Cabaret Cöln und die wilde Welt der neuen Roaring 20’s

Was für eine Nacht!

Kann man nicht kaufen, nicht bestellen. Muss man hineinfallen.

Norbert van Ackeren hatte uns zum Geburtstag eingeladen. Nach Nippes, Köln. Später. Den Beginn des Abends hatte er in die Palmstraße unweit des Rings gelegt. Das schon jetzt legendäre Cabaret Cöln mit Cultfaktor 1.000 gab seine Fastelovend-Show.

Palmstraße, die Modemanufaktur von Fenja Ludwig, die Heimat des Cabarets Cöln, der Ort des Geschehens. WAS FÜR EINE SHOW! Was für eine Power auf dem Schneidetisch, der an dem Abend zu den Brettern wurde, die die Welt bedeuten. Tanz, Gesang, Musik, Burlesque. Hingabe, Leidenschaft, Lust. Kostüme, nackte Haut, Verwandlungen, Tempiwechsel. Besinnlich in jenem Moment, frech, komisch im nächsten.

Profis, die den Abend gerockt haben. Songs geschmettert, fein intoniert, Körper bewegt, inszeniert. Man darf froh sein, wenn man dabei war. Das Leben macht Geschenke und verteilt manchmal Pralinen. Einfach so.

Die dritte Show der Cabaret Cöln-Kompanie. Zwei Abende für je 40 Glückliche. Dann ist voll. Intimer geht nicht, näher dran geht nicht und so ist man mitten im Geschehen und das Herz schlägt höher und die Bilder überschlagen sich und wollen nicht mehr vergessen werden. Die Bilder einer Revue, wie man sie sich vorstellt. Unbändige Künstler*innen, die alles geben. Die ihre Energie auf die Bühne schmettern. Ganz leise, fein, innerlich konzentriert und wild und bunt und extravagant. Die pure Lust der Bühnenkunst. Eingefügt in diesen exzellenten Charme des Raumes. Absolute Professionalität ohne sterile Perfektion. Raum für Lebendigkeit.

Jede/r hilft jeder/m. Singen, tanzen, Stagehand sein. Requisiten abräumen, das Musikpult bedienen, den Song bringen, den Tanz, den anderen beim An- und Ausziehen helfen. Eine echte Showtruppe, die man nur lieben kann und küssen möchte für das, was sie können, machen, tun, bieten. So leicht und schön kann Leben sein.

Ich freue mich auf die nächste Show. Und die übernächste.

Meine Liebste und ich haben uns dann zu Fuß auf den Weg zur Geburtstags- und Aftershow-Party in Nippes gemacht. Mitten durch die Karnevals-Samstagnacht. Diese Stadt ist herrlich verrückt. Schauspiele allerorten. Bilder, Bilder, Bilder. Und ein rauschendes Fest bei Norbert. Tanzen bis in den Morgen. Die Stars des Cabarets treffen, das Gefühl haben, am schönsten, richtigsten Ort der Welt zu sein.

Der ganze Abend war für mich so eine Art Heimkehr. 1994 am Ring um die Ecke, unweit der Palmstraße. Theater Kaiserhof. Ich war gerade aus Mannheim vom Nationaltheater gekommen und bei Wally Bockmayer als Regieassistent der Rocky Horror-Show gelandet. Irgendwann im Januar, Februar ließen die Kräfte der Stars nach. 6x die Woche spielen. Die Krankmeldungen rauschten rein. Anfangs besetzten wir morgens um, brachten Schritte und Songs bei. Dann wurde es zu viel und plötzlich stand ich auf der Bühne als Janet. Unter anderem.

Wer Wallys-Inszenierungen kennt, weiß was getragen wird. Ich hatte mich in ein schwarzes Lacklederkleid gezwängt. Schwarze Langhaarperücke und Highheel-Lacklederstiefel. So kam ich zum Schlusssong die Showtreppe runter. Der Saal tobte, jeder wusste, dass ich eigentlich nichts konnte. Playback. Der Auftritt und Applaus meines Lebens. Irgendwo gibt es in einer Kiste noch ein Video.

In der Pause baute ich zusätzlich die Bühne um, gab Gigi Herr ihre Requisiten. Halb angezogen für den nächsten Auftritt gab ich dann per Telefon der Technik das GO für die zweite Hälfte. Ich stand am Telefon, sprach kurz mit den Jungs und dann plötzlich hing meine Unterhose auf den Knien. Ein Joke der Tänzerinnen, die ihre Spiegel neben dem Telefon hatten. The same procedure as every evening. Technik: „Haben Sie es wieder gemacht?“, „Yep, haben sie. Wir können dann.“ Licht an, Einsatz der Band, the show must go on…

Über den Ring rüber ist Pauls südafrikanisches Restaurant. Mit Paul habe ich 92 bei den Händelfestspielen im Goethetheater Bad Lauchstädt Alcina inszeniert. Später waren wir damit auch in Potsdam im Schloss Sanssouci. Paul treffe ich ab und an in seinem Restaurant. Was ich sagen will: Das Viertel um die Palmstraße herum ist für mich ein wenig Heimspiel.

Mein Herz ist von der Bühne niemals losgekommen. Wenn ich im Theater sitze und der Vorhang aufgeht, sehe ich mich hinter der Bühne stehen. Lichtstimmung 1, der Inspizient ruft die Schauspieler*innen für die nächste Szene, die Requisite räumt, die Maske steht bereit… Hach.

Was für ein Abend das war. Wie früher, nur anders. Wild und schön im Heute.

Danke Norbert, danke Cabaret Cöln, danke Leben:)

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