auto auf irgendetwas steht. Passen nicht. Zu klein für das große Auto. Und jetzt? Mann. Halb sieben. Fußball knicken? Noch nicht. Der Chef meint, alte Felgen ohne Reifen drunter. Mein Kollege trottet von dannen und kommt tatsächlich mit Felgen zurück. Mensch, der hat richtig Leben in sich. Wie er aufblüht. Engagiert, energiegeladen, kraftvoll. Ich haue das Auto auf die Felgen, wir laden ein.

Ein letztes noch: Hände waschen. Zurück zur Theke. Die gleichen Gesichter. Wohnen die hier? Wo ist die Taschenlampe? Finsterer Blick des Mafiosi, der wahrscheinlich auf die Tageseinnahmen wartet. Des Schutzes wegen, man muss es verstehen, ist ein gefährliches Geschäft. Was alles passieren kann. Auto fällt auf Kopf. Tot. Lieber ein wenig Lebensversicherung zahlen. Ich haue mir Waschpaste auf die schwarz melierten Hände. Rubbel, schrubbe, will mir die Finger abtrocknen. Ende Gelände Papierhandtücher. Da ist doch ein Handtuch, meint der Chef. Sauber. Schön hell. Naja. War mal. So ein Aussteuerteil mir Bordüren. Und schwarz. Ist frisch. Meint er. Vor drei Jahren mal, sage ich. Er kommt, er checkt es, er verzweifelt und hält es Richtung seines unanwesenden Mitarbeiters: Du bist ein Ferkel.

Wir geben uns die Hände. Wir lächeln. Ich habe es eilig. 20 Kilometer Landstraße, 10 Kilometer Autobahn und Fußballtasche holen und checken, ob die Kids klargekommen sind. So weit so gut. Aber: Die alte Kiste war jetzt immer noch nicht vom Hof. Aber das ist eine ganz andere Geschichte, in der ein Pole namens Bartek eine zentrale Rolle spielt. Ich sage euch, die Sache mit den Autos, die kann einen ganz schön beschäftigen:) Und es ist noch nicht zu Ende…

Schnellzulassung eines Kraftfahrzeugs auf einer deutschen KFZ-Zulassungsstelle in 14 Minuten

Kennzeichen

Ruckizucki!

Auto zulassen stand auf dem Programm. Behördengang. In meinem Innersten rumorte es und Vorstellungen von stundenlangem Rumsitzen, endlos langsamem Umklappen der mechanisch betriebenen Wartenummeranzeige und von schlechtem Automatenkaffee kamen hoch. In meinen Händen sah ich schon eine Ausgabe des Spiegels aus dem Jahr 1989, die schon Generationen von KFZ-Zulassern die Wartezeit verkürzt hatte.

Kurz: Ich hatte Angst. Moloch. Kafka. Verschwunden in den endlosen grauen Gängen einer original deutschen Behörde. Es müsste international ausgeschriebene Reisen in solche Häuser geben, um den Eindruck der German Autobahn um einen weiteren zentralen Eindruck zu erweitern. Ein Ort der Ordnung direkt neben dem Ordnungsamt, der Paragraphen, Regelungen, Amtshandlungen, Stempel und Gebühren. Ein Ort des Kuschens, Unterordnens, Klappe halten und tun und machen, was gesagt wird. Zimmer 5! Unterschreiben! Zur Kasse! Lichtbild? Formular ausfüllen. Stramm stehen. Ah nee, letzteres nicht. Aber so ähnlich. Meine Annahme, mein Grundgefühl.

Ämter sind wie Krankenhäuser. Strecken die Arme aus, um einen abzuwehren. Fernzuhalten. Deshalb habe ich mich vorbereitet. Früher habe ich im Vorfeld angerufen, habe mir den Namen des Gesprächspartners geben lassen, um ihn mir zu notieren und habe dann aufgeschrieben, was ich alles in welcher Form zwingend mitbringen muss, um das zu bekommen, was der Grund meiner Anreise ist. Denn: Ich habe schon mehrfach erlebt, das ein Detail nicht stimmt und deshalb… Tut uns leid, sie müssen verstehen, bitte kommen Sie doch noch einmal vorbei.

Nun leben wir im zentral organisierten Informationszeitalter, in dem man nur wenige Klicks von Information und den Abhörmikrophonen und Mitschneidegeräten der NSA weg ist. Die Firma Google hat mir freundlicherweise geholfen, das Oberbergische Straßenverkehrsamt im Netz zu finden. Jetzt wissen die das auch. Dort habe ich nach ein wenig Suchen gefunden, was ich suchte. WAS SIE IM RAHMEN DER ZULASSUNG EINES KFZ ALLES MITBRINGEN MÜSSEN. Ich bin die Liste durchgegangen, habe alles abgehakt und in einen großen Umschlag gesteckt, damit nix verloren geht. Inklusive der Visitenkarte des Gebrauchtwagenhändlers meines außerordentlichen Vertrauens (das hat später noch eine Bewandtnis).

Nach dem Faktencheck (Ne, Jungs vom FOKUS: Fakten, Fakten, Fakten) die Vereinbarung eines Termins. Da war noch einiges frei im Terminkalender und ich entschied mich für die Pole-Position um 7.30 Uhr, um anschließend noch meiner Tätigkeit als Texter nachkommen zu können. Mittags war ich dran mit Kochen, das Zeitfenster war also begrenzt und die bevorstehende Aufgabe umfassend – dann müssen die Finger immer in diesem Turbotempo fliegen und die Ideen durchs Hirn rauschen wie der Rhein bei Hochwasser. Geschafft. Ready for German KFZ-Zulassung.

7.22 Uhr Eintreffen in der Parkgarage der Behörde. 7.24 Uhr Ziehen einer Wartenummer, von der ich überzeugt war, sie nicht zu brauchen, weil ich ja einen Termin hatte, aber man weiß ja nie und Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Ich mag die Frage nicht: Haben Sie keine Nummer gezogen? AAAAHHH!!!

7.26 Uhr Eintreffen der Dame des Informationsschalters. Ich schaue auf die Uhr. Vier Minuten. Grenzfall. Ich entscheide, ihr zwei Minuten für das Einfühlen am Arbeitsplatz zu geben inklusive Starten des Rechners. Mein Ziel ist es, um 7.30 Uhr pünktlich am Zulassungstisch zu sitzen und mich durch das Zulassungspalaver zu schnaufen. Ich gebe zu, ich war unentspannt. Der Raum, die Nummern, der Charme des Neonlichts, die nervös zuckenden Menschen neben mir mit ihren Nummernschildern unterm Arm. 7.28 Uhr. Guten Morgen, mein Name ist Jens Schönlau, ich habe einen Termin. Guten Morgen! Sie lächelt. Hach. Was sind schon Zeit und Raum, verwehende Minuten im Wind?

Schöne Zähne. Warmer Blick. Sobald die Nummernanzeige erleuchtet, gehen Sie bitte zu Schalter 2, das ist der Terminschalter. Ach, herzlichen Dank. 7.30 Uhr. German Pünktlichkeit. Was für ein Land. Verlässlichkeit, Ordnung. Am Schalter schütte ich im Stehen den Inhalt meines Couverts auf den Counter, wobei der Perso fast in eine Ritze rutscht. Dann wär er weg gewesen. Sagt sie und grinst und ordnet mit flinken Fingern den Haufen Papier. Das heißt nicht mehr Schein und Brief und Versicherungsbescheinigung. Nö. Zulassungsdingsbumms Teil I und II und irgendsoeine elektronische e Nummer aus dem Web. Kann man da ziehen nach endlosem Eintippen von Zahlenkolonnen, die das eigene Leben beschreiben. Danach weiß die NSA alles. Da biste nackt wie’n Frosch.

(Sorry, dass der Text so lang ist. Ich sitze in einem Musikraum, in dem meine Tochter den Flügel versucht gütig zu stimmen. Der Flügellehrer, äh, Klavierlehrer hört nix wegen Schnupfen. Auf jeden Fall schlag ich die Zeit mit Tippen tot…) Also sie heckt das alles in die große Rechenmaschine und schreibt mir dann mein Kennzeichen handschriftlich auf einen Zettel und gibt mir eine Plastikkarte. Mit dem Zettel Kennzeichen holen, mit der Karte zur Kasse. Ah. Wieder was Neues. Hatte einer ne Idee. Die Karte erzählt der gut gelaunten Dame hinter der fetten Glasscheibe, dass ich 34,20 zu zahlen habe. Das System mit der Karte funktioniert. Scheinbar.

Alles läuft hervorragend. Ich habe keine Zeit, mein mobiles Empfangsgerät, das ich gerne im DDR-Style Handapparat nenne (so’ne alte Nokia-Gurke – die bauen auch keine Handapparate mehr, weil die die Sparte vertickt haben. (Machen die jetzt wieder in Gummistiefel?) Das kommt davon, wenn man EU-Gelder in Rumänien abzockt und Bochum den Rücken kehrt. BOCHUM!) zu zücken und nach der Zeit zu schauen. Der Verbleib meiner Armbanduhr ist eine Extrageschichte…

Ich hetze aus dem Amt über eine Baustelle selbstmörderisch mutig durch den stockenden Berufsverkehr und rein in den Schilderladen. Jetzt kommt es: Ich zücke den Zettel mit der Nummer und die Visitenkarte des Gebrauchtwagenhändlers meines absoluten Vertrauens. Ich sage (ein Tipp des zuvor Erwähnten), ich würde die Schilder eben für jenen welchen machen lassen. Die Dame hinter dem Schilderproduktionscounter schaut einen Moment zu lang und dreht sich dann weg, um zu tun, was getan werden muss. Ratsch in die Presse. Krawumm quetschen sich die Buchstaben ins Blech, um meinem Auto eine Identität zugeben. GM. Gummersbach. Ländlicher Raum. Große Handballtradition werden sie zukünftig im Stau auf der Autobahn denken. Das liegt doch bei Köln. Oder, Hertha? Ja, Heinz, weisse doch.

Sie legt die Schilder vor mir auf die Theke und sagt: NIX. Schweigen im Walde. Normalerweise müsste sie sagen: 18 Euro. Eine prekäre Situation. Hat sich das Vorlegen der Visitenkarte und das kleine uminterpretieren der Wahrheit nun ausgezahlt oder nicht? Sie schaut. Ich schaue und reagiere. Ich lege ihr wie einem Hütchenspieler 20 Euro hin. Ein Schein. Sie nimmt ihn schnell, als wolle sie etwas vertuschen. Konspirativ, sage ich mal. Ein gutes Zeichen. Die Anwesenden im Raum hinter mir sollen nicht erfahren, dass es für dubiose Visitenkarten von Gebrauchtwagenhändlern Rabatt gibt. Satt. Sie drückt mir das Geld samt Bon in die Hand und ist schon weg. Ich gehe raus und öffne die Finger. Das Gefühl erinnert mich an die Abfahrten nach den Sommerferien. Oma am Auto in Tränen. Letzte Amtshandlung: Hier Junge, nimm. Ach, es bricht mir das Herz. Erna. Auch schon lange nicht mehr da. Ruht neben Heinrich. Und was soll ich sagen, die Finger öffnen sich, die Augen überschlagen und finden den Beweis auf dem Bon. 8 Euro. Für beide Schilder. 10 Euro gespart. Die Welt ist komisch. Verstehen tue ich nichts, aber es hat Spaß gemacht. Ich bevorzuge generell immer und überall das Ungewöhnliche. Gerade fahren kann jeder.

(Oh, die Flügelstunde ist zu Ende. Abfahrt. Schreibe ich gleich Zuhause weiter. Das Foto oben habe ich übrigens schon heute Nachmittag zwischendurch geschossen. In der Sonne. Jetzt aber. Zoe, ja, ich komme, ja doch, nur noch den Satz, bitte, also wirklich. Bis später:) )

So, Kinners, da isser wieder, der Meister der Schnellzulassung. In der Zeit, in der ich diesen Text geschrieben habe, hätte ich vier Autos zugelassen. Vielleicht sollte ich das hauptberuflich machen. Ah, ja. Fast durch. Mit den Schildern wieder todesmutig durch den anrollenden Berufsverkehr über die Baustelle ins Amt zum Schalter. Wieder eine Frau. Der habe ich die Schilder gegeben, die sie dann beklebt hat. Alles der Reihe nach. Der schüttelt die Pflaumen, der… Und wer isst sie alle auf? Fertig. Schilder bekommen, Karre zugelassen. In: 14 Minuten tutti kompletti. Um 7.44 Uhr saß ich in meiner dampfenden Kiste und habe den Heimweg angetreten. Das war mindestens Weltrekord. Wieso hat es keinen Pokal, Fotos, Interviews, Laolas gegeben?

Morgen Abend geht es nach Essen, nacher Arbeit und am Samstag in der Früh zur Familie Santirci. Mokka trinken. Und dann: Aufe Autobahn mit meinem Schatzi und volle Kanne Testfahrt. Halligalli, es geht rückwärts. Uiiii….

Danke, Ihr Mädels und Jungs der Technik-Hotlines!

oak. 2013
oak. 2013

Wow!

Schreck in der Abendstunde. Blog down, nichts ging mehr. www.fiftyfiftyblog.de nur noch mit einer Fehlermeldung auf dem Bildschirm.

Alles nahm seinen Anfang mit dem Sturz unseres Kirschbaums im Jahr 2006. Ihr merkt, das wird eine lange Geschichte. Der Baum war krank, schon im Juli nackt und zudem groß und mächtig und schattig und nicht schön und falsch platziert. Also hatte ich das RWE angerufen, weil der Baum in die Stromleitung reichte. Die schickten ein Sub-Unternehmen mit polnischen Freunden, die in den Baum kletterten und ihn an Seilen hängend von oben abtrugen. So groß war er. Einer der Männer rutschte mit laufender Motorsäge ab und hing baumelnd am Seil, was für ihn Alltag zu sein schien. Lange Rede, kurzer Sinn: Mit dem Baum ging die Befestigung für unsere geliebte Hängematte. Hatte ich nicht dran gedacht, was mir böse Blicke der Familie einbrachte.

Dieses Wochenende nun mit der Schönwettervorhersage sollte endlich Abhilfe schaffen. Ist ja erst sieben Jahre her und der nachgepflanzte Apfelbaum kommt nicht so richtig aus den Puschen. Hängematte dranhängen is einfach nicht. Sonntag hat mich der Wahn erfasst. Auf unserer Runde haben Herr Cooper und ich einen Eichenstamm entdeckt, der forsttechnisch gesehen weg konnte. Wir haben die Säge geholt, die Säge, noch eine Handsäge, sprechen lassen. Wir haben den Traktor geholt, den Stamm mit meiner bislang ungenutzten Forstkette umschlungen und das gute Stück als Jagdbeute nach Hause geschleift – inklusive verräterischer Schleifspur vom Ort des Geschehens bis zu uns nach Hause. Erster Sonntagsfrevel.

Eigentlich, hatte ich nur den Stamm holen wollen. Aber, wo ich schon mal dran war, begann ich mit der Axt, den Baum zu entrinden. Jens kam hinzu, übernahm den Job unter Mithilfe eines Spatens und nach einer halben Stunde sah er wunderbar aus. Mittlerweile waren noch einige Menschen hinzu gekommen, die ein Spektakel witterten. Kinder, der Schwager des Nachbars. Das feuerte mich an, das Projekt jetzt durchzuziehen. Edmund, mein leider verstorbener Nachbar, den ich sehr mochte, hätte mich schon jetzt einen Sabbatschänder geschimpft. “Ja, ja, Edmund.”

Wir riefen Ela, um die Position des Hängemattenstamms festzulegen. Sie staunte nicht schlecht, als sie in so viele hoch motivierte, erwartungsvolle Gesichter schaute. Kaum war das geklärt, war ein Spaten zur Hand. Das Loch wuchs, Steine flogen, zusätzliches Grabwerkzeug wurde aus der Nachbarschaft herbeigezaubert und schon waren wir auf Minus-einen-Meter. PROBLEMA, HOUSTON (ach, die Amis wollte ich eigentlich nicht mehr erwähnen, die doofen Spione). Der Stamm musste noch angespitzt werden, um ihn per Vorschlaghammer in die Tiefe des Erdreiches zu rammen, damit er sich dort das nötige Standing in Form einer festen Verankerung holt. Dazu mussten wir ihn anspitzen. Ich sagte: “Liebe Freunde, an dieser Stelle müssen wir abbrechen, der Sabbat. Am siebten Tage sollst du ruhn.” Murren. Geflüster. Erste leise Protestnoten. Jetzt aufhören? Spinnst du? Sägen dauert doch nur zwei Minuten? Los, hol die Motorsäge. Inneres Hadern. O.K. Die Masse hat entschieden. Schon lief die Stihl, schmetterte ihren Gesang durchs Dorf: “Hört her, der Herr Schönlau, dieser rücksichtslose Nachbar, stört die Ruhe und schändet verbotenerweise den Sabbat.” Kleine Rechtsbeugungen verzeiht das Dorf. Man hat Kredit. Ich habe einen kleinen Betrag abgehoben…

Den Pfahl ins Loch, die große Leiter aufgestellt, den Vorschlaghammer rausgeholt und zugeschlagen. Toff. Peng. Steine ins Loch, Erde drauf, mit dem Gartenschlauch eingespült, fertig. Hält, Hängematte hängt. Ein Punkt von meiner langen Lebensliste gestrichen.

Und was, bitte schön, hat das mit der Überschrift zu tun? Nun. Abwarten. Ein wenig Geduld noch, Rom ist ja auch nicht… Also. Ich wollte gestern Abend über diese Wochenendtat berichten. Blog auf, Beitrag erstellen, Foto hochladen. ÜBERRASCHUNG! Funzt nich. Kapotttt. Keine Bilder hochladen. Mach ich nich, sagt der Server. Kannst mich mal. Schnauze voll. HÄ?

Ich bin in die Foren gestürzt, die dann sagen, geh mal hier in die Konfiguration, füg mal dort in PHP eine Zeile ein. Ende des Liedes war, dass ich in den Tiefen meiner WordPress-Programmierung die alles entscheidende wp-config.php-Datei gelöscht habe. Ging nicht anders. Wäre auch kein Problem gewesen, weil ich genügend Sicherungen rumfliegen habe. Auf jeden Fall: Der Blog war off. Ich habe versucht, die Datei wieder auf den Server zu spielen. Nix. Roter Ladepfeil nach dem Motto: Mach ich einfach nicht. Leck mich.

Bin ich natürlich sofort zur Hotline rüber. Petzen. Euer blöder Server will mit mir nich mehr spielen. Tja, das dauerte alles. Möglichkeiten. Gründe. Was? Wieso? Lebensfragen? Existenzfragen? Wie lebe ich ohne meinen fiftyfiftyblog? Ruhig, Brauner. Die Mädels und Jungs machen das schon. Gestern Abend ging nix, heute Morgen dann der Mensch mit dem goldenen Fingerchen. Erst haben wir einen Tarifwechsel vorgenommen. In einen besseren Tarif, der weniger kostet. Ups! Gut, überzeugt, mach ich. Komische Welt. Dann hier ein paar Dateien gelöscht, dort auch. Ich hatte einfach das Datenlimit erreicht, weil zu viele Backups den Server wie einen Keller zugestellt hatten. Gelöscht, wp-config.php hochgeladen und da, da, da war er wieder. Herr Cooper mit einem breiten Lächeln. Und ich voller Glück. Kann ich wieder. Darf ich wieder. Bin wieder im Spiel. Online. Juchhu. Da hätte mir doch was gefehlt. Aber so werden Sabbatschänder bestraft – der Herr schickt den Sündigen Aufgaben. Oder war es der Gegenspieler, des Teufels General, der mich herausgefordert hat? Egal. Mit den Mädels und Jungs der Technik-Hotlines ist nichts unmöglich.

Congratulations und ewiger Dank! Ihr seid die Besten!