Unterwegs in wenig sternenklaren Nächten

Nacht 8_Januar 2015

Nacht2_Januar 2015

Nacht 10_Januar 2015

Nacht 11_Januar 2015

Abgetaucht.

Die Nacht hat mich geschluckt. Es ist Winter, die Tage gehören der Arbeit, den Menschen, die ich liebe. Die Nacht gehört mir. Die Zeit ist rar geworden in diesem neuen Konzept Leben. Ich habe mir das nicht ausgedacht. Ich denke, niemand denkt es sich aus. Es geschieht, als sei es ein geheimer Plan, eine Strategie des Über-Ichs.

Viele Gedanken habe ich mir in letzter Zeit gemacht und bin zu wenig Ergebnissen gekommen. Pegida? Keine Ahnung. Islam? Keine Ahnung. IS? Keine Ahnung. Kobane? Ich hoffe, sie sind bald frei. Charlie? Keine Ahnung. Wozu das alles? Keine Ahnung. Wo die Reise hingeht? Keine Ahnung.

Mir sind die Antworten ausgegangen. Es passiert so viel und ich lese so viel und es gibt so viele Menschen, die sich für Schwarz oder Weiß entscheiden und das mit aller Vehemenz vertreten. Dafür. Dagegen. 1. 0. Die Welt scheint einfach zu sein. Ein Multiple Choice-Test. Einfach ein Kreuz setzen, Gefällt mir drücken und alles ist klar.

Für mich ist nichts klar. Eine sehr undurchsichtige Gemengelage. Selbstverständlich sind die moralischen Pfosten in die Erde gerammt und definieren das Spielfeld. Aber wie viele Mannschaften toben da rum und mit welchem Ziel? Und wieso das alles? Und weshalb jetzt? Und wo führt das hin?

Ich brauche Zeit, die ich nicht habe. Wenn man keine Zeit hat, sind die einfachen Lösungen natürlich praktischer. Dann sagt man einfach zu irgendetwas Ja und bleibt dabei und dann muss man seine Meinung nur noch untermauern und untermauern lassen. Finden sich genug, die PROs liefern. Und diese beliebten NO-GOs.

Gerne würde ich zu all dem etwas sagen, Stellung beziehen, aber ich kann nicht. Mir kommt es so vor, als würden in den Teppich der Zeit Fehler geknüpft. Vieles ist einfach zu massiv und gleichzeitig massiv einfach. Bislang habe ich noch keinen intelligenten Kommentar zur Zeit gelesen, der tatsächlich Licht ins Dunkel bringt. Es sind unangenehm wichtige Zeiten und dieses Jahrtausend hat wirklich düster begonnen. Da sind die Türme in den Anfang gefallen und haben eine Schneise geschlagen, die sich links und rechts der Schuldzuweisungen ausbreitet.

Glasnost, erinnert ihr euch? Frieden mit Russland. Konflikte, die ausgelaufen sind. Da war mal der Nordirland-Konflikt, der das größte Problem des Kontinents war – und die Kämpfe der ETA. Kommt mir momentan vor wie Kindergarten gegenüber dem, was wir jetzt haben. Mein Kopf gibt sich Fluchttendenzen hin. Ich möchte Lachen. Ich möchte gute, unbeschwerte Zeiten erleben. Honig. Cocooning. Zurückziehen. Aber das Netz hat seine Tentakel überall. W-LAN bis ins letzte Zimmer.

Also raus auf die Straße, durch die Nacht. Dann ist es ruhig und die Lichter sind schön. Das Fotografieren ist schwierig, weil ich ein Stativ bräuchte, dass ich nicht mitschleifen will. Also ist manches verschwommen, verwackelt. Was solls, so ist die Zeit. Keine Klarheit nirgends, nur falsche Richtigs. Es wäre gut, besser zu überlegen und nicht im Affekt zu handeln. Für alle. Der Frieden ist auf eine lange Zeit verloren. Nord-Irland ist jetzt überall und was sich tun lässt, ist die Feuer weder zu entfachen, noch zu füttern. So weit, so vage. Hier die Bilder meiner Nightwalks der letzten Wochen.

Nacht 9_Januar 2015

Nacht 7_Januar 2015

Nacht 5_Januar 2015

Nacht 6_Januar 2015

Nacht 4_Januar 2015

Nacht 3_Januar 2015

6 Antworten auf „Unterwegs in wenig sternenklaren Nächten“

  1. hallo jens!

    du sprichst mir aus der seele, so ein gefühl trage ich auch mit mir herum. mir fehlt irgendwie der rote faden, um zu verstehen, wo seine reise begann, wo sie hinführt und was es bedeuten soll… .nur fehlen mir die worte, die du findest, um das so deutlich zu beschreiben. fühle mich jedenfalls davon sehr angesprochen, erlebe mich an ähnlichem standort. zeit, die fehlt um zu verstehen, zudem eine masse , vielheit und dichte die einen klaren blick verwehrt. oh je.
    umso schöner deine bilder dazu. farbenfroh und voller licht, trotz dunkler nächte! ich liebe es ja, das licht… .:)
    es gibt da auch ein buch: die dunkle nacht der seele, ich glaube von johannes vom kreuz. er beschreibt darin diese zeit, die zeit der dunkelheit, der verworrenheit, des zweifels, des alleinseins, des sich abgeschnitten fühlen…die aber wichtig sei, sehr, weil es hinführt zu einer weiteren stufe, die es zu „erklimmen gilt“ , um nicht stehenzubleiben sondern höher zu streben, dem licht näher zu kommen. als tür zur transformation hin…vielleicht ist das gerade so eine zeit für die ganze menschheit…vielleicht, vielleicht.

    jedenfalls ist es auch schön, wieder etwas von dir zu lesen…
    alles liebe für dich und
    alle :)

    sarah

    1. Liebe Sarah,

      das Positive: Es bleibt spannend. es sind Zeiten des Diskurses, in dem das Einfache gleich nach Hause gehen kann. Pepita formuliert etwas, ist aber leider dumm. Es ist entäuschend, wie einfach gestrickt dieses Land auf beiden Seiten ist. Hauptsache laut und überzeugt. Ein wenig bin ich schockiert. Die eigentliche Diskussion wird nicht geführt – ersticken im Gelernten, nachplappern der Konventionen und vorgekauten Argumente. Für beide Seiten könnte ich überzeugende Reden schreiben. Abziehbilder. Ah.

      Herzliche Grüße

      Jens

  2. Hallo Jens,

    Zeit ist etwas Kostbares. Man ist versucht zu sagen, daß die Menschen alle gleich viel Zeit haben. Aber dem ist nicht so. Du, Jens, als Selbständiger, mußt Dir Deine Zeit einteilen, damit auch alle Bereiche abgedeckt werden können. Arbeit, Freizeit, Familie, Freunde. Denn das Leben besteht ja nicht nur aus Arbeit.

    Ich wünsche Dir, daß Du genügend Zeit für Dich und Deine Lieben findest.

    Liebe Grüße
    Annegret

    1. Liebe Annegret,

      herzlichen Dank für deinen Kommentar. Momentan mag ich nicht viel antworten. Genügend Zeit wäre schön. Es ist genügend Zeit und auch nicht. Du kennst das.

      Grüße von Herzen

      Jens

  3. Knospe

    es wird eine rote Blume
    werden

    Wenn man die dünne
    Eisschicht bricht
    unter blauem Himmel

    schneit es nicht

    Hingabe
    wird eine intressante

    wenn man sich nach links biegt

    fliegen nur unsichtbar

    1. Ja
      dann schneit es nicht
      man kann ihn schmecken
      und kommen sehen
      er versteckt sich nicht
      und sendet seine Karte
      der Herr Schnee

      Der Fuß
      auf dem Eis
      durchbrechend
      das Lächeln
      der Achtjährigen

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